Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)
Kongress.«
»Wir haben einen Notfallkoffer an Bord, Herr Doktor, aber ich glaube, Sie werden ihn nicht brauchen.«
Ross sah sie fragend an, doch sie hatte ihm bereits den Rücken zugewandt.
Hector Ross trat rückwärts aus der Bordtoilette. Kapitän Evans und Jeff Ryder warteten draußen vor der Tür. »Der Tod ist gegen 13.15 Uhr eingetreten.«
»Und die Todesursache?«, fragte der Copilot.
Ross kaute nachdenklich auf der Unterlippe. »Bevor ich dazu etwas sage, würde ich gern die Leiche gründlicher untersuchen, aber zu allererst sollte mein Kollege Dr. Fane einen Blick darauf werfen. Er ist nämlich forensischer Psychologe, und ich lege großen Wert auf sein Urteil.«
Evans starrte den Pathologen verständnislos an. »Wie könnte ein forensischer Psychologe helfen? Er ist doch nicht …«
»Ich wäre Ihnen trotzdem sehr dankbar, wenn Sie ihm gestatten würden …«
Wenige Minuten später trat Gerry Fane aus der Kabine und blickte ernst in die Runde. »Äußerst merkwürdig«, sagte er nachdenklich.
»Inwiefern?«, fragte Evans ungehalten. »Was wollen Sie damit sagen?«
Fane zuckte beredt die Achseln. »Dass etwas faul ist, Sir«, erwiderte er mit einem leicht sarkastischen Unterton. »Ich plädiere dafür, dass wir die Leiche aus der Kabine holen, damit mein Kollege sie eingehend untersuchen und die Todesursache feststellen kann. Anschließend können wir uns darüber Gedanken machen, wie es dazu kam, dass der Mann auf ausgerechnet diese Art starb.«
Evans versuchte ruhig zu bleiben. »Der Direktor unserer Fluggesellschaft wartet auf Nachricht, Herr Doktor. Ich möchte ihm etwas Konkretes mitteilen können. Das werden Sie sicher verstehen, wenn ich Ihnen verrate, dass er den Toten persönlich kennt. Sie sind im selben Golfklub oder so ähnlich.«
» Kannte «
, verbesserte Fane ironisch. »Vergangenheitsform. Nun, Sie können Ihrem Herrn Direktor ausrichten, dass sein Golfpartner vermutlich ermordet wurde.«
»Unmöglich!«, entgegnete Evans erschrocken. »Es muss Selbstmord gewesen sein!«
Hector Ross räusperte sich und warf seinem Freund einen skeptischen Blick zu. »Willst du dich jetzt schon darauf festlegen?«, fragte er. »Schließlich …«
Fane jedoch ließ sich nicht beirren. Ruhig und entschlossen fuhr er fort: »Wie auch immer dem Mann das angetan wurde, so wirst du mir gewiss darin zustimmen, dass sein Tod auf der Stelle eingetreten ist. Der untere Bereich des Gesichts fehlt fast vollständig. Kein schöner Anblick. Sieht aus, als hätte ihm jemand in den Mund geschossen.«
Dem Copiloten, der sich inzwischen ein wenig vom ersten Schreck erholt hatte, dämmerte plötzlich, was ihn bei seiner Inspektion der Bordtoilette irritiert hatte. »Wenn eine Pistole abgefeuert worden wäre«, sagte er, »so hätte die Kugel gewiss die Bordwand durchschlagen, selbst wenn es sich um ein kleines Kaliber gehandelt und der Körper des Toten die Wucht abgefangen hätte. Wissen Sie, welch ein Unterdruck entsteht, wenn bei einer Flughöhe von 9700 Metern eine Kugel die Bordwand durchschlägt?«
»Ich habe keineswegs mit Sicherheit behauptet, dass eine Pistole abgefeuert wurde«, entgegnete Fane mit einem Lächeln. »Ich habe nur gesagt, es sieht so aus, als könnte es so gewesen sein.«
»Und selbst wenn es ein Schuss aus einer Pistole war«, mischte sich der Purser ein, »was spricht gegen Selbstmord? Meine Güte, schließlich war die Tür von innen verriegelt!«
»Schauen Sie«, erklärte Fane nachsichtig, »ich habe nicht von ungefähr betont, dass der Man auf der Stelle tot war. Er hätte, nachdem er sich die tödliche Verletzung zufügte, keine Zeit mehr gehabt, sich der Waffe zu entledigen. Ich habe noch nie gehört, dass eine Leiche aufsteht, um noch schnell die Waffe zu verstecken.«
»Das ist unglaublich!«, blaffte Evans, um seine Verunsicherung zu überspielen. Fane hatte nämlich genau den Punkt angesprochen, der ihm selbst Sorge bereitete – das Fehlen der Waffe. »Ha ben Sie nachgesehen, ob sie hinter der Tür versteckt ist?«
Fane ließ sich nicht herab, darauf zu antworten.
Evans fuhr verzweifelt fort: »Wollen Sie darauf hinaus, dass Gray erst getötet und dann in die Toilettenkabine gebracht wurde?«
Fane schüttelte den Kopf. »Nein, ich fürchte, das war komplizierter. Nach den Blutspritzern an den Wänden zu urteilen, starb Gray tatsächlich in der Kabine – mit von innen verriegelter Tür, wie Ihr Purser so treffend bemerkte.«
»Ja, so war es«, bestätigte Jeff
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