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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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als was sie an Ruhestörungen von jenseits des Dschungels gehört hatten. Keiner der Dorfbewohner konnte lesen oder schreiben, und sie erfuhren nichts von der Außenwelt, noch kam jemals ein Mensch zu ihnen, so daß sie viel zu ahnungslos waren, um den einen Menschen zu hassen und den anderen zu lieben. So abseits von der Welt lag der Flecken, daß niemand auch nur einmal im Jahr von hier fortging; ebensowenig kam von draußen jemand hierher, denn wozu sollte man diesen Ort aufsuchen, da die Leute hier nur lebten, um den Boden für sich selbst zu bebauen, und es nichts zu kaufen oder zu verkaufen gab?
    Hierher kamen Mayli und Pansiao und der Engländer mit festen Schritten und wachsamen Augen. Es war später Nachmittag; alle Leute, außer einigen Greisinnen und Kindern, befanden sich auf den Feldern; als sie die Fremden gewahrten, stießen sie laute Schreie aus und rannten von den Äckern herbei. Eine Weile umstanden sie glotzend die Fremdlinge und tauschten einige Worte aus, welche die drei nicht verstanden. Aber sie blickten freundlich drein, fröhlich und kindlich; sie sahen auch gesund aus, abgesehen von einigen eiternden Insektenstichen und von Geschwüren an den Beinen, die vom zu langen Stehen in den nassen Reisfeldern herrührten. Je länger Mayli die Gesichter betrachtete, desto leichter wurde ihr zumute.
    »Ich glaube, daß es nur Bauern sind«, sagte sie zu dem Engländer. Sie setzte ein herzliches Lächeln auf, öffnete den Mund und zeigte hinein, um kundzutun, daß sie hungrig war. Sogleich gab es ein Geplapper unter den Frauen; sie erkletterten die Leitern zu ihren kleinen Häusern, die sich über dem Flußufer auf Pfählen erhoben, und brachten kalten Reis herbei sowie Fische auf großen Blättern. Das boten sie den dreien an, die beim Anblick des Essens ihren Hunger wachsen fühlten und es augenblicks verzehrten. Darüber lachten die Dorfbewohner laut.
    »Wir sind hier in Sicherheit und können hier bleiben«, sagte Mayli.
    »Scheint so«, meinte der Engländer.
    Mayli deutete den Fluß hinauf und hielt fünf Finger hoch, um zu zeigen, daß dort noch fünf andere waren. Hierauf gingen sie zu der Stelle, wo jene warteten, und die Dorfbewohner folgten ihnen in einiger Entfernung. Als sie dann die fünf sahen, brach großes Gerede aus; sie umschlossen die Fremden im Kreis, während sie zum Dorf zurückkehrten; sie lachten und schwatzten und starrten immer wieder auf die Gewehre der Engländer, anscheinend ahnungslos, wozu sie dienten.
    Dann brachten die Frauen noch mehr Eßwaren herbei, und alle aßen; dazu tranken sie kaltes, frisches Wasser, das sehr süß schmeckte, und es dauerte nicht lange, so herrschte große Freundschaft unter ihnen allen. Die Kinder drängten sich heran, um die Fremden anzuglotzen; die Frauen lachten und schwatzten in ihrer eigenen Sprache; die Männer nahmen die Gewehre zur Hand. Es war leicht zu sehen, daß keiner dieser Männer je zuvor ein Gewehr zu Gesicht bekommen hatte, und der kleine Engländer, der sie belustigen wollte, legte grinsend sein Gewehr an und schoß auf ein Vögelchen, das auf einem Ast saß, worauf es tot niederfiel. Darob schrien die Dorfbewohner vor Kummer und Schrecken auf und wichen von den Besuchern zurück.
    »Oh!« rief Mayli. »Warum mußten Sie auch zeigen, was Sie mit Ihrem Gewehr anstellen können?«
    »Es war ja nur Spaß«, stammelte der kleine Engländer. »Ich dachte, sie würden das gern sehen.«
    »Nicht jeder ist wie ihr zum Töten bereit«, gab sie zurück, und dann sagte sie zu dem großen Engländer: »Rasch … tun Sie so, als ob Sie ärgerlich wären … strafen Sie ihn zum Schein!«
    So trat der große Engländer vor und versetzte seinem Kameraden ein paar Ohrfeigen. »Laß dir’s gefallen«, murmelte er. »Sag kein Wort. Ich muß es tun – sie hat recht.« Er brüllte den Mann an, entriß ihm das Gewehr und gab es dem ältesten Dorfbewohner. Aber dieser Mann wollte es nicht haben, und auch die andern wichen vor dem schrecklichen Ding zurück. So nahm der Engländer alle drei Gewehre und lehnte sie in einer Reihe an einen großen Baum, der dort stand. Als die Dorfbewohner dies sahen, erhob sich lautes Gerede unter ihnen; keiner näherte sich dem Baum, und so war die Gefahr glücklich abgewendet.
    Als dann der Abend niedersank, gab es wiederum zu essen; in der Mitte des Dorfes wurde ein Feuer angezündet, das die Mücken fernhielt; die Männer brachten Matten heraus und schliefen beim Feuer, die Frauen aber schliefen in den

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