Das Geheimnis der chinesischen Vase
links. »Meine Pistole, Reichert, ist geladen.«
Vor Überraschung blieb Tarzan
die Spucke weg. Die Stimme! Zum Henker, die kannte er doch!
Der Boss — Schaudigs
geheimnisvoller Komplize — trat auf den Pfandleiher zu, mit einer kleinen
Pistole in der Hand.
Mich laust der Affe!, dachte
Tarzan. Ich fasse es nicht! O weh! Dann wird es wohl doch nichts mit meiner
Reportage über jugendliche Kaufhausdiebe — es sei denn, ich interviewe Hempel
im Gefängnis. Aber mir wird er bestimmt nichts mehr erzählen.
Der Boss — das war niemand
anders als der Kaufhausdetektiv Werner Hempel.
Grinsend baute er sich vor
Reichert auf.
»Haben wir es uns doch gedacht,
Reichert. Du würdest kommen. Wir wussten es. Deine Gier nach der Vase war
größer als deine Vorsicht. Schlauer Plan, den wir da ausgekocht haben, was?
Aber keine Sorge! Dir bleibt noch ein Schlupfloch. Sicherlich — wir könnten
dich der Polizei übergeben. Schaudig hat hübsche Fotos gemacht. Herrliche
Beweise — wie du hier in meiner Bude stehst, den Glasschneider in der Hand.
Aber du kannst die Fotos kaufen. Reichert. Für 300 000! Das zahlst du doch aus
der Westentasche und...«
Weiter kam er nicht.
Tarzan hechtete zum Fenster
hinein, prallte mit vorgereckter Schulter gegen Hempel, was den von den Beinen riss,
und entwand ihm die Pistole. Alles ging so schnell, dass Hempel nicht reagieren
konnte.
Ohne den Abzug zu berühren,
hielt er die Mündung zu Boden gerichtet. Niemals — auch im Notfall nicht —
hätte er die Waffe benutzt. Wozu auch? Für die drei Figuren brauchte er nur
seine Fäuste. Aber dass er die Waffe hatte, schüchterte die Halunken natürlich
gewaltig ein.
Offenen Mundes, mit
herausquellenden Augen starrte Schaudig ihn an.
Hempel, der sich ächzend auf
dem Boden wälzte, begann wie ein Irrer zu lachen.
»Der Bengel!«, schrie er, wobei
er nach Luft schnappte. »Wieder der Bengel. Verdammt! Der macht uns alles
kaputt! Alles! Der ist der letzte Nagel zu meinem Sarg.«
Dann wälzte er sich wimmernd
auf den Bauch und vergrub das Gesicht in den Armen.
Verblüfft starrte der
Pfandleiher von einem zum anderen.
»Von Ihnen«, sagte Tarzan,
»möchte ich wissen: Was ist so wichtig und geheimnisvoll an diesem
Porzellangefäß dort? Weshalb wollten Sie die Vase stehlen?«
»Weshalb? Sie ist eine halbe
Million wert.«
»Sieht man ihr nicht an«,
meinte Karl vom Fenster her. »Aber es wird schon stimmen.«
Tarzan sagte: »Dort steht das
Telefon, Karl. Bitte, ruf Kommissar Glockner an. Die drei Herren können es kaum
noch erwarten, endlich hinter Gitter zu kommen.«
*
Wieder mal war es ein toller
Erfolg für die TKKG-Freunde.
Hempel und Schaudig gestanden
ihre Untaten. Langjährige Gefängnisstrafen erwarteten sie. Der Pfandleiher kam
etwas billiger weg. Aber auch er wurde verurteilt.
Schaudig bewies einen letzten
Rest von Charakter, indem er mit keiner Silbe erwähnte, dass Regina Hübner
heimlich Geld aus dem Banktresor »entliehen« hatte. Das blieb ein Geheimnis der
grauen Maus und ihrer Beschützer, der Freunde vom TKKG.
Wie sich erst jetzt
herausstellte, war für die Wiederbeschaffung der kostbaren Ming-Vase immer noch
eine Belohnung durch den rechtmäßigen Eigentümer ausgesetzt.
Ein warmer Regen für den TKKG.
Freilich — Gaby und Tarzan
nahmen je 50 Mark von ihrem Anteil, um Dieter Kisch für die verlorene Wette zu
bezahlen. Denn — wie Tarzan ganz richtig vermutet hatte: Die Reportage mit
Hempel kam nicht mehr zustande.
Allerdings — als sie Dieter das
Geld überreichen wollten, winkte er lässig ab.
»Freunde, wie käme ich mir denn
vor! Ich konnte Hempel, diesen Mistkerl, nie leiden. Jedesmal hat er mich
abblitzen lassen. Jetzt sitzt er. Das ist euch zu verdanken. Ich genieße meine
Schadenfreude. Aber dafür noch Geld nehmen — nein!«
»Auch gut!«, meinte Gaby. »Dann
geben wir’s Pia Friese. Die hat jetzt eine Menge Unkosten. Weil sie sich von
der Seidenraupe scheiden lässt.«
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