Das Ekel von Säffle
vier Sekunden Verspätung. Aber er war schneller zu Fuß als Hult, und vermutlich auch schneller als Bohlin, und holte auf dem Weg nach oben ein, zwei Sekunden auf. Die Eisentür war verschwunden, oder lag vielmehr dort, wo sie liegen sollte, nämlich auf dem Treppenabsatz, und gab den Blick auf die eine halbe Treppe höher gelegene Tür aus Drahtglas frei.
Er trat sie ein und befand sich auf dem Dach. Genauer gesagt dicht neben dem Schornstein zwischen den beiden Atelierwohnungen.
Er sah Eriksson sofort, der breitbeinig mit dem vielzitierten Johnson-Gewehr in den Händen auf dem oberen Dach stand. Eriksson dagegen bemerkte Gunvald Larsson nicht; seine Aufmerksamkeit war offenbar ganz von dem ersten Knall in Anspruch genommen und auf den südlichen Teil des Hauses gerichtet.
Gunvald Larsson setzte den Fuß auf den Schutzabsatz zur Straße, machte einen Satz und landete auf dem oberen Dach. Jetzt wandte Eriksson den Kopf - und erblickte ihn.
Der Abstand zwischen ihnen betrug nur vier Meter, und die Sache war klar. Gunvald Larsson hatte die Waffe auf den Mann gerichtet und den Finger am Abzug.
Aber das schien Eriksson nicht zu stören; er drehte sich weiter um und schwenkte sein Schnellfeuergewehr in die Richtung seines Angreifers. Und immer noch drückte Gunvald Larsson nicht ab.
Er stand regungslos da, die Pistole auf Erikssons Brust gerichtet, während die Gewehrmündung weiter herumschwenkte.
In diesem Augenblick schoß Bohlin. Es war ein Meisterschuß. Obwohl durch Gunvald Larsson in der Sicht behindert, erwischte er Eriksson an der linken Schulter, und das aus einer Entfernung von über zwanzig Metern.
Das Schnellfeuergewehr fiel scheppernd auf das Metalldach; Eriksson drehte sich halb um seine Achse und fiel auf Hände und Füße.
Und dann war Hult auch schon zur Stelle und ließ die flache Seite seiner Pistole mit aller Kraft auf Erikssons Hinterkopf hinuntersausen. Der Schlag traf mit einem grausam schmatzenden Geräusch auf.
Der Mann kippte bewußtlos und mit einer blutenden Kopfwunde auf das Dach. Hult hob noch einmal schwer keuchend seine Waffe.
»Halt!« sagte Gunvald Larsson. »Das ist mehr als genug.« Er steckte die Pistole ins Halfter zurück, rückte das Tuch auf seinem Kopf zurecht und schnippte mit dem rechten Zeigefinger eine ölige Aschenflocke von seinem Hemd.
Jetzt war auch Bohlin auf das Dach gesprungen. Er sah sich um und fragte: »Warum, um Himmels willen, hast du nicht geschossen? Ich begreife nicht…«
»Das erwartet auch keiner«, unterbrach ihn Gunvald Larsson. »Haben Sie übrigens einen Waffenschein für die Pistole?« Bohlin schüttelte den Kopf.
»Dann werden Sie wohl Schwierigkeiten bekommen. Wollen wir ihn jetzt nach unten bringen?«
Buch
Der Tote war Polizist. Ausbilder. Ein Schinder der übelsten Sorte Martin Beck und seine Kollegen haben schon viele Tote gesehen, doch der Anblick des ermordeten Stig Nyman ist ein Schock: Der todkranke Kommissar wurde in seinem Krankenzimmer auf geradezu bestialische Weise abgeschlachtet. Wer hat den weithin geschätzten Kollegen so sehr gehasst? Und warum? Bei seinen Nachforschungen lernt Martin Beck den Verstorbenen von einer ganz anderen Seite kennen…
Autoren
Maj Sjöwall , 1935 in Stockholm geboren, studierte Graphik und Journalismus und arbeitete für verschiedene Zeitschriften. Sie lebt heute als Übersetzerin in Stockholm.
Per Wahlöö , 1926 im schwedischen Lund geboren, machte nach dem Studium der Geschichte als Journalist Karriere. In den fünfziger Jahren ging er nach Spanien und wurde 1956 vom Franco-Regime ausgewiesen. Nach verschiedenen Reisen um die halbe Welt ließ er sich wieder in Schweden nieder und arbeitete dort als Schriftsteller. Per Wahlöö starb 1975 in seiner Heimatstadt.
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