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Das Erbe des Atoms

Das Erbe des Atoms

Titel: Das Erbe des Atoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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»daß nur Nachlässigkeit in einem der Tempel verantwortlich sein kann.«
    Joquin hatte bereits daran gedacht, doch nun blickte er die Frau voll Unbehagen an. Bisher hatte es niemals Schwierigkeiten gegeben, wenn »Kinder der Götter« zur Welt gekommen waren, doch er hatte inzwischen begriffen, daß die Linns diesen Fall als einen besonderen betrachteten. Er sagte vorsichtig: »Der Ratschluß der Götter ist unerforschlich.«
    Die Frau schien ihn nicht zu hören. Ihre kalte Stimme fuhr fort: »Das Kind wird getötet werden müssen, nehme ich an. Aber Sie dürfen versichert sein, daß es zur Kompensation innerhalb eines Monats ein Langziehen von Gelehrtenhälsen geben wird, wie es die Welt in dieser Generation noch nicht gesehen hat.«
    Sie war keine angenehme Person, wenn sie sich erregte, die Prinzessin Tania Linn, Schwiegertochter des Oberherrn.
    Es erwies sich als leicht, den Ursprung der Mutation aufzudecken. Im vergangenen Sommer war Tania, des Urlaubs in einem der Landsitze der Familie an der Westküste überdrüssig, vorzeitig in die Hauptstadt zurückgekehrt. Ihr Ehemann, der Marschall Creg Linn, hatte während der Zeit ihrer Abwesenheit umfangreiche Umbauten und Veränderungen im Palast ausführen lassen. Von ihrer Schwester am anderen Ende der Stadt und von ihrer Stiefschwiegermutter, der Gemahlin des Oberherrn, hatte sie keine Einladung erhalten. So war Tania gezwungen gewesen, vorübergehend in dem alten Stadtpalast Wohnung zu nehmen.
    Diese verschachtelte Ansammlung von Gebäuden, obgleich vom Staat weiterhin instand gehalten, war seit fünfzehn Jahren nicht mehr als Residenz benutzt worden. Seit der Erbauungszeit des Stadtpalasts war die Stadt enorm gewachsen, und seit langer Zeit standen Bürgerhäuser um ihn. Wegen fehlender Voraussicht einer früheren Generation hatte man es versäumt, sich die Grundstücke rings um den Palast zu sichern, und später wäre es unklug gewesen, sie zwangsweise zu enteignen. Das Unvermögen, das gewinnbringende Potential der Gegend zu erkennen, hatte einen besonders verdrießlichen Aspekt. Dieser wurde von dem Tempel der Gelehrten verkörpert, der unmittelbar neben dem Westflügel des Palasts aufragte. Er hatte der Prinzessin Tania im vergangenen Sommer nichtendenwollende Kopfschmerzen bereitet. Beim Einzug hatte sie entdeckt, daß die einzige bewohnbare Zimmerflucht des Stadtpalasts auf der Tempelseite lag und daß die schönen, hohen Fenster direkt zu den kahlen Bleiwänden des Tempels hinausgingen.
    Der Gelehrte, der den Tempel erbaut hatte, war ein Mitglied der Raheinl-Sippe gewesen, die den Linns feindlich gegenüberstand. Die ganze Stadt hatte sich amüsiert, als bekanntgeworden war, wo der Tempel errichtet werden sollte. Die Tatsache, daß eineinhalb Hektar Grund erhältlich waren, hatte den Affront noch offensichtlicher gemacht. Der Groll über dieses Husarenstück war noch immer nicht abgeklungen.
    Bei der ersten Untersuchung entdeckten die Agenten des Oberherrn, daß ein kleiner Teil der Bleiwand radioaktiv war. Sie waren nicht imstande, die Gründe für diese Radioaktivität zu bestimmen, weil die Wand an der betreffenden Stelle die vorgeschriebene Stärke besaß. Aber die Tatsache war es, die zählte und die sie ihrem Herrn meldeten. Am Abend des zweiten Tages nach der Geburt des Kindes sollte die Entscheidung fallen.
    Kurz vor zehn wurde der Gelehrte Joquin hereingerufen und mit den Ergebnissen der Agenten konfrontiert. Wieder nahm er sein Leben in seine Hände. »Herr«, sagte er zu dem großen Mann, »Eure verständliche Erregung ist im Begriff, Euch zu einem ernsten Fehler zu verleiten. Die Gelehrten sind eine Gruppe, die volle Kontrolle über die Verwendung von Atomenergie hat. Aus dem Bewußtsein dieser Verantwortung hat sich eine unabhängige Geisteshaltung entwickelt, die eine Bestrafung für zufällige Mängel oder unbeabsichtigte Fehler als ungerechtfertigte Härte betrachtet. Mein Rat ist, Herr, laßt den Jungen am Leben und sprecht mit den Vertretern der Gelehrtenversammlung. Ich werde ihnen vorschlagen, ihren Tempel freiwillig abzubrechen und an anderer Stelle wieder aufzubauen, und ich bin überzeugt, daß sie zustimmen werden.«
    Nachdem er geendet hatte, wagte Joquin, zu den anderen zu blicken, die den ernsten Oberherrn umgaben. Zur rechten des Herrschers stand der dickliche Prinz Tews, einziger Sohn Lydias, der Gemahlin des Herrschers, aus ihrer ersten Ehe. Prinz Tews war während der Abwesenheit von Prinz Creg, Tanias Ehemann, der den

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