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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Nagelhaut vom rechten Daumen ab und leckte das Blut, das aus der winzigen Wunde austrat, auf.
    Warum hatte er von dem Fräulein nichts mehr gehört? Er hatte angenommen, daß sie wieder auftauchen und versuchen würde, bei ihm ein gutes Wort für die Arbeiter einzulegen – Gründe genug hatte er ihr geliefert. Abernein, sie war wie vom Erdboden verschluckt. Waren die Leute ihr am Ende doch egal?
    Verflixt, er hatte seine Chance gehabt – bei ihrem Besuch in seinem Laden –, und er hatte diese Chance vertan!
    Ein tiefer Seufzer kroch aus Strobels Kehle und ging unvermittelt in ein Husten über. Im nächsten Moment wurde Strobels Leib so heftig geschüttelt, daß ihm die Brust schmerzte. Diese elend trockene Luft in der Glashütte!
    Strobel klopfte sich rhythmisch auf die Brust, und langsam ließ der Hustenanfall nach.
    Warum verschwendete er überhaupt noch einen Gedanken an das Flittchen? Zugegeben, die Sache war nicht so gelaufen, wie er es sich vorgestellt hatte. Er hätte nicht nur die Tür abschließen, sondern auch noch den Schlüssel abziehen sollen, dann hätte es für das Fräulein kein Entrinnen mehr gegeben.
    Aber gab es nicht genügend positive Punkte, die er statt dessen aufzählen konnte?
    Vorsichtig atmete Strobel tief durch. Na also, es ging doch.
    Allein das Geld, das er in den letzten Monaten verdient hatte!
    Auf seiner Hamburger Bank lagen gut 30 000 Reichsmark, die aus dem unglaublichen Aktiengeschäft stammten. Dazu kamen die knapp elftausend, die er zu Hause in einem Pappkarton unter seinem Bett aufbewahrte.
    Ein Pappkarton – wie ein altes Mütterchen, das seine Kreuzer in einen Sparstrumpf steckte! Strobel, wirst du etwa wunderlich? Der Gedanke ließ ihn leise kichern.
    40 000 Mark Gewinn – und alles hatte er der Bremer Schlüter-Reederei zu verdanken …
    Er hätte den Kredit beim Bankhaus Grosse in barablösen können. Aber das wollte er nicht. Ein gewisser Schein mußte schließlich gewahrt werden. Bisher hatte kein einziges dummes Schäfchen Verdacht geschöpft, und so sollte es auch bleiben.
    Inzwischen hatte Strobel die Nagelhaut des rechten Zeigefingers so weit bearbeitet, daß sie sich mit einem Biß ablösen ließ. Einen Moment lang schloß er die Augen und genoß den Schmerz, der sich durch seinen Finger zog.
    Das Weihnachtsgeschäft lief bestens. Seine Kundschaft hatte nicht schlecht gestaunt, als sie erfuhr, daß Strobel nun selbst eine Glashütte besaß. Man müsse mit der Zeit gehen, hatte er jedesmal nonchalant geantwortet und höchstens noch mit einem Schulterzucken hinzugefügt, daß eben alles eine Frage der Organisation sei.
    Und organisieren konnte er. Sein Ladengeschäft in Sonneberg war bei seinem neuen Verkäufer in den besten Händen. Strobel hatte selbst gestaunt, als er im Laufe der Zeit bemerkte, wie gut der Mann war. Die Kundschaft akzeptierte ihn, und er verstand es, die Auftragsblätter zu füllen – was wollte man mehr? Bisher hatte Strobel auch noch nicht feststellen können, daß der Mann irgendwelche Gelder abschöpfte. So konnte er seine eigene Zeit verstärkt der Glashütte widmen.
    Ja, alles lief bestens …
    Was zählte dagegen Wanda Miles? Oder ihre Tante, das alte Luder? Er sollte die Steinmann-Frauen vergessen, allesamt! Sie waren unwichtig.
    Friedhelm Strobel war so in seine Gedanken vertieft, daß er die Traube von Menschen, die sich vor der Glashütte versammelten, nicht bemerkte. Erst als man an seiner Tür rüttelte und im nächsten Moment zwei Polizisten vor ihm standen, schaute er auf.
    Â»Friedhelm Strobel?«
    Â»Ã„h, ja?« Er rückte seine Krawatte zurecht. »Falls Sie wegen Jockel kommen – die Angelegenheit hat sich inzwischen erledigt. Er ist doch nicht der Brandstif…«
    Â»Wir sind nicht wegen einem Ihrer Angestellten da!« unterbrach der eine Beamte ihn barsch. »Herr Strobel – Sie sind verhaftet! Ihnen wird vorgeworfen, in den Tatbestand der besonders schweren Urkundenfälschung, verbunden mit dem Straftatbestand des Betrugs, verwickelt zu sein.«
    Â»Was – wie … Aber ich …« Bevor Strobel verstand, was mit ihm geschah, packten die Polizisten ihn grob am Arm und zogen ihn nach draußen.

59. K APITEL
    Das Gerede, daß bei der Gründler-Hütte etwas im Busch war, verbreitete

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