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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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zurichten wie den Hund, und das Mädchen fing an zu heulen. Da kam der Gemeindearzt und sagte, das Mädchen sei seine Tochter, und Belbo fragte ihn ahnungslos, wer denn er sei. Bei einem raschen Austausch von Entschuldigungen und gegenseitigem Vorstellungen kam dann heraus, dass der Arzt ein Tagebuch eines Landarztes in dem berühmten Mailänder Verlag Manuzio veröffentlicht hatte. Belbo ging in die Falle und sagte, er sei Cheflektor bei Manuzio, woraufhin der Doktor nun unbedingt wollte, dass er und Lorenza zum Essen blieben. Lorenza schäumte und stieß Belbo den Ellbogen in die Rippen, Herrgott, nachher kommen wir noch in die Zeitung, das diabolische Liebespaar, konntest du nicht das Maul halten?!
    Die Sonne brannte noch immer heiß, als die Kirchenglocken zur Vesper läuteten (wir sind in Ultima Thule, knurrte Belbo, sechs Monate Sonne, von Mitternacht bis Mitternacht, und meine Zigaretten sind alle), der Hund litt nur noch still vor sich hin, und niemand achtete mehr auf ihn, Lorenza meinte, er hätte einen Asthma-Anfall, und Belbo war jetzt sicher, dass der Kosmos ein Irrtum des Demiurgen sein musste. Schließlich hatte er die Idee, sie beide, er und Lorenza, könnten doch mit dem Wagen rasch ins nächste Städtchen fahren, um Hilfe zu holen. Die tierliebe Dame war einverstanden, jaja, sie sollten losfahren und sich beeilen, zu einem Herrn, der in einem Verlag für Poesie arbeitete, hatte sie Vertrauen, auch sie las so gern die Gedichte von Marino Moretti.
    Belbo war losgefahren und hatte zynisch die nächste Ortschaft durchquert, ohne anzuhalten, Lorenza verfluchte alle Tiere, mit denen der Herr die Erde befleckt hätte, vom ersten Schöpfungstag bis zum fünften einschließlich, Belbo war einverstanden, wollte jedoch unbedingt auch das Werk des sechsten Tages kritisieren, und vielleicht auch die Ruhe des siebenten, denn er fand, dies sei der schlimmste Sonntag, den er je erlebt habe.
    Sie hatten angefangen, den Apennin zu durchqueren, aber während es auf den Karten problemlos aussah, brauchten sie viele Stunden dafür und mussten auf die Pause in Bobbio verzichten und kamen bei Einbruch der Dunkelheit nach Piacenza. Belbo war müde, er wollte mit Lorenza nun wenigstens schön zu Abend essen und nahm ein Doppelzimmer in dem einzigen noch nicht voll besetzten Hotel, nahe am Bahnhof. Als sie in das Zimmer traten, erklärte Lorenza, an so einem Ort werde sie nicht schlafen. Belbo versprach ihr, gleich etwas anderes zu suchen, sie solle ihm nur die Zeit lassen, an der Bar unten rasch einen Martini zu trinken. An der Bar fand er nur einen italienischen Cognac, und als er wieder ins Zimmer kam, war Lorenza nicht mehr da. Er ging an die Rezeption, um nach ihr zu fragen, und da lag eine Nachricht für ihn: »Liebster, ich habe einen prächtigen Zug nach Mailand gefunden. Ich fahre ab. Wir sehen uns nächste Woche.«
    Er war zum Bahnhof gelaufen, aber die Gleise waren schon leer. Wie in einem Western.
    Er war dann die Nacht über in Piacenza geblieben. Er hatte einen Kriminalroman gesucht, aber auch der Kiosk am Bahnhof war geschlossen. Im Hotel fand er nur eine Illustrierte des Touring Club Italiano.
    Zu seinem Unglück gab es in der Illustrierten eine Fotoreportage über die Apenninenpässe, die er soeben überquert hatte. In seiner Erinnerung — verblasst, als wäre ihm die ganze Geschichte vor langer Zeit passiert — waren sie eine sonnenverbrannte, dürre, staubige Erde, übersät mit Steinsplittern. Auf den Hochglanzseiten der Illustrierten waren sie Traumlandschaften, die man sogar zu Fuß wieder aufsuchen würde, um sie Schritt für Schritt noch einmal zu genießen. Das Samoa von Surabaya-Jim.
    Wie kann einer in sein Verderben laufen, bloß weil er einen Hund überfahren hat? Und doch muß es so gewesen sein. In jener Nacht in Piacenza muß Belbo zu dem Schluss gekommen sein, dass er keine weiteren Niederlagen mehr erleiden würde, wenn er sich erneut aus der Realität in den Großen Plan zurückzog, denn im Großen Plan war er es, der entscheiden konnte, wer, wie und wann.
    Und es muß in derselben Nacht gewesen sein, dass er beschloss, sich an Agliè zu rächen, auch wenn er nicht genau wusste, warum und wofür. Er nahm sich vor, Agliè in den Großen Plan einzufügen, ohne dass er es merkte. Im übrigen war es ja typisch für Belbo, sich Revanchen zu suchen, deren einziger Zeuge er selber war. Nicht aus Scham, sondern aus Misstrauen in die Zeugenschaft anderer. Wenn es gelang, Agliè in den Großen Plan

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