Das Geheimnis Der Schönen Toten
reglosen Haltung zurechtgesetzt, die sich über eine längere Besprechung hinweg aufrechterhalten ließ. Ohne ihren Umhang wirkte sie so zart von Gestalt, daß es den Anschein hatte, als könnte ein Mann sie mit den Händen umfassen.
»Ich muß Euch dafür danken, meine Herren«, sagte sie, »daß Ihr mir diese Audienz gewährt habt. Ich hätte schon früher darum bitten sollen, aber ich habe erst gestern von dieser Angelegenheit erfahren, die Euch beiden schon so lange zusetzt. Meine Familie ist allzusehr um mich besorgt und hatte die Absicht, mir alles Wissen zu ersparen, das mir Kummer bereiten könnte. Ein Fehler! Nichts bereitet mir mehr Kummer, als so spät herauszufinden, daß diejenigen, die um mich herum Lebensumstände verändern, um mir Schmerz zu ersparen, selbst Tag und Nacht gelitten haben.
Und das so unnötig, denn es hat nichts genützt. Ihr müßt mir doch darin recht geben, daß es eine Schmach ist, von Menschen beschützt zu werden, von denen man sehr wohl weiß, daß sie selbst schutzbedürftiger sind, als man je gewesen ist oder sein wird. Dennoch, es ist ein Fehler, der aus Zuneigung begangen wurde. Ich kann mich nicht darüber beklagen. Aber ich brauche ihn nicht länger zu ertragen. Pernel hat die Vernunft besessen, mir zu erzählen, was mir sonst niemand erzählen wollte. Es gibt jedoch noch immer Dinge, die ich nicht weiß, da sie sie selbst noch nicht wußte. Erlaubt Ihr mir zu fragen?«
»Fragt, was immer Ihr wollt«, erwiderte der Abt. »Laßt Euch Zeit damit, und sagt uns, wenn Ihr Ruhe braucht.«
»Wahrlich«, sagte Donata, »jetzt ist keine Eile mehr nötig. Die Toten sind vor jeder Verfolgung sicher, und die noch Lebenden, die in diesen Wirrwarr verwickelt sind, sind ebenfalls sicher, wie ich hoffe. Ich habe erfahren, daß mein Sohn Sulien Euch Grund zu der Annahme gegeben hat, er trage die Schuld an diesem Todesfall, über den hier gerichtet werden soll. Steht er immer noch unter Verdacht?«
»Nein«, erwiderte Hugh ohne Zögern. »Gewiß nicht unter dem Verdacht, einen Mord begangen zu haben.
Obwohl er gesagt hat und daran festhält und sich nicht davon abbringen lassen will, er sei bereit, einen Mord zu gestehen. Und, falls nötig, dafür zu sterben.«
Donata nickte langsam mit dem Kopf. Diese Neuigkeit schien sie nicht zu überraschen. Die steifen Falten ihres Leinengewands raschelten leise an ihren Wangen. »Das habe ich mir fast schon gedacht. Als Bruder Cadfael ihn gestern aufsuchen wollte, wußte ich noch nichts, was mich hätte zweifeln oder Fragen stellen lassen können. Ich dachte, alles sei so, wie es zu sein schien, und daß Ihr, Vater, immer noch einige Zweifel hättet, ob er nicht eine falsche Entscheidung getroffen habe und vielleicht doch den Rat erhalten solle, noch einmal über die Aufgabe seiner Berufung nachzudenken. Doch als Pernel mir erzählte, wie Generys gefunden worden ist und wie mein Sohn es unternommen hat, Ruald von jedem Makel zu befreien, indem er bewies, daß es sich nicht um Generys handeln könne...
Und wie er sich dann erneut die größte Mühe gab, diese Frau Gunnild zu suchen und lebend zu finden. . . Da ging mir auf, daß er einen unvermeidlichen Verdacht auf sich gelenkt hatte, nämlich als ein Mann, der viel zuviel weiß.
So viel vergebliche Mühe. Wenn ich nur davon gewußt hätte! Und er war bereit, diese Last auf sich zu nehmen?
Nun, wie es den Anschein hat, habt Ihr diesen Vorwand auch ohne meine Hilfe durchschaut. Gehe ich recht in der Annahme, Hugh, daß Ihr in Peterborough gewesen seid?
Wie wir hörten, seid Ihr erst vor kurzem aus den Fens zurückgekommen, und da Sulien so unmittelbar nach Eurer Rückkehr herzitiert wurde, mußte ich daraus den Schluß ziehen, daß es da eine Verbindung gibt.«
»Ja«, gab Hugh zu, »ich bin nach Peterborough geritten. «
»Und Ihr habt herausgefunden, daß er gelogen hatte?«
»Ja, das hatte er. Der Silberschmied hat ihn zwar über Nacht bei sich aufgenommen, das ist richtig, aber er hat ihm nie den Ring gegeben, diesen nie gesehen und von Generys nie etwas gekauft. Ja, Sulien hat gelogen.«
»Und gestern? Was hat er Euch gestern erzählt, nachdem er bei seinen Lügen ertappt worden war?«
»Er sagte, er habe den Ring die ganze Zeit in seinem Besitz gehabt, und Generys habe ihn ihm gegeben.«
»Eine Lüge gebiert die nächste«, sagte sie mit einem tiefen Seufzen. »Er hatte das Gefühl, gute Gründe dafür zu haben, aber kein Grund ist je gut genug. Lügen bringen am Ende immer
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