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Das Glasperlenspiel

Das Glasperlenspiel

Titel: Das Glasperlenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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nicht recht überwunden. Statt sie sterben zu lassen, glaubten wir sie ausgraben und irgendwie fortsetzen zu müssen. Wir fühlten uns ihr verschuldet und wußten nicht, womit die Schuld zu bezahlen sei. Ist es nicht so?«
    »Ich glaube«, sagte Plinio nachdenklich, »du bist auch heute noch etwas allzu höflich. Du sagst›wir beides aber es waren ja nicht wir beide, die einander suchten und nicht finden konnten.
    Das Suchen, die Liebe war ganz auf meiner Seite, und so auch die Enttäuschung und das Leid.
    Was hat sich denn, ich frage dich, in deinem Leben geändert nach unsrer Begegnung? Nichts! Bei mir dagegen bedeutete sie einen tiefen und schmerzlichen Einschnitt, und ich kann darum nicht in das Lachen mit einstimmen, mit dem du sie abtust.«
    »Verzeih«, begütigte Knecht freundlich, »ich bin wohl voreilig gewesen. Aber ich hoffe dich mit der Zeit doch dahin zu bringen, daß du in mein Lachen einstimmst.
    Du hast recht, du bist damals verwundet worden, nicht durch mich zwar, wie du meintest und auch noch immer zu meinen scheinst, wohl aber durch die zwischen euch und Kastalien liegende Kluft und Entfremdung, die wir beide während unsrer Schülerfreundschaft überwunden zu haben schienen und die nun plötzlich so schrecklich breit und tief vor uns klaffte. Soweit du mir persönlich schuld gibst, bitte ich dich, deine Anklage freimütig auszusprechen.«
    »Ach, eine Anklage war es nie. Wohl aber eine Klage.
    Du hast sie damals nicht gehört, und willst sie auch heute, wie es scheint, nicht hören. Du hast sie damals mit Lächeln und guter Haltung beantwortet und tust es heute wieder.«
    Obwohl er Freundschaft und tiefes Wohlwollen im Blick des Meisters spürte, konnte er nicht 'aufhören, dies zu betonen; ihm war, dies lang und schmerzlich Getragene müsse nun einmal abgeworfen werden.
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    Knecht änderte den Ausdruck seiner Züge nicht. Er sann ein wenig, schließlich sagte er behutsam: »Ich beginne dich wohl erst jetzt zu verstehen, Freund. Vielleicht hast du recht, und es muß auch hierüber gesprochen werden.
    Ich möchte vorerst dich nur daran erinnern, daß du doch eigentlich nur dann das Recht hättest, ein Eingehen von mir auf das, was du deine Klage nennst, zu erwarten, wenn du diese Klage auch wirklich ausgesprochen hättest.
    Es war aber so, daß du bei jenem Abendgespräch im
    Gästehaus keineswegs Klagen äußertest, sondern du tratest, ganz wie auch ich, so forsch und tapfer wie möglich auf, du spieltest gleich mir den Tadellosen und den, der gar nichts zu klagen hat.
    Heimlich aber erwartetest du, wie ich jetzt höre, daß ich dennoch die heimliche Klage vernehme und hinter deiner Maske dein wahres Gesicht erkenne. Nun, etwas davon habe ich damals wohl bemerken können, wenn auch längst nicht alles. Aber wie sollte ich, ohne deinen Stolz zu verletzen, dir zu verstehen geben, daß ich Sorge um dich habe, daß ich dich bemitleide?
    Und was hätte es genützt, dir die Hand hinzustrecken, da doch meine Hand leer war und ich dir nichts zu geben hatte, keinen Rat, keinen Trost, keine Freundschaft, da doch unsre Wege so völlig getrennte waren? Ja, damals war mir das verborge ne Unbehagen und Unglück, das du hinter flottem Auftreten verbargst, lästig und störend, es war mir, offen gestanden, widerlich, es enthielt einen Anspruch auf Teilnahme und Mitgefühl, dem dein Auftreten nicht entsprach, es hatte etwas sich Aufdrängendes und Kindisches, so schien mir, und half meine Gefühle nur erkälten. Du erhobest Anspruch auf meine Kameradschaft, du wolltest ein Kastalier, ein Glasperlenspieler sein, und schienest dabei so unbeherrscht, so wunderlich, so an egoistische Gefühle verloren! So etwa war damals mein Urteil; denn ich sah wohl, daß von Kastaliertum bei dir beinahe nichts übriggeblieben war, du hattest offenbar sogar die Grundregeln vergessen. Gut, das war nicht meine Sache. Aber warum kämest
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    du nun nach Waldzell und wolltest uns als Kameraden begrüßen?
    Das war mir, wie gesagt, ärgerlich und widerlich, und du hast damals vollkommen recht gehabt, wenn du meine beflissene Höflichkeit als Ablehnung gedeutet hast. Ja, ich lehnte dich instinktiv ab, und nicht, weil du ein Weltkind warst, sondern weil du Anspruch darauf machtest, als Kastalier zu gelten. Als du dann nach so vielen Jahren neulich wieder auftauchtest, war nichts mehr davon an dir zu spüren, du sähest weltlich aus und sprachest wie einer von draußen, und besonders fremd berührte mich der Ausdruck von Trauer,

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