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Das Geflecht

Das Geflecht

Titel: Das Geflecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Laudan
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können. Doch das Seil fing ihn auf.
    «Alles klar!», meldete Tia an Leon. «Lasst ihn runter, aber schön langsam! Ich komme nach.»
    Wenige Minuten später standen alle wohlbehalten am Fuß der Felswand: Tia, Leon, Daniel und seine vier Begleiter. Die jungen Männer schwiegen betreten, während ihr geretteter Anführer sichtlich nach Worten rang.
    «Merci», brachte er schließlich hervor.
    «Lass dir das eine Lehre sein!», mahnte Tia ernst.
    «Ich versprech’s», sagte Daniel beschämt.
    «Es ist wohl besser, wenn ihr jetzt geht. Und beim nächsten Mal solltet ihr vorsichtiger sein.»
    Die jungen Leute wandten sich gehorsam zum Gehen. Zweifellos saß der Schreck ihnen noch in den Gliedern, und sie wagten keinen Widerspruch. Lediglich Daniel hatte sich nicht vom Fleck gerührt.
    «Er hält dir die Hand hin», raunte Leon Tia zu.
    «Oh.» Tia hob die ihre und tastete unsicher in der Luft.
    «Sie kann es nicht sehen», erklärte Leon dem Schweizer.
    «Wie?», murmelte dieser entgeistert.
    «Ich bin blind», erklärte Tia, fand endlich seine Hand und drückte sie. Da sie fühlte, dass er sie noch immer anstarrte, wandte sie sich demonstrativ ab und begann, die Riemen ihres Klettergurts nachzuziehen. Endlich verrieten tappende Schritte, dass Daniel sich seinen Kameraden anschloss und die Halle verließ.
    «Die waren garantiert ohne Lizenz hier», meinte Leon, als sie sich außer Hörweite entfernt hatten.
    Tia nickte. «War ich sehr unfreundlich?»
    «Nein, es war gut so! Für meinen Geschmack hat der Kerl dich ein wenig zu aufmerksam gemustert.»
    «Na ja, immerhin habe ich ihm den Hals gerettet!»
    «Und ich dachte schon, gleich fragt er noch nach deiner Telefonnummer.»
    Tia lachte.
    «Was ist nun mit der Nische da oben?», fragte Leon. «Neuer Versuch?»
    «Gerne! Hast du denn noch Geduld dafür?»
    Leon seufzte. «Du weißt doch: Für dich tu ich alles.»

ERSTER TEIL
Kreisstadt Linden, Deutschland
••• 22. JULI •••

••• 17   :   04 ••• JUSTIN •••
     
    BETRETEN VERBOTEN
    LEBENSGEFAHR
    Die Buchstaben prangten auf einem Schild, das auf halber Höhe an dem schweren Gittertor angebracht war. Die zylindrischen Metallstangen glänzten in der Nachmittagssonne. Hinter dem Tor führte ein Gang ins Erdreich unter der Böschung. Er war sauber geschlagen, mit verwitterten Holzbalken abgestützt und verlor sich schon nach wenigen Metern in der Dunkelheit.
    «Da wären wir!», sagte der siebzehnjährige Justin, legte seinen Rucksack ab und zog einen dicken Winterpullover hervor. «Am besten ziehen wir uns erst einmal um.»
    «Soll das ein Witz sein?» Laura, die Freundin seines Klassenkameraden Finn, ließ stöhnend ihr Gepäck fallen. «Ich komme fast um vor Hitze!»
    «Nicht mehr lange», versprach Justin. «Glaub mir, da unten ist es kalt.»
    «Wie kommen wir überhaupt rein?», fragte Finn, der sich ein langärmeliges Hemd überstreifte.
    Justin grinste, griff in die Tasche und förderte mit der Miene eines Zauberers, der ein Kaninchen aus dem Hut zieht, einen Schlüsselbund zutage.
    «Woher hast du den denn?», staunte Finn.
    «Aus dem Büro meines Vaters. Er ist für die Aufsicht zuständig und muss da drinnen jedes Jahr irgendwelche Messungen machen.»
    «Und er hat ihn dir einfach so gegeben?»
    Justin lachte. «Quatsch. Aber ich wusste, wo er liegt. Keine Sorge, mein Vater wird ihn nicht vermissen – und uns auch nicht. Ich habe ihm erzählt, dass wir im Tiffany’s feiern und dass es spät wird.»
    Dana, Justins Freundin, blickte ihn beklommen von der Seite an. «Aber   … das ist doch sicher gefährlich!»
    «Ach was, überhaupt nicht! Mein Vater hat Leitern und Geländer einbauen lassen, zur Sicherheit.»
    «Und was gibt’s da drin zu sehen?», wollte Finn wissen.
    «Genau das wollen wir ja rausfinden! Das Bergwerk soll über hundertfünfzig Jahre alt sein. Vielleicht finden wir irgendwelche Schätze.»
    «Na klar», spottete Laura. «Da geht’s bestimmt in die Minen von Moria. Ich glaub, du guckst zu viele DVDs.»
    «Sehr witzig!» Justin trat an die Gittertür, drückte den Schlüssel ins Schloss und mühte sich eine Weile, bis die Mechanik mit einem hörbaren Knirschen nachgab.
    «Hereinspaziert in die Tiefen der Erde!»
    Er öffnete einen der Türflügel und wandte sich mit einer galanten Geste seinen Freunden zu.
    «Werden wir uns da drin auch nicht verlaufen?», fragte Dana.
    «Ich habe für alles gesorgt.» Justin zog eine Karte aus seinem Rucksack. «Hier ist ein

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