Das Filmbett
Gasthof war eine Nobelherberge geworden und die wenigen Tänzerinnen in dem Gewimmel von lauten rheinischen Nachfolgepreußen hörten nun auf die seltsamen Namen Elke, Silke, Wibke und Ute, Gerlinde und Gerhilde und waren im besten Falle vom Hamburger Fernsehballett. Trotzdem blieben sie, bauten sich im Gegensatz zu den protzigen Managervillen ein kleines hübsches Haus und, da sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute.
EPILOG
Drei Briefe
aus den Jahren 1971, 1972 und 1973
CONSTANTA FILM VERLEIH und
PRODUKTIONSGESELLSCHAFT MÜNCHEN
Zentrale
Abt. Produktion und Dramaturgie
Tel.:•••
Telex:•••
Telegrammadresse: CONFILM
betr.: Die wilden Mädchen von Ascona
München, 17. Mai 1971
Sehr geehrter Herr Rabenalt,
wir haben ausführlich Ihre Geschichte von Ascona geprüft und können nicht verhehlen, daß wir recht enttäuscht sind. Sie haben uns eine erotische Story versprochen, doch finden wir auch nach zweimaligem Lesen nur unbedeutende Spuren von Erotik in derselben, geschweige denn von Sex. Die Handlung ist ohne Aktion, die psychologische Zeichnung der jungen Tänzerin gänzlich mißglückt. Und vor allem, warum reden Sie um die Sachen so herum, das ist doch völlig altmodisch. Sie gebrauchen keinerlei Four-letter-words, ohne die schon die moderne Literatur nicht auskommt, geschweige denn der Film. Sie sprechen umschreibend von Knospen und Schwellungen, von Mädchendreieck etc., was doch ein rechter Käse ist, wo die deutsche Sprache so kräftige Worte wie **), **) und **) besitzt, die die Dinge direkt bezeichnen und die man heutzutage gerne hört. Mit Titten und Scheiße locken sie doch heute keinen Hund mehr vom Ofen hervor, bzw. keinen Besucher ins Kino. Und warum schreiben Sie so geschwollen, Sie sind doch kein Thomas Mann.
Und warum ist das Mädchen eigentlich Jungfrau? Es wäre doch viel besser, sie wäre ein flotter Feger, der nicht genug kriegen kann. Daß sie unter ihrem Busen leidet, ist vom heutigen Standpunkt aus völlig verfehlt. Umgekehrt wäre es besser, daß sie nämlich darunter leidet, zu wenig zu haben - aber das wäre wieder optisch zu unergiebig. Natürlich könnte man einige Situationen filmgerechter aufbereiten, z. B. wenn die Tänzerin eingangs nicht nur ihr Gesicht waschen würde, sondern nackt in der Badewanne säße, wenn der Hausdiener mit dem Gepäck kommt, oder daß die Bildhauerin sie richtiggehend vernascht etc. Daß Ihre Situationen - den Schluß ausgenommen - zu nichts führen, ist äußerst bedauerlich und dramaturgisch völlig unwirksam.
Da wir aber einige Passagen - wie z. B. das koitierende Paar auf der Insel, für ganz tragbar halten, so wären wir u. U. bereit, diese Episoden zu erwerben und sie in unseren nächsten Produktionsvorhaben TÄNZERINNEN-REPORT IV oder V zu verwenden.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Dr. Mostholt
nach Diktat nach Ascona verreist.
i.A.
Sieglinde Sündermann
Chefsekretärin
CONSTANTA FILM VERLEIH und
PRODUKTIONSGESELLSCHAFT MÜNCHEN
Zentrale
Abt. Produktion und Dramaturgie
Tel.: •••
Telex: •••
Telegrammadresse: CONFILM
betr.: Die wilden Mädchen von Ascona
München, 17. Mai 1972
Lieber Herr Rabenalt,
wir bedauern sehr, daß wir bei unserem Schriftwechsel im vergangenen Jahr leider nicht ins Geschäft gekommen sind, doch kommen wir heute auf Ihre sehr reizende Novelle zurück. Nach dem großen Erfolg der LOVE-STORY könnten wir uns vorstellen, daß sich aus Ihrer Geschichte ein hübscher Film machen ließe. Er müßte allerdings ganz keusch und gefühlsstark sein, und die gänzlich unnötigen erotischen Szenen, die völlig unangemessen sind, müßten eliminiert werden. Was halten Sie davon, wenn diese zarte Romanze einer jungen Mädchenblüte unglücklich enden würde und das Mädchen aus Enttäuschung ins Wasser geht, gerettet wird und schließlich an doppelseitiger Lungenentzündung stirbt. Das würde eine ergreifende Schlußszene ergeben. Wir sehen Ihrer Ansicht mit Interesse entgegen, mit besten Grüßen Ihr
Dr. Mostholt
CONSTANTA FILM VERLEIH und
PRODUKTIONSGESELLSCHAFT MÜNCHEN
Zentrale
Abt. Produktion und Dramaturgie
Tel.: •••
Telex: •••
Telegrammadresse: CONFILM
betr.: Die wilden Mädchen von Ascona
München, den 17. Mai 1973
Lieber Freund,
der große Erfolg des LETZTEN TANGO IN PARIS veranlaßt mich, Sie wieder einmal in bezug auf die »Romanze in Ascona« anzusprechen.
Daß die Realisation dieses, wie Sie wissen Lieblingsprojektes von mir im vorigen Jahr daran
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