Das Geheimnis von Vennhues
aus.
Er überblickte die verstreut umherstehenden Nachbarn und sah hinüber zum Garten von Manfred Heesing. Auch dort war niemand mehr von Kempers Leuten zu sehen.
»Was ist passiert?«, fragte er.
»Peter muss ihnen entkommen sein«, meinte Jürgen. »Keine Ahnung, wie. Jedenfalls versuchen sie, ihn jetzt wieder einzufangen.«
Birgit stand mit Manfred Heesings Frau in der Auffahrt. Sie legte ihrer verstört wirkenden Nachbarin einen Arm um die Schulter und sprach beruhigend auf sie ein. Die Frau schien überhaupt nicht zu verstehen, was sich dort in ihrem Garten abgespielt hatte.
»Ich habe einen Schuss gehört«, sagte Hambrock.
»Es wurde mehrmals geschossen«, erwiderte Jürgen. »Doch wie es aussieht, haben die Kugeln ihr Ziel verfehlt.«
»Und wo ist Manfred?«
Jürgen hob die Schultern. »Auch weg. Offenbar versucht er Peter zu helfen.«
»Verdammter Mist!«, entfuhr es Hambrock.
»Fahr ruhig weiter«, sagte Jürgen. »Wir kommen hier schon zurecht.«
Hambrock sah nochmals zu Birgit. Sie blickte auf und winkte ihm zu, dann wandte sie sich wieder ihrer Nachbarin zu.
»Also gut«, sagte Hambrock und stieg in den Mercedes. »Ich melde mich bei euch, sobald ich etwas erfahre.«
Auf dem Weg ins Dorf überholte Hambrock einige der bewaffneten Männer. Hambrock war inzwischen überzeugt, dass Josef Kemper der Kopf hinter dieser Aktion war. Er hatte die Alten zusammengetrommelt und war mit ihnen losgezogen. Wusste der Teufel, wie Kemper die Verbindung zwischen Peter und Manfred hergestellt hatte. Doch es war ihm gelungen. Und das, obwohl Hambrock selbst noch immer keine Ahnung hatte, welche Rolle Manfred bei der ganzen Sache spielte.
Am Friedhof überholte er erneut einen der alten Männer, der mit einem Jagdgewehr bewaffnet über die Schnellstraße lief. Im Vorbeifahren erkannte Hambrock ihn: es war Josef Kemper.
Er bremste ab und stellte den Warnblinker ein. Dann sprang er aus dem Wagen und lief Kemper entgegen.
»Mein Gott, Josef!«, rief er. »Was tut ihr hier nur?«
Kemper blieb stehen. Er sah Hambrock kraftlos an.
»Wir tun, was wir tun müssen, Bernhard«, sagte er unbeirrbar. »Das verstehst du nicht.«
Hambrock spürte Wut in sich aufsteigen.
»Nein, das verstehe ich wirklich nicht! Ihr hättet die Polizei rufen sollen. Dann wäre Peter jetzt wohl in Haft und nicht auf der Flucht vor einer Schar von Wildjägern im Rentenalter.«
»Die Polizei! Was hätte die Polizei schon tun können? Am Ende wäre Peter wieder davongekommen. So war es schon beim letzten Mal.«
»Und was hättet ihr stattdessen getan? Ihn umgebracht?«
Kempers Gesicht war wie versteinert.
»Er soll büßen für das, was er Mia angetan hat«, sagte er dann leise. »Willem war doch das Wichtigste, was sie hatte.« Er ließ das Gewehr sinken und warf es auf die Rasenkante neben der Straße. »Er hat ihr das Leben weggenommen.«
Hambrocks Wut war verraucht.
»Wo ist er jetzt? Weißt du das, Josef?«
»Er wird versuchen, durch das Moor zu entkommen. Ich habe den anderen gesagt, dass sie sich rundherum postieren sollen.«
Hambrock verkniff sich einen Kommentar. Er hatte nicht sonderlich viel Vertrauen in eine Truppe alter Bauern. Er holte sein Handy hervor. Das Netz war stabil und er erreichte ohne Probleme den Dienststellenleiter in Borken.
»Ist noch niemand bei Ihnen eingetroffen?«, fragte er Hambrock. »Es müsste jede Sekunde Verstärkung da sein.«
»Wir haben vor Ort eine veränderte Lage. Der Verdächtige ist flüchtig. Wir brauchen also jeden verfügbaren Mann. Vor allem müssen wir das Vennhueser Moor absperren und die Kollegen in den Niederlanden informieren. Vielleicht lässt sich auch ein Hubschrauber anfordern, dann könnten wir die unzugänglichen Gebiete im Moor aus der Luft absuchen.«
Der Dienststellenleiter versprach sich darum zu kümmern. Von Ferne hörte Hambrock ein Martinshorn, und ein Blaulichtwagen näherte sich auf der Schnellstraße.
Er wandte sich nochmals an Kemper.
»Weshalb hilft Manfred ihm?«, fragte er. »Kannst du mir das erklären?«
»Ich weiß es nicht. Ich habe Peter zufällig entdeckt. Er hat sich auf dem Hof der Heesings versteckt gehalten. Ich bin mit dem Fahrrad dort vorbeigekommen. Ich habe dann den anderen Bescheid gegeben und bin Peter bis zum Neubaugebiet gefolgt.«
Also hatte ich Recht!, dachte Hambrock. Manfred hat ihn auf dem Hof seiner Eltern untergebracht.
»Doch weshalb glaubt er, dass Peter unschuldig ist?«, fragte er. »Er würde wohl kaum so viel
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