Das Geheimnis der toten Voegel
wie er ohne Geld klarkommen sollte, kreiste in seinem Hirn, und am Ende konnte er es nicht lassen, an dem Wodka zu nippen, den er eigentlich hatte aufheben wollen, bis er eine neue Stelle zum Campen gefunden hatte. Life is a hell, you know, but it still must go on, sagte er zu sich selbst im Rückspiegel und bog auf die Straße nach Visby ein.
Ein Gedanke nahm Form an. Wahrscheinlich war Mayonnaise, sein Kumpel, noch in Tofta. Da gab es Essen, Bier und die Möglichkeit, im Netz zu surfen, und wenn er Glück hatte, gab es sogar noch ein Vorzelt, unter das er Cecilias Auto nach Einbruch der Dunkelheit schieben konnte. Er traute sich nicht, Mayonnaise vorher anzurufen, das Beste war wahrscheinlich, einfach aufzutauchen. Die Aussicht auf Gesellschaft nach den Tagen der Einsamkeit munterte ihn auf. Eigentlich war es ein raffinierter Trick, ganz entgegen aller Logik mit neuem Aussehen nach Tofta zurückzukehren. Da würde er noch eine Weile sicher sein.
Aus reiner Freude darüber, eine Lösung gefunden zu haben, nahm Mubbe noch einen Schluck Wodka und schaltete das Radio ein.
»… wir haben keine weiteren Anweisungen erhalten, wo wir die Hühnerkadaver entsorgen sollen. Normalerweise gehen sie, falls man eine Infektion befürchtet, in eine Vernichtungsanlage auf dem Festland, aber jetzt will niemand sich um den Transport kümmern, und der Berg von Tierkadavern wächst. Seit einer der Mitarbeiter angesteckt wurde, gibt es keinen, der sich noch daranmachen will.«
»Für unsere neu dazugekommenen Hörer möchte ich noch sagen, dass wir hier im Studio X den Landesveterinär Håkan Broberg haben. Nach dem Beschluss, alles Geflügel auf der Insel zu töten, steht man nun vor dem Problem, was man mit den Kadavern machen soll. Wäre es nicht besser gewesen, die Tiere erst zu töten, wenn man für dieses Problem eine Lösung gefunden hätte? Wäre es nicht besser, eine Verbrennungsanlage vor Ort zu haben, anstatt die Kadaver zu transportieren, mit dem Risiko, das ein solcher Transport mit sich bringt? Wenn ich es richtig verstanden habe, dann herrscht unter den Tierärzten des Landes große Angst, weil man keine klaren Direktiven erhalten hat.«
Hans Moberg stöhnte laut vor sich hin. Wenn alles wie immer wäre und die Polizei nicht hinter ihm her, dann hätte er in dieser Woche glänzende Geschäfte machen können. Die Nachfrage nach Medikamenten war enorm. Es war eigentlich völlig scheißegal, ob man die Pillen nun Tamivir oder Tamiflu nannte. Das Wichtigste war der Glaube. Er konnte seine Arbeit in gewisser Hinsicht als eine Mission betrachten. Eine Wohltäterschaft, kombiniert mit gutem Gewinn.
Man durfte den Placeboeffekt nicht leugnen oder gar verachten. Wenn die Menschen wirklich an die Medikamente glaubten, die man ihnen verabreichte, dann wurden die Selbstheilungskräfte des Körpers mobilisiert. Der Stress nahm ab. Die Immunabwehr verbesserte sich. Als ein Ergebnis des verminderten Stresses fand sich der heilende Schlaf ein. Während des Schlafs reparierte der Körper seine kaputten Zellen, zerstörte Krebszellen und ließ Hormone fließen, und im Zusammenspiel zwischen Seele und Körper stellte sich Wohlbefinden ein. Irgendwo hatte er gelesen, dass der Placeboeffekt an die fünfundzwanzig Prozent ausmachen konnte. Der gegenteilige Fall, der so genannte Noceboeffekt, fand sich ein, wenn der Patient seinem Arzt nicht glaubte und den Eindruck hatte, nicht mit Respekt und Freundlichkeit behandelt zu werden. Es sollte unter Strafe gestellt werden, Menschen zu behandeln, ohne dabei Wohlwollen zu zeigen. Wenn eine Zuckerpille mit Hilfe des Placeboeffektes bis zu fünfundzwanzig Prozent Wirkung zeigte, dann musste sie ja wohl durchaus als potent angesehen werden. In Zeiten von Angst und Schrecken brauchten die Menschen Hoffnung.
Mubbe lehnte den Kopf an die Nackenstütze und versuchte, sich zu entspannen. Er war kein schlechter Mensch, denn sein Ansinnen war gut, durchdacht und wissenschaftlich belegt.
Die Diskussion im Radio über Geflügel störte ihn in seinen Gedanken, und er wechselte den Sender.
»… im Kalksteinbruch von Kappelshamn ist eine Leiche gefunden worden. Von Seiten der Polizei ist man sehr zurückhaltend mit Details über den Fund. Heute Vormittag hat ein Angestellter im ungelöschten Kalk Teile einer menschlichen Leiche gefunden. Die Polizei ist sehr interessiert daran, Informationen über einen Mann zu erhalten, der sich mit großer Wahrscheinlichkeit in der Nacht des 5. oder 6. Juli dort
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