Das Geheimnis des Templers - Episode II: Im Namen Gottes (German Edition)
Stiefeln knirschte.
„Weil du sicher sein kannst, dass Vater nicht zulassen würde, dass du mich bei Tag auch nur ein Stück weit begleitest.“
Gero machte sich daran, das Pferd aus einem Unterstand zu befreien, der eigentlich für Ziegen gedacht war, die um diese Jahreszeit in den Stallungen gehalten wurden.
Der schwarze Hengst schnaubte leise, als Gero das Gepäck an seinen Sattel band. Harko schälte seinen weißen, struppigen Kopf aus dem Schal, in den sein Frauchen ihn eingehüllt hatte, und begann leise zu knurren, was Lissy sofort damit bestrafte, dass sie ihn komplett unter einem Zipfel des Tuches verschwinden ließ.
„Bei Gott, ist der riesig“, bemerkte sie beim Anblick des Streitrosses mit ehrfürchtiger Stimme. „Hast du ihm schon einen Namen gegeben?“
„Nein“, erklärte Gero und machte Anstalten, ihr in den breiten Rittersattel zu helfen. „Eigentlich wollte ich ihn hier zurücklassen und ein anderes Tier nehmen, weil ich so wütend auf meinen Vater bin, dass mir seine Geschenke gestohlen bleiben können. Aber in Anbetracht unserer Lage habe ich beschlossen, meinen Stolz zu überwinden und sogar das neue Schwert, das Vater mir zum Ritterschlag geschenkt hat, mitgenommen.“
„Ja, du hast recht“, bestätigte Lissy mit Blick auf den kostbaren Anderthalbhänder, den er beiläufig in einem Einschub am Sattel verstaute. „Auf das Ross und das neue Schwert zu verzichten wäre wohl ziemlich töricht gewesen.“
Bevor sie mit Geros Hilfe in den Sattel stieg, versicherte sie sich noch einmal, dass der Hund samt Tuch fest in ihrer Armbeuge kauerte. Als sie endlich breitbeinig im Sattel saß, half Gero ihr, die Kleider zu ordnen. Dann schwang er sich behände hinter seine zukünftige Frau und nahm die Zügel auf. Der feurige Hengst reagierte prompt auf seinen Schenkeldruck und begab sich sicheren Schrittes einen Steilweg hinunter zur Lieser, deren Rauschen im gesamten Tal zu hören war. Gero vermied es, sein Streitross unnötig anzutreiben, weil er schnelle Bewegungen vermeiden wollte, bis er außer Sichtweite der Späher war, die um diese Zeit gewöhnlich auf den Burgmauern Wache hielten.
„Wie wäre es, wenn du ihn Goliath nennst, wie den Riesen aus dem alten Testament?“, schlug Lissy wenig später vor, als sie in einen naheliegenden Wald hineintrabten.
„Damit ehrst du ihn aber nicht“, bemerkte Gero und grinste. „Ich hoffe doch sehr, dass er um einiges wendiger ist als Davids fußlahmer Gegner.“ Geschickt lenkte er das massige Tier um einen Baumstumpf herum. „Vielleicht sollte wir ihn deshalb eher David nennen“, erklärte er nach einem weiteren Ausweichmanöver, das der Hengst bravourös absolviert hatte. „Seine Beinarbeit kommt einem flinken Hirtenjungen um einiges näher.“
Gero spürte, wie angespannt seine Liebste war, trotz der kleinen Scherze, mit denen er sie von der eigentlichen Misere abzulenken versuchte. Als von ferne ein Wolf heulte, war es um ihre Beherrschung geschehen. Erst recht, als sich Harko genötigt sah, auf das Heulen mit einem Knurren und einem langgezogenen Jaulen zu antworten.
„Ich habe Angst“, gestand Lissy ehrlich. „Was ist, wenn uns hier draußen wilde Tiere oder Räuber begegnen?“
„Dann werde ich sie in die Flucht schlagen“, erwiderte Gero selbstbewusst. „Oder denkst du etwa, dass dich ein Feigling begleitet?“
Energisch schüttelte sie den Kopf. „Nein“, versicherte sie kleinlaut. „Es ist nur, dass ich noch nie nachts unterwegs war. Bis auf die Zeit, in der ich mit Vater aus Akko hierhergekommen bin. Damals waren die Männer ständig damit beschäftigt, unseren spärlichen Proviant gegen Wölfe, Bären und Räuber zu verteidigen, wenn wir es nicht mehr zu einem Kloster oder einer Komturei geschafft hatten. Ich musste mich dann immer unter Sätteln und Taschen verstecken. Es war furchtbar.“
Gero legte seinen freien Arm noch enger um ihre Taille, wobei er auch Harko zu fassen bekam, der sich nun wieder ruhig verhielt. Er konnte sich vorstellen, wie schrecklich es für Lissy gewesen sein musste, als kleines Mädchen beide Eltern auf so grausame Weise zu verlieren, nur um danach mit fünf verwilderten Kreuzrittern von Akko über Zypern auf abenteuerlichste Weise in die deutschen Lande zu ziehen. Und das, ohne deren Sprache zu verstehen und zu wissen, was sie mit ihr zu tun gedachten.
„Die Gegend hier ist einigermaßen sicher“, beruhigte Gero sie. „Vaters Männer durchkämmen regelmäßig die Ländereien, um nach
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