Das Flammende Kreuz
und nahm mich dann fest in den Arm, um jede weitere Widerrede mit einem ausgiebigen Kuss zu ersticken. Aus der Richtung des Feuers ertönte schwacher Applaus.
» Encore !«, rief Fergus.
» Nein «, sagte ich zu ihm, als er mich losließ. Ich flüsterte, doch das minderte meine Heftigkeit nicht. »Nicht encore . Ich will den Namen Stephen Bonnet nie wieder hören!«
»Es wird alles gut«, erwiderte er flüsternd und drückte mir die Hand. »Vertrau mir, Sassenach.«
11
Stolz
Roger blickte nicht zurück, doch der Gedanke an die Findlays begleitete ihn auf seinem Weg, der ihn bergab zwischen kleinen Sträuchern und zertretenen Grasbüscheln hindurchführte.
Die beiden Jungen waren blond und hellhäutig, klein - wenn auch größer als ihre Mutter -, aber breitschultrig. Angesichts der Alterslücke zwischen den älteren Jungen und ihren kleineren Geschwistern schloss Roger, dass Mrs. Findlay wahrscheinlich zweimal geheiratet hatte. Und allem Anschein nach jetzt wieder verwitwet war.
Vielleicht sollte er Brianna von Joan Findlay erzählen, dachte er, ein weiterer Beweis, dass Ehe und Geburt nicht unbedingt tödlich für eine Frau enden mussten. Vielleicht war es aber auch besser, dieses Thema eine Zeit lang nicht mehr anzusprechen.
Doch ganz abgesehen von dem Gedanken an Joan und ihre Kinder verfolgten ihn die sanften, leuchtenden Augen lain Mhors. Wie alt mochte er sein?, fragte sich Roger und klammerte sich an einen biegsamen Kiefernzweig, um nicht auf dem losen Kies auszurutschen, der an dieser Stelle auf dem Weg lag. Es war ihm absolut nicht anzusehen; sein bleiches, verzerrtes Gesicht war faltig und verhärmt - doch vor Schmerzen und Strapazen, nicht vom Alter. Er war nicht größer als ein etwa zwölfjähriger Junge, aber Iain Mhor musste älter sein als sein Namensvetter - und Iain Og war mindestens sechzehn.
Wahrscheinlich war er jünger als Joan; vielleicht aber auch nicht. Sie hatte ihn respektvoll behandelt und Roger zu ihm geführt, so wie jede Frau einen Besucher selbstverständlich zum Oberhaupt der Familie brachte. Also nicht sehr viel jünger - vielleicht dreißig oder etwas älter?
Himmel, dachte er, wie überlebte ein solcher Mann nur so lange in einer Zeit wie dieser? Doch als er sich verlegen von Iain Mhor verabschiedet hatte, war eins der kleinen Mädchen von der Rückseite her in den groben Unterschlupf gekrochen. Dabei hatte sie ein Schüsselchen Milchpudding vor sich
hergeschoben und sich dann ganz selbstverständlich mit dem Löffel in der Hand an den Kopf ihres Onkels gesetzt. Iain Mhor hatte genug Gliedmaßen und Finger - er hatte eine Familie.
Bei diesem Gedanken spürte er ein Ziehen in der Brust, irgendwo zwischen Schmerz und Freude - das sich in Beklommenheit verwandelte, als er sich an Joan Findlays Worte erinnerte.
Bringt sie mir gesund nach Hause . Aye, und wenn nicht, dann stand Joan als die alleinige Ernährerin von zwei kleinen Mädchen und einem hilflosen Bruder da. Ob sie wohl Grundbesitz hatte?, fragte er sich.
Seit der Proklamation an diesem Morgen hatte er eine Menge Gerede über die Regulatoren gehört. Da die ganze Sache offensichtlich nicht wichtig genug gewesen war, um in den Geschichtsbüchern Erwähnung zu finden, hielt er es für unwahrscheinlich, dass die Miliz tatsächlich in Aktion treten würde. Wenn es aber doch dazu kam, so schwor er sich, einen Weg zu finden, Iain Og und Hugh Findlay von der Gefahr fernzuhalten. Und falls es Handgeld gab, sollten sie ihren Anteil bekommen.
In der Zwischenzeit... er zögerte. Er war gerade an Jocasta Camerons Lager vorbei gegangen. Zwischen den zahlreichen Zelten, Wagen und Unterständen ging es so geschäftig zu wie in einem kleinen Dorf. Um für ihre Hochzeit gerüstet zu sein - jetzt sogar eine Doppelhochzeit -, hatte Jocasta fast all ihre Haussklaven und dazu sogar einige Feldarbeiter mitgebracht. Sie hatte nicht nur Vieh, Tabak und andere Handelswaren dabei, sondern auch kofferweise Kleider, Bettwäsche und Porzellan, Tischböcke, Tische, fassweise Bier und Berge von Speisen für das Fest nach der Trauung. Er und Brianna hatten heute Morgen mit Mrs. Cameron in ihrem Zelt auf Rosenporzellan gefrühstückt; es gab saftigen, gebratenen Schinken mit Zwiebeln, Hafermehlporridge mit Sahne und Zucker, Fruchtkompott, frische Maiskuchen mit Honig, Kaffee aus Jamaika... wenn er nur daran dachte, knurrte ihm schon wohlig der Magen.
Der Kontrast zwischen dieser Fülle und der gerade erlebten Armut der Findlays war zu groß,
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