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Das Geheimnis Der Schönen Toten

Das Geheimnis Der Schönen Toten

Titel: Das Geheimnis Der Schönen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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herbeiführte, die an den Extremitäten beginnt und dann zum Herzen hin fortschreitet. Sie sollte ruhig dort sitzen bleiben, wo sie war, und ich wollte mich nach Longner zurückbegeben, damit diejenige von uns, die Gott - darf ich Gott sagen, Vater, oder muß ich Zufall oder Schicksal sagen? -, damit diejenige von uns, die für den Tod auserwählt war, zu Hause sterben konnte. Ich verspreche Euch, Vater, ich hatte Gott nicht vergessen, ich hatte nicht das Gefühl, daß er mich aus seinem Buch gestrichen hatte. Es war so einfach, wie es bei Euch geschrieben steht: Von zweien wird einer auserwählt und der andere übrigbleiben. Ich ging nach Haus und spann, während ich wartete. Stunde um Stunde - denn das Gift hat keine Eile - wartete ich auf die Taubheit in den Händen, die mich am Spinnrocken unsicher machen und mich nach der Wolle tasten lassen würde, doch immer noch spannen meine Finger, und mein Handgelenk drehte sich, und an meiner Geschicklichkeit änderte sich nichts. Ich wartete darauf, daß sich die Kälte in den Füßen bemerkbar machte und an den Beinen hochkroch, doch da war keine Kühle und keine Unbeholfenheit, und ich konnte ungehindert atmen.«
    Sie ließ einen tiefen, befreiten Seufzer hören und lehnte den Kopf gegen die Wandtäfelung, da sie sich der Hauptlast der Bürde entledigt wußte, die sie ihnen gebracht hatte.
    »Ihr hattet Eure Wette gewonnen«, sagte der Abt mit leiser und kummervoller Stimme.
    »Nein«, entgegnete Donata, »ich hatte sie verloren.«
    Und kurz darauf fügte sie gewissenhaft hinzu: »Da gibt es noch ein Detail, das ich zu erwähnen vergaß. Wir küßten uns beim Abschied wie zwei Schwestern.«
    Sie hatte noch nicht geendet, sondern sammelte sich nur, um bis zum Ende fortfahren zu können, aber das Schweigen währte ein paar Minuten. Hugh stand von seinem Stuhl auf und goß aus der Flasche auf dem Tisch des Abts Wein in einen Becher, mit dem er zu ihr ging und ihn auf die Bank neben sie stellte, damit sie ihn leicht erreichen konnte. »Ihr seid sehr müde. Wollt Ihr Euch nicht ein wenig ausruhen?
    Ihr habt vollbracht, was Ihr tun wolltet. Was immer dies gewesen sein mag, Mord war es nicht.«
    Sie sah ihn mit der wohlwollenden Nachsicht an, die sie für alle jungen Menschen empfand, als hätte sie nicht fünfundvierzig, sondern schon hundert Jahre gelebt und gesehen, daß alle Tragödien irgendwann vorübergehen und der Vergessenheit anheimfallen.
    »Ich danke Euch, aber ich möchte diese Angelegenheit lieber zu Ende bringen. Um mich braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen. Laßt mich zum Ende kommen, und dann werde ich ruhen.« Um seine höfliche Geste anzuerkennen, streckte sie eine Hand nach dem Becher aus, und als Hugh sah, wie sehr selbst dieses geringe Gewicht ihr Handgelenk zum Zittern brachte, stützte er es, während sie trank. Das Rot des Weins verlieh ihren grauen Lippen für einen Augenblick den Glanz und die Farbe von Blut.
    »Laßt mich zum Ende kommen! Eudo kam nach Hause, und ich erzählte ihm, was wir getan hatten, und daß das Los, den tödlichen Becher zu trinken, mir erspart geblieben sei. Ich wollte nichts verbergen und war bereit, wahrheitsgemäß Zeugnis abzulegen, doch er wollte nichts davon wissen. Er hatte sie verloren, aber er wollte nicht zulassen, daß auch ich, seine Ehre oder die seines Sohnes verlorenging. Er begab sich in jener Nacht allein hinaus und begrub sie. Jetzt ist mir klar, daß Sulien, der selbst in einer tiefen Trauer gefangen war, ihm gefolgt sein muß. Er vermutete wohl, sein Vater sei zu einem Stelldichein unterwegs, doch statt dessen entdeckte er ihn bei einem Beerdigungsritus.
    Mein Herr hat aber nie davon erfahren. Es wurde nie ein Wort darüber gesprochen und durch nichts zu erkennen gegeben. Eudo erzählte mir, wie er sie gefunden habe. Sie habe wie schlafend auf dem Bett gelegen. Als die Erstarrung einsetzte, muß sie sich hingelegt und darauf gewartet haben, daß der Tod zu ihr kam. Die kleinen Dinge, die sie bei sich hatte, die ihr einen Namen und ein Sein gaben, nahm er mit und behielt sie, hielt es aber nicht vor mir geheim. Zwischen uns gab es keine Geheimnisse mehr, auch keinen Haß, sondern nur eine gemeinsame Trauer.
    Ob er die Dinge um meinetwillen wegnahm, weil er das, was ich getan hatte, als ein schreckliches Verbrechen ansah, wie man es, wie ich zugeben muß, durchaus könnte, und die Konsequenzen für mich fürchtete, oder ob er die Dinge selbst behalten wollte, da sie jetzt alles waren, was er noch von ihr

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