Das Geheimnis von Mikosma: Geblendet
wahrscheinlich schon öfter hier gewesen waren, drängten sich an ihnen vorbei und verschwanden in den vielen Gängen. Henry hatte sich schnell zurecht gefunden und wies seine Kameraden an, ihm zu folgen. Er wählte einen schmalen Gang, in dem sich eine kleine Wendeltreppe nach oben schlängelte. Luca begann zu stöhnen, gab es jedoch auf, weil er sah, dass Henry und Leandra bereits die ersten Stiegen mit einer unglaublichen Leichtfüßigkeit bewältigt hatten. Ihm blieb nichts anderes übrig, als den beiden zu folgen. Langsam erhellte sich der Gang und Leandra roch salziges Meerwasser. Die Geräusche des plätschernden Wassers und das Lachen der anderen Badegäste trieben Leandra noch schneller die enge Treppe hinauf. Henry erreichte als erster den Ausgang und stieß einen lauten Jubelschrei aus, in den Leandra ebenfalls einfiel, als auch sie das Freie betreten hatte. Vor ihnen breitete sich ein türkisfarbenes Meer aus, das sich in der weiten Ferne mit dem Himmel vereinigte. Friedlich schwappten kleine Wellen auf der blauen Oberfläche, die das typische Meeresrauschen erzeugten. Sein Name machte dem Meer alle Ehre. Auf einem schneeweißen Sandstrand, auf dem blaue Liegestühle aufgebaut waren, wuchsen Palmen mit hellgrünen Blättern und braunen Kokosnüssen. Sonnengelbe Bananen hingen wie Lianen herab und luden ein, davon zu kosten. Neben jeder Liege waren kleine Tischchen aufgebaut, auf denen verschiedene Eissorten und gekühlte Getränke zum Verzehr warteten. Auf dem Wasser trieben kleine Segelboote, aus denen Kinder ihre Beine ins Wasser baumeln ließen. Ge zähmte goldene Delfine trugen lachende Passagiere auf ihrem Rücken durchs Wasser und sprangen ab und zu in die Höhe, was ein lautes Gekicher der Reiter zur Folge hatte. Rosarote Flamingos stolzierten am Strand umher, gefolgt von blauen Pelikanen mit knallgelben Schnäbeln, in denen sie Eiswürfel zu den Liegen der Kinder beförderten. Damit es nicht zu heiß wurde, warteten kleine Elfen mit Blumenketten und niedlichen Baströcken auf das Wiederkehren der Kinder , um ihnen mit Straußenfedern kühle Luft zuzufächern. Es war einfach paradiesisch. Luca erklomm keuchend die letzte Treppenstufe und ließ sich kerzengerade mit dem Gesicht nach vorne in den Sand fallen.
»Ich kann nicht mehr! Ich schwöre euch, dass ich keinen einzigen Schritt mehr gehen werde!«, jammerte er.
So schnell wie Luca aber bei dem Anblick, der sich ihm hier bot, wieder auf den Beinen war, war rekordverdächtig.
Mit tellergroßen Augen rief er: »Auf was wartet ihr noch? Auf geht’s! Wer als erster im Wasser ist, hat gewonnen!«
Luca wollte schon losrennen, doch Leandra packte ihn gerade noch am Handgelenk und zog ihn zurück.
»Mein lieber Freund. Du wolltest doch keinen Schritt mehr gehen, oder? Zudem tragen wir, wie du vielleicht noch nicht bemerkt hast, keine Badekleidung. Du willst doch wohl nicht in deinen Unterhosen schwimmen?«, fragte sie mit zuckersüßer Stimme.
Luca blickte an sich herab und ließ die Schultern hängen.
»Kommt, da hinten gibt es einen Stand, an dem man Badekleidung bekommt.«
Henry deutete auf eine kleine Bude, die mit gelbem Stroh gedeckt war. Elfen waren damit beschäftigt, Kindern kleine gläserne Taschen in die Hände zu drücken, die mit einem schneeweißen, flauschigen Handtuch, Badeschuhen und Bikini oder Badehose gefüllt waren. Nachdem die drei sich eine Tasche gegriffen hatten, eilten sie schnell zu drei freien Liegen und breiteten ihre Handtücher darauf aus. Die beiden Jungen stiegen umständlich in ihre Badehosen – fest konzentriert darauf, ihr Hinterteil dabei zu verbergen. Mit verlegenem Lächeln sah Leandra sich um und entdeckte Um kleidekabinen, die aus Venusmuscheln bestanden und in allen Farben glitzerten.
»Ich werde mich schnell darin umziehen und meine Kleider und die Bücher ablegen. Ihr beide geht schon ins Wasser. Ich komme gleich nach«, sagte sie und lief schnurstracks auf die Muschel zu.
Wie von selbst öffnete diese ihre beiden Schalen und als Leandra eingetreten war, schloss sie sich langsam wieder. Ein kleiner Riegel fiel ins Türschloss und sorgte dafür, dass niemand mehr hereinstürmen konnte. Auch das Innere der Muschel leuchtete in den schönsten Regenbogenfarben und kleine Lämpchen gaben ein gedämpftes Licht. Leandra zog geschwind Jeans und T-Shirt aus, streifte ihre Turnschuhe von den Füßen und legte diese auf eine kleine, weiße Bank, die an der Muschel befestigt war. Sie kramte in ihrer Tasche und
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