Das Geheimnis des Templers - Episode I: Ein heiliger Schwur (German Edition)
Gemächern, die man prunkvoll für ihn und seine Leute hergerichtet hatte.
Während Gero sein warmes Bier schlürfte, grübelte er darüber, dass es sein Gewissen wesentlich weniger belastet hätte, wenn Rezzo von Hemmenrode, Lehrmeister, Mönch und Einsiedler, ihm die Beichte abgenommen hätte. Er war der Hausgeistliche der Breydenbacher und üblicherweise dafür zuständig, sich mit den Sünden der hiesigen Bewohner zu beschäftigen. Bei ihm hätte Gero keine Scheu gehabt, zu lügen oder etwas zu verschweigen. Rezzo war ein unsympathischer Asket, der in früheren Zeiten seinen Spaß daran gefunden hatte, die jungen Lateinschüler mit einer Weidenrute zu züchtigen, indem er ihnen in schöner Regelmäßigkeit den nackten Hintern versohlte – immer dann, wenn sie ihre Vokabeln falsch aufgesagt oder vergessen hatten, was oft genug vorkam. Vor ein paar Jahren war Gero ihm einmal an die Gurgel gesprungen, weil der Kerl versucht hatte, sogar Lissy den Rock zu heben, um sie vor aller Augen zu schlagen, weil sie angeblich nicht gut genug gelernt hatte.
Wie ein Berserker hatte Gero auf den ihm an Größe unterlegenen Mönch eingeprügelt. Rezzo war damals mit einem blauen Auge davongekommen und hatte Lissy seither nicht mehr angefasst.
Gero hatte wegen dieser Geschichte verständlicherweise den Zorn seines Vaters auf sich gezogen. Zur Strafe hatte er drei Tage im Kerker bei Wasser und Brot verbringen müssen und zehn Stockschläge auf die Fußsohlen erhalten. Doch das war Gero die Sache wert gewesen, angesichts der Tatsache, dass Rezzo ihm und Lissy nunmehr mit Respekt entgegentrat. Seitdem hatten Lissy und er beschlossen, bei der Beichte Rezzo gegenüber nur noch Belanglosigkeiten zu erwähnen und ihre wahren Sünden einzig Gott anzuvertrauen und vor ihm zu bereuen.
So hatte er es auch diesmal vorgehabt, aber nun musste er dem Erzbischof Rechenschaft ablegen, und Bohemond war ein freundlicher, zurückhaltender Mann, den er nur ungern belog.
Wenig später trat Gero, gewandet in die Farben der Breydenbacher, hinaus in die Halle und wurde von den bereits anwesenden Gästen mit einem anerkennenden Beifall begrüßt. Mindestens einhundert Würdenträger mit Begleitung hatten seine Eltern anlässlich seiner Ernennung zum Ritter geladen. Gero verneigte sich höflich und verschwand anschließend hastig die Treppe hinauf, wo er den Andachtsraum aufsuchen wollte, der, von der Hauptkapelle getrennt, direkt neben dem Schlafgemach seiner Eltern lag.
Dort sollte Bohemond ihm die Beichte abnehmen, bevor es anschließend zur Messe ging. Geros Nervosität steigerte sich noch, als er an der Eingangstür von der Gegenwart seines Vaters überrascht wurde. Richard von Breydenbach war mindestens so groß wie er selbst, breitschultrig und ähnlich gewandet. In seiner kostbaren, dunklen Hirschlederhose, schwarzen Stiefeln mit hohem Schaft und einem bunten Wappenrock über dem schwarzen, gesteppten Wams wirkte er recht eindrucksvoll, obwohl ihm die rechte Hand fehlte. Über seiner Uniform trug er ein stattliches Schwertgehenk. Das Wappen der Breydenbacher war in die silberne Runde am Ende des Griffs eingraviert worden.
Er war viel zu nah vor Gero stehengeblieben und fixierte ihn mit seinen eisblauen Augen, wie ein Wolf, der auf Beute lauert. „Denk dran, dass mehr als hundert Augenpaare auf dir ruhen und unser Lehensgeber dort drinnen auf dich wartet“, knurrte er dumpf. „Dass du mir ja keine Schande bereitest.“
Gero senkte den Blick und verbeugte sich leicht, bevor seine Augen verrieten, was er tatsächlich dachte. „Worauf Ihr Euch verlassen könnt, Vater“, antwortete er unterwürfig und hoffte, dass der Alte ihn endlich in Ruhe lassen würde. Doch sein Vater packte ihn am Arm, als er an ihm vorbeieilen wollte.
„Ich habe gestern eine Depesche aus Troyes vom Oberkommando der Templer bekommen. Schon nächste Woche können wir nach Trier aufbrechen und dich beim Ordenskomtur als Bewerber einschreiben lassen. Bruder Godefridus ist zwar nur ein Bruder der Verwaltung und erst ganz frisch im Amt, aber ich habe ihn auch zur anschließenden Messe und unserer kleinen Feier eingeladen, damit ihr euch schon mal kennenlernt.“ Sein Vater schlug ihm mit einem seltenen Lächeln auf die Schulter und dachte offenbar nicht daran, Geros Meinung zu dieser unvermittelten Entwicklung abzuwarten. „Von Trier aus kannst du mit dem nächsten Versorgungstrupp nach Franzien reiten, wo man dich dem Provinzmeister der Champagne vorstellen wird. Wenn
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