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0820 - Horror-Baby

0820 - Horror-Baby

Titel: 0820 - Horror-Baby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Der helle Kinderwagen stand völlig harmlos auf dem Gehsteig, direkt neben dem schmiedeeisernen Vorgartentor. Obwohl der Weg abschüssig war, geriet er nicht ins Rollen. Erwirkte so, als wären seine Räder durch Keile festgeklemmt.
    Der Kinderwagen passte nicht in diese Umgebung. Zumindest nicht so einsam stehend. Wäre er von einem Kindermädchen geschoben worden, hätte niemand Anstoß nehmen können, aber im letzten Licht des schwindenden Tages wirkte er doch etwas verloren.
    In dieser Umgebung wohnte man zwar luxuriös, aber der Begriff Nachbarschaft wurde klein geschrieben. Jeder lebte für sich dahin, versteckt in großen Häusern oder Villen und umgeben von weitläufigen Gärten.
    Auch tagsüber war es ruhig. Eine Umgebung zum Spazierengehen, am Abend schlief sie völlig ein. Hin und wieder nur rollte ein Wagen durch die Straßen, doch für fremde Kinderwagen interessierte sich keiner der Fahrer.
    Was war schon ein Kinderwagen? Vier große Speichenräder, darauf ein Gestänge, das auch Unebenheiten des Erdbodens ausfederte, dann das kleine Bett selbst, darüber das Dach – es war völlig normal. Ebenso wie das Septemberwetter, dessen Wind die ersten Blätter von den Bäumen gerissen hatte und sie nun über die Straße trieb.
    Ein normaler Wagen also, und doch wirkte er irgendwie bedrohlich und abweisend. Er würde, so wie er aussah, keinen Menschen anlocken. Niemand würde sich um ihn und den Inhalt kümmern. Eine unsichtbare Aura umgab ihn, die abschreckte.
    Es passte auch die äußere Umgebung, die wie eine Bühnendekoration wirkte. Da war der Himmel, noch nicht schwarz, aber von einem fleckigen Grau, über das die Wolken wehten wie dicke Gespenster. Die Sonne war völlig verschwunden, erstes fahles Mondlicht breitete sich aus und legte einen sanften Schleier um die Ränder der Wolken. Am Himmel entstand ein bizarres Bild, das kein Vertrauen einflößte, sondern so aussah, als wollte es die Geister und Dämonen der Nacht entlassen, damit sie über die Menschen herfielen.
    Niemand kümmerte sich um den Wagen. Verloren stand er auf seinem Platz, nicht einmal weit von einer Kreuzung entfernt, über die Blätter wie ein sanfter Strom geweht wurden.
    Ein dunkler Mercedes fuhr mit schmatzenden Reifen vorbei. Er bog nach links in die andere Straße. Das Licht der Scheinwerfer flackerte noch gespenstisch nach, dann war es verschwunden.
    Plötzlich bewegte sich der Kinderwagen.
    Niemand hatte ihn berührt. Ein Ruck durchfuhr ihn. Er federte, und für einen Moment erschien über dem Rand die schmale Hand eines Babys.
    Die Geste glich einem Startsignal, denn der Kinderwagen rollte an. Seine großen Räder bewegten sich, und bei jeder Umdrehung blitzten die Speichen. Der Untergrund war nicht ganz eben, der Kinderwagen schaukelte, wippte, rollte weiter. Wie von Geisterhand gesteuert blieb er auf dem Gehweg. Die bereiften Räder rollten über den Belag, und wäre das Kind in der Lage gewesen, sich auf zurichten, hätte es sicherlich in der Ferne den grauen breiten Streifen gesehen. Genau dort wand sich der Fluss durch sein Bett.
    Straße und Gehsteig beschrieben nun eine Rechtskurve. Der Kinderwagen meisterte auch sie – wie ferngesteuert.
    Allmählich veränderte sich die Gegend. Die Häuser wurden weniger. Flaches Gelände fiel sanft ab, hin und wieder von einem dichten Buschstreifen bedeckt. Die Straße verschwand in einer Linkskurve, doch der Wagen fuhr geradeaus weiter.
    Er hatte die Straße verlassen, rollte über das normale Brachgelände, das wenige Yards weiter schon zu den Uferauen und zum Überschwemmungsgebiet der Themse gehörte, stets feucht war und ein regelrechtes Biotop bildete.
    Der Kinderwagen nahm wippend und schaukelnd die Unebenheiten des Geländes. Das Kind beschwerte sich nicht. Nicht ein Schrei drang aus dem Wagen. Es erschien auch kein Gesicht in der Öffnung der Haube, das Kind nahm alles hin.
    In Kurven fuhr der Kinderwagen weiter. Die Dunkelheit verdichtete sich. Schatten lagen auf dem Boden. Vom Fluss her wehte es feucht. Schiffe durchpflügten das Wasser. Ihre hellen Positionsleuchten glänzten wie die Sterne einer fernen Galaxie.
    Über ein sehr feuchtes, mit Moos bewachsenes Stück rutschte der Wagen hinweg. Er glitt auf einen schmalen Spazierweg zu, der den Flusslauf begleitete und an dessen linker Seite Bänke in verschiedenen Abständen standen, gedacht für Spaziergänger, die das Panorama des Flusses genießen wollten. Im Sommer ideale und lauschige Plätze für Pärchen, jetzt im

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