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Das Ende - Alten, S: Ende

Das Ende - Alten, S: Ende

Titel: Das Ende - Alten, S: Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Alten
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Gott, verschone mein Kind! Verschone mein Kind! Verschone mein Kind!
    Als Manisha sich bewegte, konnte sie kaum noch etwas hören. Die Stimme der rothaarigen Hexe, die die Menge zu fiebriger Raserei aufhetzte, drang nur noch gedämpft an ihr Ohr. Die Totenbeschwörerin war kaum noch bei Bewusstsein. Jeder schmerzhafte Atemzug glich einem Stöhnen, die eisige Luft brannte in ihrer Kehle, und ihre Nase lief. Ihr ganzer Körper zitterte, während sie am Seil tanzte und wartete … und wartete …
    »Stopp!«
    Manisha öffnete die Augen, die voller Tränen standen, sodass sie mit ihren geweiteten Pupillen zunächst nichts erkennen konnte.
    Doch dann sah sie ihn auf dem großen Bildschirm. Er stand im dritten Stock des Gebäudes direkt über den Galgen. Ein Teil seines Gesichts war von seiner Kapuze verhüllt, mit seiner rechten Faust hielt er die Hexe bei ihren Haaren aufrecht, und seine blutbeschmierte Sense war auf ihren Hals gerichtet.
    Patrick Shepherd zerrte Mary Klipot an zwei Skinheads vorbei – ihren »Gemeindeältesten« –, die blutend auf dem Steinboden lagen, und beugte sich über das Mikrofon, um zu sprechen. Das blendende Scheinwerferlicht schimmerte auf dem Stahl seiner Armprothese. »Und
dann kam noch ein Engel – der Todesengel. Und der düstere Schnitter sagte: Lasst sofort alle Unschuldigen frei, oder ich werde dieser hässlichen Hexe den Kopf abschneiden und euch alle in die Hölle schleudern.«
     
    Der Mond glitt hinter die Sturmwolken, und wieder verschwand der schneebedeckte Asphalt des West Drive in der Dunkelheit. Unsichtbare Äste zerrten an seinem Gesicht und seinen Kleidern, unsichtbare Wurzeln ließen ihn stolpern und stürzen. Er hatte sich hoffnungslos verirrt, war von seiner Frau getrennt und von der Erlösung abgeschnitten. Mühsam stand er wieder auf, tastete sich weitere acht Schritte vorwärts und – stieß gegen einen Zaun am Rand eines teilweise gefrorenen Teichs. Die Sackgasse ließ eine Woge der Panik über ihn hereinbrechen. Es war mehr, als er ertragen konnte, und weil sein Glaube immer mehr dahinzuschwinden drohte, kniete er sich in den Schnee und betete. Es war eher ein Akt der Verzweiflung als Ausdruck einer Hoffnung auf Heil.
    Der Wind legte sich. Und dann hörte er es … Jemand klimperte auf einer Akustikgitarre.
    Er wischte sich die Tränen weg und ging auf das Geräusch zu, indem er sich vorsichtig zwischen den Ulmen weitertastete. Schließlich erreichte er eine Lichtung, die von einem ihm vage vertrauten Weg durchschnitten wurde.
    Der Mann war Mitte vierzig und saß alleine auf einer der zwölf Bänke, die um ein rundes Mosaik angeordnet waren. Das ölige braune Haar hing ihm bis auf die Schultern, lange Koteletten umrahmten sein hageres Gesicht. Die Gläser in der Brille mit dem Drahtgestell waren leicht getönt. Der Mann trug Jeans und eine Denim-Jacke über einem T-Shirt. Die Kälte schien ihm nicht das
Geringste auszumachen. Die Gitarre ruhte auf einem seiner Knie. Sorgfältig musterte er jede Saite, während er sich durch einen Song klimperte, der fast vier Jahrzehnte zuvor aufgenommen worden war.
    » … playing those mind games forever, some kinda druid dudes … lifting the veil. Doing the mi-ind guerilla. Einige nennen es Magie, die Suche nach dem Gral. Liebe ist die Antwort, und du weißt das – ganz sicher. Liebe ist eine Blume … Du musst … du musst sie wachsen lassen.«
    John Lennon sah zu Paolo Salvatore Minos hoch und lächelte. »Ich weiß, was du denkst, Kumpel. Ehrlich gesagt, ich habe selbst schon daran gedacht, ›Imagine‹ zu singen, aber das wäre doch arg klischeehaft, findest du nicht?«
    Paolo ging neben dem Imagine-Mosaik auf die Knie, das jetzt im wiederkehrenden Mondlicht sichtbar wurde. Sein Körper zitterte vor Adrenalin. »Bist du real?«
    Der verstorbene Beatle stimmte eine Saite. »Nur ein Bild in Raum und Zeit.«
    »Ich meine, bist du ein Geist? Oder ist das dieser verdammte Impfstoff?«
    »Glaub nicht an Geister, glaub auch nicht an Impfstoffe. « Das Lärmen in der Ferne wurde lauter. »Hör sie dir an … mörderische Schweine. Sie beten darum, dass Jesus wie ein Rockstar auf seinem weißen Pferd erscheint. Als ob Jesus an diesem Chaos irgendwie teilhätte.«
    »Sie sind keine Sünder. Sie wollen nur gerettet werden. «
    »Ja, schon, aber dieser verdammte Apostel Johannes hat behauptet, dass nur die Christen ein Anrecht auf das Heil hätten. Ironischerweise wäre Jesus dann ebenfalls vom Heil ausgeschlossen. Werft Rabbi

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