Perry Rhodan Neo 003 - Der Teleporter
Manche mögen sagen, ich sei ein Träumer.
Aber ich bin nicht der einzige.
(John Lennon, Imagine)
Prolog:
Der Überfall
Stell dir vor, dir erscheint ein Gespenst. Oder gleich deren drei, und eins davon blutet.
Du bist in einem dieser austauschbaren Zimmer in einem dieser austauschbaren Hotels in einer dieser austauschbaren Trabantenstädte, hast gerade den letzten aufgeweichten, fade schmeckenden Schokoriegel aus der Minibar verdrückt und surfst noch ein wenig im Netz, um müde genug zu werden, dass du hoffentlich bald schlafen kannst. Es ist noch nicht mal sieben Uhr abends. Aber morgen musst du sehr früh raus, und du solltest ausgeruht sein.
Die Übung ist dir nicht neu. Zur Not wirst du eine Schlaftablette einwerfen, spätestens um acht Uhr, und sie mit einem Glas überteuertem, eisgekühltem Rotwein hinunterspülen. Lieber wäre dir, du könntest darauf verzichten. Du bekommst Sodbrennen von dem Zeug.
Jedenfalls liegst du auf dem Bett, in Unterhose und T-Shirt. Der Anzug hängt fein säuberlich im Schrank, das frische, dem Koffer entnommene Hemd in der Duschkabine. Alter Trick der Handelsreisenden und fahrenden Künstler: zuerst die Dusche voll aufgedreht, auf heißester Stufe, damit sich Dampf bildet – der dann die Falten glättet. Viel besser und bequemer als bügeln.
Auf den hoch gestellten Oberschenkeln balancierst du das Netz-Tablet. Du überfliegst die Sportnachrichten. Deine Mannschaft hat verloren, schon wieder. Nicht gut, weil dich das eher aufregt als einschläfert. Also wechselst du zur Politik: Inhaltsleeres Gelaber funktioniert fast immer.
Bloß, dass dort die pure Hektik regiert. Die Kommentatoren überbieten sich mit dramatischen Formulierungen. Glaubt man ihnen, so scheint es nur eine Frage der Zeit, bis der globale Krieg ausbricht, und eine Frage des Ortes, wo er seinen Anfang nimmt. Taiwan? Der Nahe Osten? Zentralafrika? Oder gar auf dem Mond?
Zu den Mondbasen aller drei Supermächte gibt es keinen Funkkontakt mehr. Was ist dort oben los? Wieso hört man nichts mehr von der Aufklärungsmission der amerikanischen Astronauten um Major Perry Rhodan? Die Regierungssprecher werfen einander gegenseitig Sabotage vor und drohen mit Vergeltungsschlägen an anderen Fronten. Nicht, dass das Säbelrasseln der Militärs und die Panikmache der Journalisten sensationelle Neuigkeiten wären. Das geht schon seit Wochen und Monaten so. Trotzdem will bei dir nicht so recht Langeweile aufkommen. Krieg am Mond?
Na schön, dann Hardcore. Kultur. Kritik eines klassischen Konzerts in der Metropolitan Opera. Haydn, »Symphonie mit dem Paukenschlag«. Prima. Kaum poppt die Seite auf, gähnst du schon. Streckst den Oberkörper, räkelst dich wohlig ...
Funken sprühen – im ganzen Zimmer. Ein Schwall heißer Luft spült über dich hinweg, als hätte die Klimaanlage plötzlich beschlossen, ihre Funktion radikal zu verändern. Ein Kurzschluss? Du lässt das Tablet fallen, wirfst dich zur Seite, reißt die Decke hoch, ziehst sie dir über den Kopf.
Lächerlich, und peinlich. Nutzlos sowieso, falls der Klimakasten tatsächlich explodiert.
Als du den Kopf wieder hinausstreckst, siehst du sie. Die Gespenster, alle drei. Sie stehen mitten im Zimmer. Obwohl du die Tür versperrt hast und die Scheiben der Fenster, die man nicht öffnen kann, unversehrt sind.
»Hau ab!«, kreischt eine Stimme.
Sie gehört zu der Pistole, deren Mündung auf dich gerichtet ist. Du hast erhebliche Mühe, deine Schließmuskeln zu kontrollieren. Schusswaffen erzeugen diesen Effekt bei Menschen, die in der Realität nicht oft mit ihnen konfrontiert werden.
Deine Gedanken überschlagen sich. Die Pistole ist eine Glock, wie sie hierzulande Polizisten verwenden. Halb automatisch, zwölf Schuss, sehr zuverlässig, heißt es. Der sie hält, ist ein Jugendlicher, ein dicker Latino, mit schwarzen, ölig glänzenden Haaren. Er hat etwas an, was wie ein selbst gebastelter Raumanzug aussieht. Deine Panik steigert sich sprunghaft. Der Junge wirkt irre, außer Kontrolle, völlig unberechenbar. Funken tanzen in seinen Augen.
»Ihr kö... könnt alles haben«, stammelst du. »Meine Brieftasche liegt ...«
»Hörst du schlecht? Hau einfach ab!«
Du wälzt dich aus dem Bett, stolperst zum Schrank, reißt die Hose vom Bügel, schlüpfst hinein. Dein Fuß verfängt sich im Innenfutter, du hüpfst auf einem Bein, bewahrst gerade noch das Gleichgewicht ...
Die Begleiterin des Latinos hat nur eine Hand. Ihr linker Arm endet in einem Stumpf.
Weitere Kostenlose Bücher