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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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jenseits aller bürokratischen Argumente — denn auch die Gemeinderegister können jenseits der Buchstabenform gelesen werden — gibt es die Argumente des Blutes, und das Blut sagt mir, dass meine Gedanken zutiefst talmudisch sind, und es wäre rassistisch von dir, zu behaupten, dass auch ein Goj so zuinnerst talmudisch sein kann, wie ich mich zu sein empfinde.«
    Sprach's und verließ den Raum. Als er draußen war, sagte Belbo zu mir: »Machen Sie sich nichts daraus. Diese Diskussion führen wir nahezu täglich, nur dass ich jeden Tag ein neues Argument anzubringen versuche. Tatsache ist, dass Diotallevi ein treuer Jünger der Kabbala ist Aber es hat auch christliche Kabbalisten gegeben. Und schließlich, sagen Sie selbst, Casaubon, wenn Diotallevi unbedingt Jude sein will, kann ich mich kaum widersetzen.«
    »Kaum. Seien wir demokratisch.«
    »Seien wir demokratisch.«
    Er zündete sich eine Zigarette an. Ich erinnerte ihn an den Grund meines Besuches: »Sie haben gesagt, Sie hätten ein Manuskript über die Templer.«
    »Ja, stimmt... Warten Sie mal, es war in so einer Kunstledermappe... « Er wühlte in einem Stapel von Manuskripten und versuchte, eins aus der Mitte herauszuziehen, ohne die anderen abzuheben. Riskante Operation. Tatsächlich brach der Stapel zusammen und ergoss sich zum Teil auf den Boden. Aber Belbo hielt nun die Kunstledermappe in Händen.
    Ich warf einen Blick aufs Inhaltsverzeichnis und überflog die Einleitung. »Betrifft die Verhaftung der Templer. Im Jahre 1307 ließ Philipp der Schöne alle Templer in Frankreich verhaften. Aber es gibt da eine Legende, nach der zwei Tage, bevor Philipp den Haftbefehl erteilte, in Paris ein Heuwagen, von zwei Ochsen gezogen, mit unbekanntem Ziel die Umfriedung des Tempels verließ. Es heißt, es sei eine Gruppe von Rittern unter der Führung eines gewissen Aumont gewesen und sie seien nach Schottland geflohen, um sich dort einer Maurerloge in Kilwinning anzuschließen. Der Legende zufolge haben die Ritter sich mit den freien Maurerzünften identifiziert, in denen die Geheimnisse des Salomonischen Tempels tradiert wurden... Hier, bitte, hab ich mir gleich gedacht. Auch der hier behauptet, den Ursprung des Freimaurertums in jener Flucht der Templer nach Schottland gefunden zu haben. Eine Mär, die seit zweihundert Jahren ständig wiedergekäut wird, reinste Fantasie. Kein Beweis weit und breit, ich könnte Ihnen ein halbes Hundert Bücher anschleppen, die alle denselben Stuss erzählen, eins vom anderen abgeschrieben. Sehen Sie hier, das hab ich aufs Geratewohl aufgeschlagen: ›Der Beweis für die schottische Expedition liegt in der Tatsache, dass sogar heute, nach sechshundertfünfzig Jahren, noch immer Geheimbünde in der Welt existieren, die sich auf die Tempelritter berufen. Wie lässt sich die Fortdauer dieser Erbschaft anders erklären?‹ Verstehen Sie? Wie sollte es möglich sein, dass der Marquis von Carabas nicht existiert, wo doch auch der Gestiefelte Kater beteuert, in seinen Diensten zu stehen?«
    »Hab schon verstanden«, sagte Belbo. »Ich werfe das weg. Aber Ihre Templergeschichte interessiert mich. Jetzt, wo ich endlich mal einen Experten vor mir habe, will ich ihn mir nicht entwischen lassen. Wieso reden alle immer nur von den Tempelrittern und nicht zum Beispiel auch von den Maltesern? Nein, sagen Sie's mir nicht jetzt. Es ist schon spät, Diotallevi und ich müssen gleich zu einem Abendessen mit Signor Garamond. Aber ich hoffe, wir werden so gegen halb elf damit fertig sein. Wenn ich kann, überrede ich Diotallevi, auf einen Sprung zu Pilade mitzukommen — er geht gewöhnlich früh schlafen und ist Abstinenzler. Sind Sie dort zu finden?«
    »Wo sonst? Ich gehöre zu einer verlorenen Generation und finde mich nur wieder, wenn ich in Gesellschaft der Einsamkeit meinesgleichen beiwohne.«

13
    Li frere, li mestre du Temple
Qu’estoient rempli et ample
D’or et d’argent et de richesse
Et qui menoient tel noblesse,
Où sont il? que sont devenu?
    (Die Brüder, die Meister des Tempels
Die angefüllt waren und reichlich
Mit Gold und Silber und Schätzen
Und die solchen Adel führten
Wo sind sie geblieben? Was ist aus ihnen geworden?)
    Chronique à la suite du roman de Favel
     
    Et in Arcadia ego. Pilade war an jenem Abend das Inbild des Goldenen Zeitalters. Es war so ein Abend, an dem man spürte, dass die Revolution nicht nur gemacht werden, sondern vom Unternehmerverband gesponsert sein würde. Nur bei Pilade konnte man den Besitzer

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