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Das Ekel von Säffle

Das Ekel von Säffle

Titel: Das Ekel von Säffle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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Igel, vielleicht eine Katze. Aber hielten zu dieser Jahreszeit die Igel nicht ihren Winterschlaf?
    Das kann nur ein Tier sein, dachte er und hob, ohne sich der Bewegung bewußt zu sein, die Hand, um die elektrische Klingel zu ergreifen, deren Kabel um ein Rohr des Bettgestells hinter seinem Kopf geschlungen war und die er daher ohne Anstrengung erreichen konnte.
    Aber als seine Finger sich an der kalten Metallstange entlangtasteten, begann seine Hand zu zittern, ein unkontrolliertes Zucken, dabei stieß er gegen das Kabel mit dem Klingelknopf, das zur Seite rutschte und polternd zu Boden fiel.
    Dieses Geräusch bewirkte, daß er hellwach wurde und sich zusammennahm Wenn er das Kabel erreicht und den weißen Knopf gedruckt hatte, wurde eine rote Signallampe über seiner Tür auf dem Korridor aufgeleuchtet haben, und bald danach wäre die Nachtschwester mit klappernden Holzschuhen m sein Zimmer gekommen.
    Da er nicht nur Angst hatte, sondern sich auch ein wenig genierte, war es ihm jetzt ganz recht, daß er keine Möglichkeit gehabt hatte, Hilfe herbeizurufen.
    Die Nachtschwester wäre ins Zimmer gekommen, hatte die Deckenbeleuchtung eingeschaltet und ihn fragend angestarrt, ihn, der da hilflos und jämmerlich m seinem Bett lag.
    Er lag eine Weile ganz still und fühlte, wie der Schmerz kam und dann wieder abebbte, in schnellen Intervallen, und in seiner Phantasie kamen ihm seine Beschwerden wie ein Schnellzug vor, der von einem geisteskranken Lokomotivführer entführt worden ist.
    Und dann spürte er mit einmal etwas anderes. Er mußte Wasser lassen.
    Eine Flasche stand m Reichweite, sie befand sich m dem gelben Plastikeimer hinter dem Nachttisch. Aber er hatte keine Lust, sie zu benutzen Er durfte ja aufstehen, wenn er wollte. Einer der Ärzte hatte sogar gesagt, daß es gut für ihn sei, wenn er sich etwas Bewegung verschaffe.
    Er wollte aus dem Bett steigen und durch die Doppeltür auf die Toilette gehen, die sich genau gegenüber seinem Zimmer auf der anderen Seite des Ganges befand So hatte er ein wenig Abwechslung, etwas Praktisches zu tun, eine Beschäftigung, die seine Gedanken für kurze Zeit ablenken wurde.
    Er schlug die Decke und das Überschlaglaken zur Seite, setzte sich mühsam aufrecht hin, saß einige Sekunden auf dem Bettrand und ließ die Beine hängen, zog das weiße Nachthemd zurecht und horte dabei die Plastikunterlage auf der Matratze rascheln.
    Dann ließ er sich vorsichtig heruntergleiten und fühlte den kalten Steinfußboden an seinen vom Schweiß feuchten Fußsohlen Er versuchte sich aufzurichten und schaffte es auch, obwohl die breiten Pflasterstreifen um seine Hüften und an den Oberschenkeln sich spannten. Er hatte immer noch Druckverbände aus Schaumgummi an den Leisten nach der Aortografie am Tag vorher.
    Die Pantoffeln standen vor dem Nachttisch. Er zog sie an und ging schlurfend auf die Doppeltür zu, öffnete die erste nach innen und die zweite zum Gang hin und ging quer über den schwachbeleuchteten Korridor in die Toilette.
    Als er fertig war und sich die Hände mit kaltem Wasser gewaschen hatte, blieb er auf dem Weg zurück in sein Zimmer auf dem Flur stehen und horchte. Weit hinten hörte er den gedämpften Klang vom Radio der Nachtschwester. Er hatte wieder Schmerzen, seine Angst begann von neuem, und er überlegte, ob er hingehen und um ein paar Tabletten bitten sollte. Die wurden zwar kaum eine Wirkung haben, aber die Schwester war gezwungen, den Medizinschrank auf zuschließen, das Glas herauszunehmen und ihm dann ein wenig Saft zum Nachspulen zu geben, wodurch ein menschliches Wesen wenigstens kurze Zeit gezwungen war, sich mit ihm zu beschäftigen.
    Das Zimmer der Nachtschwester war ungefähr zwanzig Meter weit entfernt, und er nahm sich viel Zeit. Ging langsam und schleppend, und das vom Schweiß feuchte Nachthemd schlug gegen seine Waden.
    Im Schwesternzimmer brannte Licht, aber es war niemand da. Nur aus dem Transistorradio, das zwischen zwei halbleeren Kaffeetassen stand, tönte leise Musik.
    Die Nachtschwester und die Pflegerin waren natürlich in einem anderen Zimmer der Abteilung beschäftigt.
    Ihm wurde schwarz vor den Augen, er mußte sich gegen den Türrahmen lehnen. Nach einigen Minuten fühlte er sich besser und ging langsam durch den düsteren Flur zurück zu seinem Zimmer.
    Die Türen standen angelehnt, so wie er sie zurückgelassen hatte. Er schloß sie sorgfältig hinter sich, ging die paar Schritte zum Bett, streifte die Pantoffeln ab, legte sich auf den

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