Das Geheimnis des Templers - Episode II: Im Namen Gottes (German Edition)
vor ihren Leib hielt. Darin trug sie ein größeres Bündel, in dem sich augenscheinlich weitere Decken befanden.
„Gut“, bestätigte Gero flüsternd. „Dann komm jetzt und lösch das Licht. Vertrau mir, ich weiß, wo es langgeht.“
Im Innern der Burg schien derweil alles still zu sein, nur das Schnarchen einiger Knechte und Mägde war zu hören und von irgendwoher ein Kichern, weil irgendwer mit den Wachen schäkerte. Was ihnen nur recht sein sollte, denn dann waren die Männer offenbar abgelenkt.
Trotz allem zitterte Lissy am ganzen Leib, als Gero sie wenig später mit schlafwandlerischer Sicherheit und in absoluter Finsternis die Treppe zum Kerker hinabführte.
In den vergitterten Verschlägen war im Moment sowieso niemand eingesperrt, was Gero Stunden zuvor schon ausgekundschaftet hatte, somit gab es dort weder grölende Gefangene noch deren Wächter. Vorsichtig ertastete er mit einer Hand das eiserne Gittertor, das offen stand und durch das man in einen modrig riechenden, unterirdischen Gang gelangte. Von dort aus kam man direkt zur Folterkammer und zu einem Seitenabzweig, der durch die Katakomben zu einem geheimen Ausgang führte, der in Kriegszeiten als Fluchtweg genutzt werden konnte.
Ihre Schritte hallten von den kalten Mauern wider, und von irgendwoher war ein stetiges Tropfen zu hören.
„Wuff!“ Gero schrak unvermittelt zusammen und fluchte leise, als er spürte, dass Lissy, die sich offenbar genauso erschrocken hatte wie er, eine hastige Bewegung vollzog.
Abrupt blieb er stehen. „Sag nicht, dass das Geräusch war, was ich denke, dass es war“, zischte er ärgerlich.
„Ich konnte Harko doch nicht einfach zurücklassen“, meinte Lissy kläglich. „Er ist mir wie ein Kind. Der Gedanke, ihn nie wiederzusehen, war mir unerträglich.“
„Heilige Scheiße“, fluchte Gero leise. „Halt ihm wenigstens das Maul zu, damit er nicht bellt!“ Missmutig zog er sie weiter. „Das fängt ja gut an, wir sind noch nicht verheiratet, und du widersetzt dich bereits meinen Befehlen.“
„Wer sagt denn, dass ich es nicht tue, wenn wir es sind?“, murrte sie schnippisch. „Ich hab mich nicht in dich verliebt, weil du dich aufspielst wie Vater. Ich liebe dich, weil du der netteste, sanftmütigste und zärtlichste Mann bist, den ich kenne.“
„Und du bist ein heimtückisches Luder“, gab er grummelnd zurück, in dem Wissen, dass sie genau wusste, wie sie ihn rumkriegen konnte. „Gib’s zu, Lissy, du weißt schon, dass ich dir so gut wie nichts abschlagen kann, wenn du mir in solcher Art schmeichelst!“
„Und du weißt, dass ich nichts von dir verlangen würde, was du nicht zu geben bereit wärst, stimmt’s?“
„Ja, so wird es wohl sein“, sagte er leise und drückte ihre Hand auf dem Weg in den Totensaal, wie man die Begräbnisstätte der Breydenbacher nannte. Sein Vater besaß die Burg noch gar nicht so lange. Im Jahre des Herrn 1281, ein Jahr nach Geros Geburt, waren er und seine Familie aus dem Hessischen hierhergezogen, weil sein Vater kurz zuvor die Breidenburg und die damit verbundenen Ländereien als Lehen vom damaligen Trierer Kurfürsten Heinrich II. von Finstingen zugesprochen bekommen hatte und Geros Mutter Jutta von Breydenbach, eine geborene von Eltz, sich somit ihrer Heimat näher fühlte. Trotzdem hatten hier unten seitdem schon einige Begräbnisse stattgefunden. Die traurigsten waren die seiner älteren Schwestern gewesen, die im Kindesalter an einem Fieber gestorben waren. Danach kamen noch etliche Begräbnisse von älteren Leuten, die in den Diensten seiner Eltern gestanden hatten, und ein paar jüngere Burschen, die bei Unfällen zu Tode gekommen waren.
„Sind wir bald draußen?“, fragte Lissy mit unbehaglich klingender Stimme. „Der Hund wird unruhig, wahrscheinlich kann er die verwesenden Knochen riechen.“
„Es dauert nicht mehr lange“, versicherte ihr Gero, der sich mit ihr an ein paar steinernen Sarkophagen entlangtastete.
Als sie die schwere Eichenholztür erreicht hatten und Gero den schmiedeeisernen Riegel zur Seite schob, war ihr Aufatmen deutlich zu hören.
Auch Gero verspürte Erleichterung, als ihnen kalte Schneeluft entgegenschlug und es plötzlich um einiges heller wurde, weil die verschneiten Felder rund um die Burg das fahle Mondlicht zurückwarfen, das sich just in diesem Moment durch die Wolken kämpfte.
„Warum müssen wir denn ausgerechnet bei Nacht davonlaufen?“, fragte Lissy leise, während der festgefrorene Schnee unter ihren
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