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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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von Altachtundsechzigern gemietet hatte, um die fleischlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Wäre der Raum nicht lediglich mit einem Poster der Inti Illimani ausstaffiert gewesen, man hätte ihn eine Junggesellenabsteige nennen können. Einer der Mieter war mit einer bewaffneten Untergrundgruppe liiert, und die anderen wussten nicht, dass sie deren Unterschlupf finanzierten. So landeten allesamt für ein Jahr im Knast.
    Vom Italien der letzten Jahre hatte ich nur sehr wenig begriffen. Ich hatte das Land auf der Schwelle großer Veränderungen verlassen, fast mit einem Schuldgefühl, weil ich im Moment der Abrechnung floh. Als ich wegging, konnte ich die Ideologie eines jeden an seinem Tonfall erkennen, an seinen Redewendungen, seinen kanonischen Zitaten. Als ich wiederkam, kapierte ich nicht mehr, wer wohin gehörte. Man sprach nicht mehr von Revolution, man redete von den Wünschen und vom Begehren, wer sich links nannte, zitierte Nietzsche und Céline, die Publikationen der Rechten feierten die Revolution der Dritten Welt.
    Ich ging zu Pilade und fand mich auf fremdem Boden. Das Billard war noch da, auch mehr oder minder dieselben Maler, aber die jugendliche Fauna hatte gewechselt. Einige der alten Stammkunden hatten, erfuhr ich, jetzt Schulen für transzendentale Meditation und makrobiotische Restaurants eröffnet. Ich fragte, ob jemand auch schon einen Umbanda- Tempel aufgemacht habe. Nein, vielleicht war ich der Zeit voraus, ich hatte ungeahnte Kenntnisse erworben.
    Um den historischen Kern zu befriedigen, hatte Pilade einen alten Flipper behalten, so einen von der Sorte, die inzwischen alle aussahen wie kopiert von Roy Lichtenstein und die massenhaft von den Antiquitätenhändlern aufgekauft wurden. Aber daneben, umdrängt von den Jüngeren, reihten sich andere Apparate mit blinkenden Bildschirmen, auf denen Geschwader vernieteter Bussarde flogen, Kamikaze des Outer Space, oder Frösche umherhüpften und japanisch quakten. Pilade Bar war inzwischen ein einziges Flimmern sinistrer Lichter geworden, und vielleicht hatten sich vor der Mattscheibe von Galactica auch die Rekrutenanwerber der Roten Brigaden umgesehen. Aber gewiss hatten sie den Flip- per auslassen müssen, denn an dem kann man nicht mit einer Pistole im Gürtel spielen.
    Das wurde mir klar, als ich Belbos Blick folgte, der sich auf Lorenza Pellegrini heftete. Bei ihrem Anblick begriff ich undeutlich, was er klarer gesehen hatte und was ich dann später in seinen files lesen sollte. Lorenza wird nicht namentlich genannt aber es ist evident, dass sie gemeint war. Nur sie flipperte so.
    Filename: Flipper
    Flipper spielt man nicht nur mit den Händen, sondern auch mit dem Schambein. Beim Flippern ist das Problem nicht, die Kugel rechtzeitig aufzuhalten, bevor sie im Orkus verschwindet, auch nicht, sie mit dem Ungestüm eines Mittelverteidigers wieder ins Feld zu schießen, sondern sie möglichst lange im oberen Teil zu halten, wo die blinkenden Ziele am dichtesten sind, so dass sie von einem zum andern springt und wie verrückt hin und her zuckt, aber aus eigenem Willen. Und das erreicht man nicht, indem man der Kugel Stöße versetzt, sondern indem man Vibrationen auf das Gehäuse überträgt, aber sanft, so dass es der Flipper nicht merkt und nicht ins Kippen gerät. Das schafft man nur mit dem Schambein, beziehungsweise mit einem genau kalkulierten Einsatz der Hüften, so dass das Schambein mehr gleitet als stößt und man immer diesseits des Orgasmus bleibt. Und mehr als das Schambein, wenn man die Hüften natürlich bewegt, sind es die Pobacken, die den Stoß nach vorn weitergeben, aber mit Anmut, so dass der Stoß, wenn er beim Schambein ankommt, bereits gedämpft ist, wie in der Homöopathie, wo bekanntlich die Wirkung des Medikaments um so stärker wird, je länger man eine Lösung schüttelt und je mehr die Substanz sich im Wasser auflöst, das man langsam hinzufügt, bis sie fast ganz verschwunden ist. Genauso überträgt sich vom Schambein ein infinitesimaler Strom auf das Gehäuse, und der Flipper gehorcht, ohne neurotisch zu werden, und die Kugel rollt wider die Natur, wider die Trägheit, wider die Schwerkraft, wider die Gesetze der Dynamik, wider die Schläue des Konstrukteurs, der sie ungehorsam wollte, und durchtränkt sich mit vis movendi und bleibt im Spiel für memorable und immemorable Zeiten. Aber dazu bedarf es einer weiblichen Scham, die keine Schwellkörper zwischen Hüftbein und Gehäuse einschiebt, und es darf keine erigierbare

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