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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
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„Schmach von Versailles“ gezielt und ebenso unerbittlich zu vergelten. Doch es kam weit schlimmer, denn nie zuvor ward ein derart bestialisches Völkermorden inszeniert. Die verbrecherische Elite der „reinrassigen Arier“ vermochte etwas zu bewirken, das in der gesamten Menschheitsgeschichte seinesgleichen sucht und glücklicherweise nicht findet. Dabei hatte sie auch zahlreiche Befürworter sowie aktive Förderer, vornweg durch Rüstungsindustrielle, Teile der Finanzoligarchie und andere Monopolhaie.
    Und kaum waren die Nazis zur Macht befördert, gewährten sie Heiratswilligen ein zinsloses Ehestandsdarlehen von bis zu eintausend Reichsmark. Das feierliche Ja-Wort verpflichtete daraufhin die Braut, ihren Arbeitsplatz aufzugeben und Kinder zu gebären (Frauenemanzipation war für Hitler ohnehin eine jüdische Marotte). Nach jedem frischen Sprössling erließ man den betreffenden Eheleuten fünfundzwanzig Prozent der vom Staat dargebotenen Summe. Mit der vierten Geburt war die Mutter schließlich „abgekindert“, wie man es treffend im Volksmund nannte.
    Demzufolge ist es nicht verwunderlich, dass selbst die XI. Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin, welche für die Sportler der Gastgeber überragende Erfolge brachten, von den erkorenen Leitwölfen der frenetischen braunen Horden sogar als internationale Tribüne für ihre Zwecke missbraucht wurden, indem man deutsche Frauen gezielt dazu aufrief, emsig für mehr Nachwuchs im Lande zu sorgen.
    Ach, wenn alle heutigen Mitbürger wenigstens einen blassen Schimmer davon hätten, was damalige Machthaber mit ihrer Familienpolitik tatsächlich beabsichtigten!
    Dem „Führer“ und seinen Schergen ging es in besagter Hinsicht allein darum, „deutschblütige und erbtüchtige“ Eltern anzufachen, damit sie dem Regime genügend Kanonenfutter für die beabsichtigten Eroberungskriege lieferten. Waren Frauen und Männer indessen von Erbkrankheiten geplagt, drohte ihnen obendrein Zwangssterilisierung und den betroffenen Kindern Euthanasie (bewusste Herbeiführung des Todes). Handelte es sich gar um Menschen jüdischen Glaubens, wurden sie in Konzentrationslager getrieben, was gemeinhin ihr physisches Ende bedeutete.
    Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ wurde übrigens schon im Juli 1933 vom Deutschen Reichstag beschlossen, und es trat bereits Anfang 1934 in Kraft. Damit überantworteten die neuen politischen Herrscher eine ungeheure ethische Last den Ärzten, weil diese fortan verpflichtet waren, „mögliche Erbdefekte“, die sie bei ihren Patienten oder deren Familien vermuteten, den zuständigen Ämtern zu melden. Namentlich der Hausarzt sollte „Hüter am Erbstrom der Deutschen“ sein, wie es offiziell lautete. Sonach oblag es in erster Linie ihm, entsprechende Anträge an das Erbgesundheitsgericht zu stellen. Befand man dort, dass ein Mensch „erbkrank“ war, wurde er sterilisiert, selbstredend auch gegen seinen Willen. Und es gab durchaus genügend Leute, die wenig oder keinerlei Skrupel hatten, der inhumanen Order nachzukommen.
    Sachbezogen wäre hier allerdings einzuräumen, dass die Zwangssterilisation keine Erfindung der Nationalsozialisten war. Sie wurde beispielsweise in den USA oder Dänemark wesentlich früher praktiziert, aber in Deutschland besonders radikal durchgesetzt. Daher wird es kaum jemanden überraschen zu erfahren, dass bis zum Mai 1945 im hiesigen Altreich mindestens 400.000 Menschen ihrer Zeugungsfähigkeit beraubt wurden, was rund einem Prozent der Bevölkerung im fortpflanzungsfähigen Alter entsprach. An dem Eingriff starben etwa 5.500 Frauen und 600 Männer. Außerdem wurden mehr als zehntausend Kinder in Gaskammern getötet. Doch bevor man sie als „unwert“ brandmarkte und sonach der Vernichtung preisgab, wurden nicht wenige der jungen Todeskandidaten „zu Forschungszwecken“ von Ärzten, Psychiatern und deren Helfern gezielt infiziert und teils auch mörderisch gequält.
     
    Welch eine Barbarei! Gleichwohl darf das soeben Dargelegte nur als ein kleiner Einblick in jene Verhältnisse gewertet werden!
     
    Sicher, niemand ist gezwungen, sich mit historischen Fakten und Zusammenhängen besonders intensiv zu beschäftigen. Es wäre ohnehin nicht jedermanns Sache. Das muss man akzeptieren, keine Frage. Aber wer sich mit der Vergangenheit nicht gründlich auseinandersetzt, sollte sie auch nicht als Kronzeugen für eigennützige Vorhaben missbrauchen, wie es hierzulande noch viel zu oft praktiziert wird. Das ist

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