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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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genommen.«
    Unvermittelt sprang er auf die Füße, und wie ein Blitz brach der Zorn aus seinen Augen. Er schritt auf und ab in dem langen, schmalen Raum, in dem sie sich befanden. »Und mir wird befohlen, meine besten jungen Männer auszusenden, damit sie für diese Menschen kämpfen, die uns all diese Jahre verachtet und mit Füßen getreten haben!« rief er.
    Sheng hatte bisher immer in seines Vaters Haus außerhalb der Stadt gelebt, und er konnte die wenigen Male, da er diese fremden Menschen gesehen, die der General so haßte, an den Fingern seiner rechten Hand abzählen. Ein- oder zweimal hatte er sie auf der Straße erblickt, und ein- oder zweimal im Herbst, wenn das Gras auf den Hügeln hoch stand, hatte er sie wie wilde Tiere jagen sehen. Er hatte sie angestarrt, hatte ihren lauten Stimmen gelauscht und ihrer harten Sprache, von der er kein Wort verstand. Aber er selber wußte nichts von all diesen abscheulichen Dingen, die sie seinem Volk zugefügt hatten. So hörte er jetzt zu und sprach nichts, weil er selber von all dem keine Kenntnis hatte. Überdies war er Soldat. In den letzten Monaten hatte er gelernt, den Männern über ihm zu gehorchen, wie er auch verlangte, daß die Männer unter ihm seinem kleinsten Befehl gehorchten. Er antwortete nicht, sondern wartete ab, was der General ihm auftragen würde.
    Der General schritt ein paarmal hin und her, die Zähne unter seinem Schnurrbart zusammenbeißend, daß sie knirschten, und dann setzte er sich wieder und schlug mit beiden flachen Händen auf den Tisch.
    »Was getan werden muß, muß getan werden!« sagte er, noch immer mit lauter Stimme. »Viele Tage lang habe ich mich dem Allerhöchsten widersetzt und meine Leute zurückbehalten. Jetzt sind seine Befehle wie Befehle vom Himmel auf mich herabgekommen, und ich muß entweder gehorchen oder mir das Leben nehmen. Was für einen Zweck hat es aber, daß ich mir das Leben nehme, wenn dann ein anderer dem gleichen Befehl nachkommt?«
    Er hatte Sheng zum Sitzen aufgefordert, doch jetzt erhob Sheng sich, und er stand da, um seinen Marschbefehl entgegenzunehmen.
    »Ihr werdet Eure Leute bereitmachen, um mit den andern nach Burma zu gehen«, sagte der General barsch. »Ich selber werde Euch anführen. Wenn wir an der Grenze von Burma sind, werden wir alle auf unserem eigenen Boden lagern, bis wir Order erhalten weiterzumarschieren.«
    Sheng schlug die Hacken zusammen, salutierte und wartete dann wieder.
    »Wohin wir von dort aus gehen werden, steht noch nicht fest«, fuhr der General fort. »Man sagt, daß einige unserer Leute nach Indochina geschickt werden sollen, und es mag sein, daß wir in jenes Land einfallen werden. Die Gegner versprachen, das Land der Thais nicht zu betreten. Aber sie haben es betreten. Die Thais ergaben sich ihnen binnen fünf Stunden. Überall gewinnt der Feind. Er braucht keine Truppen, um zu gewinnen – alle sind bereit, sich ihm zu ergeben. Nur wir leisten Widerstand, obwohl wir sterben.«
    Der General seufzte; er lehnte sich vor und fuhr sich mit beiden Händen in die Haare. »Wir ziehen in eine bereits verlorene Schlacht«, ächzte er. »Ich weiß es, aber was sollen wir tun, damit es auch der Allerhöchste weiß?«
    »Beruhigt Euch«, erwiderte Sheng fest. »Wie kann die Schlacht verloren sein, wenn sie noch nicht stattgefunden hat?«
    Abermals seufzte der General. Er hob den Kopf und blickte in Shengs unerschrockenes und rechtschaffenes Gesicht. Er entsann sich des Mannes, wie er vor sechs Monaten von den Bergen gekommen war. Kaum zu glauben, daß innerhalb sechs Monaten eine so entscheidende Verwandlung vor sich gehen konnte. Sheng war wild wie ein Tiger dahergekommen, mit langen Haaren, die ihm struppig in die Augen hingen, mit zerlumpten Kleidern aus blauer Baumwolle, wie Bauern sie tragen. Wäre er kleiner gewesen, so hätte niemand ihn beachtet, und er wäre in die Reihen der Gemeinen gesteckt und dort gelassen worden, um sich allein hochzuarbeiten. Aber Sheng war nicht klein. Er war einen Kopf größer als die meisten Männer, und sonderbarerweise wuchs er noch immer, obwohl er schon über zweiundzwanzig Jahre zählte. Seine Hände waren doppelt so groß wie die gewöhnlicher Männer, und seine Füße paßten wegen ihrer Größe in kein Paar Sandalen, so daß ihm das Schuhwerk nach Maß gearbeitet werden mußte. Sogar seine Augen waren, wie alles an ihm, groß, und ihr Blick war groß und klar. Wo immer er ging, da drehten die Menschen sich nach ihm um, um ihm

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