Das Geschwärzte Medaillon (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
etwas von der Sache mitbekam. Sie musste es nicht wissen. Noch war es nur meine Sache.
»Ich hatte Lust, es mal selbst zu übernehmen. Es ist so ein schöner Tag.«
Dass sie mir das abkaufte, war mehr als unwahrscheinlich. Der letzte Satz hatte sich schon für meine Ohren absolut falsch angehört. Wie war das dann bloß für Keiras.
»Ach so«, kam es trocken zurück.
»Es ist nicht irgendetwas anderes. Da gibt es nichts, das du mir erzählen möchtest?«
Ich biss mir auf die Lippen. Nur gut, dass sie mich nicht sehen konnte.
»Eigentlich nicht. Warum fragst du?«
»Weil du nicht gekommen bist.«
Ich verdrehte die Augen und wieder war es gut, dass sie das nicht sah.
»Ich habe dir nicht gesagt, dass ich komme.«
»Aber Craig.«
Ich beschleunigte meine Schritte. Ein Zeichen, dass mir dieses Gespräch nicht gefiel.
»Schön. Ich habe es dir aber nicht gesagt. Herrje, Keira, Craig und ich sind nicht eine Persönlichkeit. Ich treffe eigene Entscheidungen und manchmal kommt es sogar vor, dass ich ihn nicht über jeden meiner Schritte informiere. Es war nur ein Gedanke, den ich hatte und vielleicht noch in die Tat umgesetzt hätte.«
Ich klang patzig und sicher auch ein wenig zickig, aber das war mir gerade egal.
»Ist ja gut. Du musst nicht gleich an die Decke gehen. Was ist bloß schon wieder los mit dir?«
Ich wusste, dass die Schützerin in ihr erwacht war. Sie spürte meine Unsicherheit, meinen Zorn und vielleicht sogar meine Angst, die ich mir selbst noch nicht eingestand. Nicht mehr lange und die Schützerin in Keira würde erkennen, dass ich etwas verheimlichte, das vielleicht durchaus gefährlich werden konnte. Noch hatte ich ja keine Ahnung, mit was ich es zu tun hatte.
»Nichts. Ich habe nur schlecht geschlafen und deshalb Kopfschmerzen. Tut mir leid, wenn ich unfair war.«
»Ich dachte, das wäre besser geworden«, fragte sie nun wieder misstrauisch.
»Schon, aber ich musste heute Nacht an Clara denken und habe daher nicht so viel geschlafen. Mehr nicht. Ich rufe dich morgen an. Einverstanden?«
Ich wartete einen Moment auf ihre Antwort.
»Okay, aber sollte doch was sein, ruf an oder komm vorbei. Und wenn du Kopfschmerzen hast, dann geh schlafen.«
»Mach ich«, war das Letzte, was ich sagte, bevor ich auflegte. Schlafen gehen ... Das konnte vielleicht bei Kopfschmerzen helfen, aber es war nicht die Lösung für alles andere. Und ganz bestimmt nicht für das, was noch im Dunklen lag. Schlafen war nicht die Lösung.
Ich setzte mich wieder an die Kante. Ich musste eine Entscheidung treffen. So viel stand fest. Meine Augen verschließen war keine Option, die ich wählen konnte, so gerne ein egoistischer Teil von mir es wollte. Ich zerknitterte erneut das ohnehin schon sehr mitgenommene Papier mit der linken Hand, während meine rechte das Amulett umklammerte. Es gab nichts zu entscheiden. Die Entscheidung war mir schon lange vor meiner Geburt abgenommen worden. Ich war das Oberhaupt des Ordens von Alverra, ob es mir gefiel oder nicht. Frustriert und entschlossen pfefferte ich den Knäuel, der einmal der Brief gewesen war, in die Schlucht. Ich hörte keinen Laut, was nicht erstaunlich war, immerhin war es nur ein Stück Papier und kein Stein. Ich lehnte mich über die Kante und versuchte einen weißen Punkt auszumachen, welcher der Brief sein könnte, aber alles, was ich sah, war undurchdringliche Schwärze.
»So viel zum Brief«, murmelte ich, als ich immer noch wütend zu meinem Mustang ging und dabei eine Unmenge Staub aufwirbelte. Der Motor des Mustangs sprang, wie gewöhnlich, sofort an und schnurrte, als ich den ersten Gang einlegte. Ich wollte nach Hause. Ich brauchte meinen Laptop. Einen ruhigen Platz, an dem ich zudem auch noch Zugang zum Internet hatte.
Ich war ganz froh, dass Craig arbeiten war. Ich wollte nicht wieder erklären müssen, was ich tat oder in diesem Fall suchte. Ich lief oft mit meinem Laptop durch das Haus. Ich hatte eigentlich so gut wie überall Empfang. Jetzt gerade lief ich zu einem der Orte, an denen ich noch nie mit dem Laptop gearbeitet hatte. An diesen Ort zog ich mich eher zurück, wenn ich alleine sein wollte. An dem Ort fand mich nicht einmal Keira, weil sie dachte, dass ich ihn meiden würde. Es war das kleine Gewächshaus meiner Mutter, das im kleinen Hof stand und so dicht bepflanzt war, dass man nicht von außen hineinsehen konnte. Meine Mutter war eine begabte Gärtnerin gewesen. Als ich jünger war, hatte ich das Gewächshaus tatsächlich gemieden.
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