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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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anderer bereit, sie auszubeuten.«
    »Lia, du bist paranoisch.«
    »Ich? Du!«
    »Na gut, wir sind also paranoisch, aber eins musst du uns wenigstens zugestehen: wir sind von einem real existierenden Text ausgegangen, von der Botschaft, die Ingolf in Provins gefunden hatte. Entschuldige, aber wenn du plötzlich vor einer geheimen Botschaft der Templer stehst, willst du sie doch entziffern. Kann sein, dass du dabei übertreibst, um dich über die Entzifferer von geheimen Botschaften lustig zu machen, aber die Botschaft selber, die war doch real.«
    »Also erst mal weißt du nur das, was euch dieser Ardenti erzählt hat, der nach deiner Beschreibung ein ganz besonders erlesener Armleuchter gewesen sein muß. Und dann würde ich diese Botschaft ja gerne mal sehen.«
    Kein Problem, ich hatte sie unter meinen Papieren.
    Lia nahm das Blatt, besah es von vorn und von hinten, zog die Nase kraus, schob sich die Mähne vor den Augen weg, um den ersten Teil, den chiffrierten, besser sehen zu können. Und sagte dann: »Ist das alles?«
    »Genügt dir das nicht?«
    »Genügt mir vollauf. Gib mir zwei Tage, um darüber nachzudenken.« Wenn Lia mich um zwei Tage zum Nachdenken bittet, ist es gewöhnlich, um mir zu beweisen, dass ich dumm bin. Ich werfe ihr das immer vor, und sie antwortet immer: »Wenn ich kapiere, dass du dumm bist, bin ich sicher, dass ich dich wirklich liebe. Ich liebe dich auch, wenn du dumm bist. Beruhigt dich das nicht?«
    Zwei Tage lang berührten wir das Thema nicht mehr, außerdem war sie die meiste Zeit nicht zu Hause. Abends sah ich sie in einer Ecke hocken und sich Notizen machen, ein Blatt nach dem andern zerreißend.
    Dann fuhren wir in die Berge, das Kind kroch den ganzen Nachmittag auf der Wiese herum, Lia kochte zu Abend und sagte, ich sollte essen, ich sei dünn wie ein Nagel. Nach dem Essen bat sie mich um einen doppelten Whisky mit viel Eis und wenig Soda, zündete sich eine Zigarette an, was sie nur in wichtigen Momenten tut, sagte, ich solle mich setzen, und erklärte:
    »Pass auf, Pim, ich werde dir zeigen, dass die einfachsten Erklärungen immer die wahrsten sind. Dieser euer Oberst hat euch gesagt, dass dieser Ingolf eine Botschaft in Provins gefunden hatte, und das will ich gar nicht in Zweifel ziehen. Ingolf wird in den Keller runtergestiegen sein und dort wirklich ein Etui mit diesem Text hier gefunden haben.« Sie klopfte mit den Fingern auf das Blatt mit den altfranzösischen Zeilen. »Aber niemand sagt uns, dass Ingolf ein diamantenbesetztes Etui gefunden hat. Das einzige, was euch der Oberst erzählt hat, ist, dass in Ingolfs Kontobuch stand, er hätte ein Etui verkauft — und warum auch nicht, es war eine Antiquität, ein bisschen was wird er schon dafür gekriegt haben, aber niemand sagt uns, dass er von dem Erlös dann gelebt hat. Er hatte vielleicht eine kleine Erbschaft von seinem Vater.«
    »Und warum muß das Etui unbedingt ein billiges Etui gewesen sein?«
    »Weil diese famose Botschaft hier eine Wäscheliste ist. Komm, lesen wir sie noch mal.«
     
    a la ... Saint Jean
    36 p charrete de fein
    6 … entiers avec saiel
    P ... les blancs mantiax
    r ... s ... chevaliers de Pruins pour la ... j. nc.
    6 foiz 6 en 6 places
    chascune foiz 20 a .... 120 a ....
    iceste est l'ordonation
    al donjon li premiers
    it li secunz joste iceus qu i... pans
    it al refuge
    it a Nostre Dame de l'altre part de l'iau
    it a l'hostel des popelicans
    it a la pierre
    3 foiz 6 avant la feste ... la Grant Pute.
     
    »Na und?«
    »Ja Himmelherrgott, ist es euch nie in den Sinn gekommen, euch mal einen Touristenführer von diesem Provins anzusehen, einen kurzen Abriss seiner Geschichte? Ihr hättet sofort entdeckt, dass die Grange-aux-Dimes, wo diese Botschaft gefunden wurde, ein Ort war, wo die Händler sich trafen, denn Provins war damals das Handelszentrum der Champagne. Und die Orange befindet sich in der Rue Saint-Jean. In Provins wurde mit allem möglichen gehandelt, aber besonders mit Tuchen, auf französisch draps oder dras, wie man damals schrieb, und jedes Tuch war mit einer Garantiemarke versehen, oft mit einem Siegel. Das zweite Paradeprodukt von Provins waren Rosen, rote Rosen, die die Kreuzritter aus Syrien mitgebracht hatten. So berühmt, dass Edmond of Lancaster, als er die Blanche d'Artois heiratete und auch den Titel des Grafen von Champagne annahm, die rote Rose von Provins in sein Wappen setzte — und das ist der Grund, warum man später vom Krieg der zwei Rosen sprach, denn die Yorks

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