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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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Kameliendame hunderte Male gestorben war, ja, das sogar in ihren ersten Stummfilmen als Mobiliar gedient haben soll, also zu den Urzeugen des Starfilmes gehörte, stand in einem abgeschlossenen Nebengelaß des Requisitenraumes. Es kam zwar selten in eine Atelierdekoration, wurde aber zu einem vielfrequentierten, legendären Heiligtum wie der »Schwarze Stein« in Mekka. »Die Klamotte ist meine Altersversorgung«, meinte der verschmitzte Eigentümer in vertrautem Freundeskreis. Er wob ein dichtes Gespinst von pikanten Intimitäten um dieses Möbelstück. Nun kann jedes Bett, jeder Diwan, jedes Sofa schlüpfrige Geschichten aus seiner horizontalen Perspektive erzählen, wenn es einen Crebillon findet, der ihr Ächzen zu artikulieren versteht. Unser Requisiteur war der beste Barde seines Möbels und er kannte alle seine Geheimnisse aus frühen Filmtagen. Er verknüpfte es mit schlüpfrigen Anekdoten von den legendären Vamps und Vedetten des Stummfilmes und warb damit für seine Bestimmung. Erschauernd erfuhren Starlets und Schauspielanfängerinnen die geflüsterten Berichte über das Bett in Verbindung mit dem Sekreten Berufsleben von Pola Negri, Lia de Putti, Anita Berber und Fern Andra. Er wußte, wo die Reitpeitsche verborgen war, als Fritz Lang mit dem Monokel im Auge das Bett bestieg.
    »Die Filmstars der damaligen Zeit wußten, wie man Karriere mit den Knien hinter den Ohren macht«, meinte er, »und wie man Produzenten am besten die Impfnarben an den Schenkeln zeigt.« Ja, hier war die Wiege des Starruhmes, ein Wallfahrtsort romantisch verklärten, lasterhaften Filmlebens. Das war allerdings etwas anderes als die nüchternen Prolongationssofas in den kalten Direktionszimmern, deren Türen nie abgeschlossen wurden, etwas anderes als die abgewetzten Liegen in den Sologarderoben, wo man immer mit rotem Kopf aufgestört werden konnte durch neugierige Aufnahmeleiter, Maskenbildner, Friseure und mißgünstige Kolleginnen und Kollegen. Ein sicheres Buon retiro für verliebte Statistinnen und erregte Regievolontäre, Starfans und Prominente mit lästiger Drehpause, für Kameraassistenten und Novizinnen, die sich eine Probeaufnahme erhofften, Gruppentänzerinnen, die dem harten Training an der Stange durch Überwechseln zur Schauspielerei entgehen wollten und sich diesbezüglich an der eines zweiten Produktionsleiters versuchten. Dieser Geheimtip für schnelle erotische Treffs war besser als die Stelldicheins in dunklen Ecken von Atelierbauten, wo immer wieder ein Schreiner, ein Tapezierer oder Fliesenleger auftauchte, der eine verbotene Zigarette ausdrückte, eine leere Bierflasche abstellte, eine ausgetrunkene Thermosflasche rülpsend zuschraubte.
    Hier war der windstille Kern im Taifun der Betriebshektik. Hier konnte man kurz verschwinden, in der Mittagspause, während den längeren Umbauten und Lichtumstellungen.
    Wohlverdiente Siesta im Arbeitsstreß für die hübsche Sekretärin oder das Skriptgirl, die einen Schwarm gefunden hatten und angeblich für zwanzig Minuten dringend der Entspannung bedurften, der ungestörten Einsamkeit - zu zweien. Und immer fand sich zu einem Ruhe Suchenden wie von selbst ein zweiter ein, gelegentlich einer vom selben Geschlecht oder ein befreundeter Dritter. Das Bett war ja breit genug. »Wieder ein Star geboren!« meinte sein Besitzer, wenn eine Novizin mit dem einflußreichen Partner aus dem Besetzungsbüro die Kammer verließ und er rasch die Bettwäsche wechseln mußte - denn Sauberkeit mußte sein und war im Preis inbegriffen. Sein gutgehendes Halbstundenhotel war nicht nur in Stoßzeiten ein Wunschziel vielerlei Leute vom Fach, auch noch abends, vor und nach der Vorführung der »Muster« des vergangenen Tagespensums und vor allem während der Nachtaufnahmen, die sich endlos bis in den dämmernden Morgen hinzogen. Und wenn die Feuerwache bei ihrem zweiten und dritten Streifgang durch die Ateliers vorbeikam, saß er oft noch an seinem Arbeitstisch und meinte auf die mitleidvolle Frage, ob er denn nie Schluß mache, achselzuckend: »Was soll man tun - Inventur - Inventur!« -
    Eine junge, ehrgeizige und begabte Schauspielelevin, nennen wir sie Renate, leichten Herzens und froher Sinne, erlebte in Sarah Bernhardts Matratzengruft ihre ersten erotischen Pflichtübungen mit einem vielversprechenden Regieassistenten - und, einige Zeit später, eine zauberhafte Liebesromanze mit einem jungen Schauspielkollegen, der vom Kriegsdienst freigestellt worden war. Ihre Rollen im Atelier waren

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