Das Generationenschiff
hoffte, dieser Blick würde sich niemals auf sie richten.
»Sie haben mir nie gesagt, daß Sie mit den Paradens verwandt sind«, sagte sie streng.
»Bin ich auch nicht. Tante Q ist die Schwester der Frau des Onkels meines Vaters, die einen Paraden geheiratet hat, nachdem ihr erster Ehemann an … also, meine Mutter sagte immer, es sei eine Überdosis Tante Q gewesen, die ihm täglich in großen Mengen verabreicht wurde. Mein Vater sagte immer, er hätte Spielschulden gemacht, und ich meine echte Spielschulden«, sagte er und betonte das letzte Wort.
»Weiter«, sagte Sassinak, und in ihren Mundwinkeln regte sich ein Lächeln.
Ford setzte sich mit einer Hinterbacke auf den Schreibtisch. »Tante Q galt als gute Partie, selbst für die Paradens, denn der ältere Bruder ihres ersten Ehemannes war Felix Ibarra-Jiminez Santon. Ja, diese Santons. Tante Q hat einen halben Planeten mit Gewürzplantagen und einer Goldmine geerbt. Eine echte Goldmine. Und dazu eine elektronische Fertigungsanlage. Außerdem war sie von Haus aus eine Darrell von den Westwich Darrells, die es vorziehen, ihre lukrativen Produkte als ›Sanitärtechnik‹ statt als Seife zu bezeichnen. Sie wäre also nicht verhungert, wenn sie sich mit einem Mishi-Tänzer davongemacht hätte.«
»Und was ist mit diesem Paraden?«
»Er gehörte einem untergeordneten Zweig der Familie an und hatte die Aufgabe, einen verläßlichen Bündnispartner zu finden. Angeblich hat er sie kennengelernt, während er als Botschafter tätig war. Er habe sie im Computer herausgesucht, und die Familie sei einverstanden gewesen, er solle sie unbedingt heiraten. Tante Q hatte die Nase voll davon, die fröhliche Witwe zu spielen, und suchte nach einem neuen ständigen Begleiter, also haben sie sich zusammengetan. Sie gebar ihm vertragsgemäß ein Kind, aber er hatte sich bereits nach etwas Aufregenderem umgesehen, wollte mehr Freiheit oder sonstwas, und sie ist mit ihrem Schneider durchgebrannt. Also behauptete sie, er sei vertragsbrüchig geworden, überließ den Paradens das Kind, behielt den Namen und die Hälfte seiner Besitztümer und vertrieb sich die Zeit damit, daß sie von einem gesellschaftlichen Ereignis zum nächsten kreuzte. Und der Familie Nachrichten schickte.«
»Aha«, sagte Lunzie. »Jetzt kommen wir zur Sache. Hat Sie mit Ihnen Kontakt aufgenommen?«
»Nein, in letzter Zeit nicht. Aber sie schickt immer wieder Nachrichten, klagt über ihre Gesundheit und bettelt darum, daß sie jemand besucht. Mein Vater hat mich vor Jahren gewarnt, mich nicht ihre Nähe zu wagen. Sie sei wie ein Schwarzes Loch, sauge einen in sich hinein, und danach wird man niemals wieder lebend gesehen. Er hat sie mir einmal vorgestellt. Vordergründig hat sie ihn umschmeichelt, ihm das Haar zerwühlt, ihn an ihren üppigen Busen gedrückt und ihm die süßesten Versprechungen abgerungen – und das alles binnen zwanzig Sekunden. Ich habe trotzdem überlegt, ihr einen Besuch abzustatten. Sie kennt jeden Tratsch, ist über alle Gerüchte auf dem laufenden und steckt doch nicht so tief drin, daß man befürchten müßte, sie werde überwacht.«
Sassinak dachte darüber nach. Würde ein tüchtiger Gegner nicht wissen, daß Sassinaks Stellvertreter mit einer scheinbar harmlosen, reichen alten Dame verwandt war? Aber sie hatte es selbst nicht gewußt. Und auch ihre Feinde konnten nicht alles wissen.
»Ich hatte vorgesehen, daß Sie im Sektorhauptquartier die Datenbankrecherchen durchführen«, sagte sie bedächtig. »Sie sind gut darin und nicht so auffällig wie ich.«
Ford schüttelte den Kopf. »Nicht unauffällig genug, jedenfalls nach dieser Kapriole nicht mehr. Aber ich weiß, wer dafür geeignet wäre: entweder Lunzie hier oder der junge Aygar.«
»Aygar?«
Ford zählte an die Fingern die Gründe ab, die dafür sprachen. »Erstens hat er einen triftigen Grund, in den Datenbanken zu recherchieren: die Kultur ist neu für ihn, und er muß so schnell und so viel wie möglich lernen. Zweitens hat noch niemand ein Profil von ihm angefertigt. Deshalb kann niemand sagen, ob eine bestimmte Anfrage für ihn untypisch ist. In dieser Hinsicht ist er sogar besser als Lunzie. Wer mißtrauisch ist, würde sofort darauf aufmerksam werden, wenn sie Anfragen stellt, die nicht ihr Fachgebiet oder die Ereignisse ihres eigenen Lebens betreffen. Und drittens: selbst wenn jemand ein Profil anfertigen würde, wären genau die Fachgebiete erfaßt, die er ohnehin bearbeiten soll.«
»Aber ist er denn
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