Das Foucaultsche Pendel
oberflächlich, unaufrichtig, unkorrekt, ich sage noch mehr, ungenau —, dass diese Reihen dem Reichtum und der Tiefe dieses Studiengebietes nicht annähernd gerecht würden.«
»Die Zeit ist reif für eine Neubewertung der Kultur der Inaktualität, nach dem Scheitern der Utopien der modernen Welt«, sagte Bramanti.
»Sie sagen da große Dinge, Herr Professor. Aber verzeihen Sie bitte unsere — nun ja, ich sage nicht Ignoranz, aber doch Unvertrautheit mit diesen Dingen: An was genau denken Sie, wenn Sie von okkulten Wissenschaften sprechen? An Spiritismus, Astrologie, Schwarze Magie?«
Bramanti machte eine abwehrende Gebärde: »O nein, wo denken Sie hin! Das sind doch nur Märchen, die man den Einfältigen erzählt. Ich spreche von Wissenschaften, wenn auch von okkulten. Gewiss, auch von Astrologie, wenn nötig, aber nicht um der kleinen Bürotippse zu sagen, dass sie nächsten Sonntag den Mann ihres Lebens treffen werde. Ich denke eher an eine seriöse Studie über die Dekane, um nur soviel zu sagen.«
»Verstehe. Wissenschaftlich. Die Sache liegt schon auf unserer Linie, aber könnten Sie sich ein bisschen erschöpfender äußern?«
Bramanti lehnte sich in den Sessel zurück und ließ die Augen durch den Raum schweifen, als suche er astrale Inspirationen. »Beispiele ließen sich geben, gewiss. Ich würde sagen, der ideale Leser einer solchen Reihe müsste ein Adept der Rosenkreuzer sein, mithin ein Experte in magiam, in necromantiam, in astrologiam, in geomantiam, in pyromantiam, in hydromantiam, in chaomantiam, in medicinam adeptam, um das Buch Azoth zu zitieren — jenes, das dem Staurophoros von einem mysteriösen Mädchen überreicht wurde, wie im Raptus philosophorum berichtet. Doch die Kenntnis des wahren Adepten umfasst noch andere Gebiete. Da wäre die Physiognosis zu nennen, die sich mit okkulter Physik befasst, mit Statik, Dynamik und Kinematik, mit Astrologie oder esoterischer Biologie sowie dem Studium der Naturgeister, mit hermetischer Zoologie und biologischer Astrologie. Hinzu käme die Kosmognosis, die ebenfalls die Astrologie studiert, aber unter astronomischem Aspekt, unter kosmologischem, physiologischem, ontologjschem Blickwinkel, die Anthropognosis, die die homologische Anatomie studiert, sowie die divinatorischen Wissenschaften, die Physiologie der Fluida, die Psychurgie, die soziale Astrologie und der historische Hermetismus. Ferner gibt es die qualitative Mathematik, und das heißt wem sage ich das, die Arithmologie oder Zahlenkunde... Aber erforderlich wären auch Grundkenntnisse in der Kosmografie des Unsichtbaren, in Magnetismus, Auratik, Traumdeutung, Fluidumskunde, Psychometrie und Hellseherei — und generell das Studium der andern fünf hyperphysischen Sinne —, zu schweigen von der horoskopischen Astrologie, die bereits eine Degeneration des Wissens darstellt, wenn sie nicht mit der gebührenden Umsicht betrieben wird — und dann natürlich Physiognomik, Gedankenleserei, zukunftsdeutende Künste, von Tarot und Traumdeutung bis zu den höchsten Stufen der Prophetie und Ekstase. Verlangt werden auch hinreichende Kenntnisse über Verflüssigung, Alchimie, Spagirik, Telepathie, Exorzismus, Zeremonial- und Beschwörungsmagie, elementare Theurgie. Für den eigentlichen Okkultismus empfehlen würde ich Erkundungen in den Gebieten ursprüngliche Kabbala, Brahmanismus, Gymnosophie, memphitische Hieroglyphen... «
»Templerische Phänomenologie«, warf Belbo ein.
Bramanti Augen leuchteten auf. »Ohne Zweifel. Doch ich vergaß, zuvörderst einige Grundbegriffe in Nekromantik und Hexerei der nicht-weißen Rassen zu erwähnen, Onomantie, prophetische Raserei, freiwillige Thaumaturgie, Autosuggestion, Yoga, Hypnotik, Somnambulismus, merkuriale Chemie... Wronski riet, für die mystische Tendenz die Techniken der Besessenen von Loudun präsent zu haben, ebenso die der Konvulsionäre von Sankt Medardus oder Veitstänzer, dazu die mystischen Getränke: ägyptischen Wein, Lebenselixiere und Arsenlösungen. Für das Prinzip des Bösen — doch mir ist klar, dass wir hier zur delikatesten Zone einer möglichen Buchreihe kommen — müsste man sich vertraut machen mit den Mysterien Beelzebubs als der Selbstzerstörung und Satans als des entthronten Fürsten, mit denen des Eurynomios, des Molochs sowie der In- und Sukkubi. Für das positive Prinzip mit den Himmelsmysterien der Erzengel Michael, Gabriel und Raphael sowie der Agathodaimones. Sodann mit den Mysterien der Isis, des Mithra, des
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