Das Gestirn der Ahnen
und wunderte sich, warum sie zitterten. Dann bemerkte er, daß er fror und nahm sich vor, seinen Pullover anzuziehen.
Er betrat das Raumschiff. Jemand rief seinen Namen und führte ihn in einen kleinen Raum, in dem bereits eine Anzahl von Männern auf seltsam geformten Betten lagen. Gehorsam legte er sich auf eine der Liegen und ließ sich anschnallen. Plötzlich hatte er das Gefühl, in einer Falle zu sitzen.
Er wollte aufstehen, aber die Gurte hielten ihn fest. Er schrie. Dann fühlte er einen Stich im Arm und eine fremde Stimme versicherte ihm, daß alles in Ordnung sei.
Die Stimme log, er wußte genau, daß nichts in Ordnung war! Dann wurde er wieder ganz ruhig und gelassen, als die Spritze zu wirken begann.
Er schlief.
Nach langer Zeit öffnete er wieder die Augen. Er stellte erstaunt fest, daß sein ganzer Körper schmerzte und daß er heftiges Nasenbluten hatte. Außerdem war ihm sterbensübel.
Er sah sich um.
Der Raum glich der Unfallstation eines Krankenhauses, vollgestopft mit menschlichen Körpern, die sich vor Schmerzen wanden und dabei stöhnten. Eine Gestalt bewegte sich von Liege zu Liege und gab eine Spritze nach der anderen. Dann erschien sie vor ihm und jagte ihm eine in die Vene.
Fairlie lag ganz ruhig und versuchte sich zu entspannen. Allmählich verschwand der bohrende Schmerz aus seinem Gehirn, und er war wieder fähig zu denken.
Das war ein Fehler, denn jetzt machte er sich klar, wo er sich befand.
Über den höchsten Gipfeln. Über dem Himmel. Über dem Mond, weit in der gähnenden schwarzen Leere des Alls, auf dem Weg ins Unbekannte.
Fairlie wurde es wieder schlecht. Er wollte sich übergeben, aber die verdammten Spritzen hinderten ihn daran. Er wollte weinen, aber das konnte er auch nicht. Er konnte nur still daliegen und weiterleiden.
Einige der anderen Männer wachten ebenfalls auf. Auch ihre Gesichter zeigten einen erschreckten und furchtsamen Ausdruck. Sogar Thomason, der Mann aus Stahl, sah wie ein kleiner Junge aus, der nach seiner Mutter weinte.
Neben Fairlie saß Raab auf der Kante seiner Liege und rieb sich die Spuren des Nasenblutens aus dem Gesicht. Er sah gänzlich unbeteiligt drein, als gehöre er gar nicht dazu, aber trotzdem konnte er doch nicht ganz verbergen, daß er sich elend fühlte.
Fairlie versuchte sich vorzustellen, wie es wohl DeWitt und den anderen ergangen sein mochte, die das Raumschiff steuerten. Sie waren alles ausgesuchte Leute, die alle schon mehrmals auf dem Mond gewesen waren, aber dieser Flug war doch etwas ganz anderes.
Der Arzt ging von Liege zu Liege und maß überall Blutdruck, Puls und Temperatur. Er hieß Reicher. Er hatte sich erstaunlich schnell erholt und sah bereits wieder völlig normal aus. Winstedt lag immer noch wie ein nasser Sack auf seiner Liege. Neben Fairlie lag ein Astrophysiker, ein jüngerer Mann namens Wiley, dann kam ein Geologe und neben ihm noch ein Mathematiker, an deren Namen Fairlie sich nicht erinnern konnte.
Ihm gegenüber saß Christensen auf der Liege und hielt sich den Kopf mit beiden Händen. Reicher sprach ihn an, aber Christensen antwortete nicht. Der Arzt versuchte es ein zweites Mal. Diesmal hob Christensen den Kopf, sah ihn kurz an und sagte: „Es geht schon wieder. Bitte, lassen Sie mich in Ruhe.“
„Legen Sie sich hin“, bat Reicher. „Ich muß Sie untersuchen.“
„Nein.“ Christensen stützte sich auf die Liege und kam schließlich mit großer Anstrengung auf die Beine. Er schob Reicher zur Seite, als der Arzt ihm zu helfen versuchte. Er schwankte zwar noch etwas, aber trotzdem hielt er sich aufrecht. Dann lächelte er etwas spöttisch.
„Ist denn keiner hier, der jetzt eine schöne Bemerkung darüber macht, daß die Menschen wieder zu den Sternen zurückgekehrt sind?“ fragte er.
Nach dreißigtausend Jahren, dachte Fairlie. Ob unsere Brüder in Altair wohl den Krieg überlebt haben? Oder war dort alles zerstört und in Trümmern, wie in Gassendi? Wenn sie noch leben, werden sie sich dann an uns erinnern, werden sie noch an Kalber denken und die wenigen, die auf einem kleinen Planeten zurückgeblieben waren?
Dreißigtausend Jahre.
Wer weiß?
Fairlies Herz begann vor Aufregung schneller zu schlagen – obwohl ihm immer noch schlecht war, und obwohl er sich immer noch fürchtete.
12.
Die Aufregung hielt nicht lange an.
Fairlie saß zusammen mit Christensen, Winstedt und DeWitt in dem kleinen Aufenthaltsraum, der den einzelnen Wachen zur Verfügung stand.
„Wie ist es
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