Das Geheimnis von Vennhues
erschrocken an die Rückwand. Er sah zu Manfred, der ebenfalls in Deckung gegangen war. In seinen Augen lagen Angst und Verwunderung.
»Wer ist da?«, fragte Manfred atemlos.
Peter lugte vorsichtig durch die Lamellen. Ein gutes Dutzend Männer stand an der Auffahrt vor Manfreds Haus. Einige von ihnen erkannte er, andere hatten das Gesicht abgewandt oder standen im Schatten.
»Franz Heitmann, Alfons Finnentrop und Hubert Trostdorf«, sagte er. »Und noch ein paar andere.«
Ihm war sofort klar, dass sie seinetwegen gekommen waren. Sie mussten erfahren haben, dass er bei Manfred war. Nun wollten sie ihn einfangen und der Polizei übergeben. Wenn sie nicht Schlimmeres mit ihm vorhatten.
Er wandte sich um. Manfred sah ihn entgeistert an.
»Ich muss weg!«, sagte er.
Er hatte keine Zeit mehr, über das sonderbare Verhalten seines Freundes nachzudenken. Er musste fliehen. Eilig lief er durch den dunklen Garten zur Wallhecke.
Manfred rief ihm nach, doch Peter blickte sich nicht mehr um. Er musste raus aus Vennhues, so schnell wie möglich.
Er wollte über den Zaun springen, als ihn ein Geräusch zwischen den Haselsträuchern innehalten ließ. Die Zweige bewegten sich im Mondlicht, und eine Gestalt tauchte vor ihm auf. Im nächsten Moment sah er in den Lauf eines Jagdgewehrs.
Josef Kemper hielt den Finger am Abzug. Er sah ihm voller Genugtuung in die Augen. Es war zu spät. Peter saß in der Falle.
»Haben wir dich endlich«, sagte Kemper. In seinem Gesicht machte sich ein böses Lächeln breit. »Das wurde aber auch Zeit.«
28
Das Deckenlicht der Küche war ausgeschaltet, und es brannte nur das Lämpchen in der Dunstabzugshaube. Der Raum war in ein schwaches orangefarbenes Licht getaucht. Hambrock stand gedankenverloren am Fenster und blickte in die Nacht hinaus. Er fragte sich immer noch, wo Peter Unterschlupf gefunden haben könnte. Er musste sich ganz in der Nähe aufhalten, doch die Beamten der Kreispolizei hatten bislang noch keine Spur.
Die Tür zur Diele öffnete sich. Im Spiegelbild der Fensterscheibe sah er seine Mutter in die Küche treten. Sie blieb auf der Schwelle stehen und betrachtete ihn. Er drehte sich zu ihr um.
»Was machst du denn hier in der dunklen Küche?«, fragte sie.
»Ich denke nach«, sagte er.
Mit einem Seufzer ging sie zum Herd und holte einen Topf aus dem Hängeschrank. Dann griff sie nach einer Weinflasche.
»Du musst auch mal Feierabend machen«, sagte sie und entkorkte die Flasche. »Das ständige Grübeln bringt doch keinen weiter. Du musst mal an etwas anderes denken, wenn du auf neue Ideen kommen willst.«
Er lehnte sich gegen die Fensterbank und verschränkte die Arme.
»Ja, vielleicht hast du Recht.«
»Alle verfügbaren Polizeibeamten aus dem Kreis sind auf der Suche nach Peter«, sagte sie. »Sie werden ihn schon finden.«
Sie goss Wein in den Topf und stellte die Platte an.
»Setz dich doch zu uns ins Wohnzimmer. Ich mache deinem Vater und mir ein Glas Glühwein. Vielleicht möchtest du auch eines?«
Hambrock lächelte. Wahrscheinlich wäre es tatsächlich das Beste, zu entspannen und über etwas anderes zu reden.
»Gern«, sagte er und stellte sich neben sie. »Kann ich dir irgendwie behilflich sein?«
»Du bist ein Schatz.« Sie deutete auf die Obstschale auf dem Küchentisch. »Press doch rasch zwei Orangen aus. Ich werde dann Zimt und Nelken hinzugeben.«
Hambrock setzte sich an den Tisch und sah ihr zu, wie sie im Schrank nach den Gewürzen suchte. Dann nahm er eine Orange aus der Schale und griff nach dem Messer.
Da fiel es ihm ein. Plötzlich hatte er die Lösung vor sich. Es war ganz einfach, er hätte viel eher darauf kommen müssen. Er wusste nun, wo sich Peter Bodenstein aufhielt.
Es lag an dem, was Josef Kemper zu ihm gesagt hatte. Er hatte Hambrock aufgefordert, sich den Zeugen, der ihn belastet hatte, näher anzusehen. Es war Manfred Heesing gewesen, und Hambrock hatte schon vorher das Gefühl gehabt, dass er nicht aufrichtig gewesen war. Er hatte sie angelogen. Es konnte nur einen Grund geben, weshalb Manfred das getan hatte: Er wollte Peter schützen.
Manfreds Eltern waren im Urlaub, und ihr Hof bot sich als perfektes Versteck an. Hambrock war sich ganz sicher. Dort würde er Peter finden.
Das Läuten des Telefons ließ ihn zusammenfahren. Er sah zunächst zu seiner Mutter, dann zur verschlossenen Küchentür.
»Ich gehe schon«, sagte Mechthild Hambrock gleichmütig und ging hinaus in die Diele, wo das Telefon stand.
Wie betäubt sah
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