Das Glasperlenspiel
alltäglichen Ton und mit der Genugtuung, welche auf ein brav bestandenes Unheil, eine mit Erfolg bekämpfte Gefahr zurückblickt. Man erlabte sich an den Einzelheiten, jeder war auf seine Weise von dem Unerhörten überrascht worden, jeder
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wollte es als erster entdeckt haben, über einige besonders Furchtsame und Überwältigte wagte man sich lustig zu machen, und noch lange hielt eine gewisse Angeregtheit im Dorfe vor: man hatte etwas erlebt, Großes war geschehe n, es war etwas los gewesen!
An dieser Stimmung und am allmählichen Abflauen und
Vergessen des großen Ereignisses hatte Knecht keinen Teil. Für ihn blieb das unheimliche Erlebnis eine unvergeßliche Mahnung, ein nicht mehr zur Ruhe kommender Stachel, und für ihn war es dadurch, daß es vorübergegangen und durch Prozession, Gebet und Bußübung besänftigt worden war, keineswegs abgetan und abgewendet.
Es gewann sogar, je länger es vergangen war, für ihn desto größere Bedeutung, denn er erfüllte es mit Sinn, er wurde an ihm vollends zum Grübler und Deuter. Für ihn war schon das Ereignis an sich, das wunderhafte Naturschauspiel, ein unendlich großes und schwieriges Problem mit vielen
Perspektiven: einer, der dies gesehen hatte, konnte wohl ein Leben lang darüber nachsinnen.
Nur ein einziger im Dorf hätte den Sternenregen mit
ähnlichen Voraussetzungen und ähnlichen Augen wie er selbst betrachtet, sein eigener Sohn und Schüler Turu, nur dieses einen Zeugen Bestätigungen oder Korrekturen hätten Wert für Knecht gehabt. Aber diesen Sohn hatte er schlafen lassen, und je länger er darüber nachgrübelte, warum er das eigentlich getan, warum er bei dem unerhörten Geschehnis auf den einzigen ernst zu nehmenden Zeugen und Mitbeobachter verzichtet hatte, desto mehr verstärkte sich in ihm der Glaube, daß er da gut und richtig gehandelt und einer weisen Ahnung gehorcht habe.
Er hatte die Seinen vor dem Anblick behüten wollen, auch seinen Lehrling und Kollegen, und sogar ihn ganz besonders, denn niemandem war er so zugetan wie ihm. Darum hatte er ihm den Sternenfall verheimlicht und unterschlagen, denn einmal glaubte er an die guten Geister des Schlafes, zumal des
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jugendlichen, und ferner hatte er, wenn die Erinnerung ihn nicht täuschte, eigentlich schon in jenem Augenblick, gleich nach dem Beginn der Himmelszeichen, weniger an eine
augenblickliche Lebensgefahr für alle gedacht als an ein Vorzeichen und sich meldendes Unheil in der Zukunft, und zwar an eines, das keinen so nahe anging und betreffen würde wie ihn allein, den Wettermacher. Es war da etwas im Anzug, eine Gefahr und Bedrohung aus jener Sphäre her, mit welcher sein Amt ihn verband, und sie würde, in welcher Gestalt immer, vor allem und ausdrücklich ihm selber gelten. Sich dieser Gefahr wach und entschlossen entgegenzustellen, sich in der Seele auf sie vorzubereiten, sie hinzunehmen, aber sich nicht von ihr kleinmachen und entwürdigen zu lassen, das war die Mahnung und der Entschluß, welche er aus dem großen Vorzeichen zog.
Es würde dies kommende Schicksal einen reifen und mut igen Mann erfordern, darum wäre es nicht gut gewesen, den Sohn mit hineinzuziehen, ihn als Mitleidenden oder nur als Mitwisser zu haben, denn so gut er von ihm dachte, war es doch ungewiß, ob ein junger und unerprobter Mensch ihm würde gewachsen sein.
Der Sohn Turu freilich war sehr unzufrieden damit, daß er das große Schauspiel versäumt und verschlafen hatte. Mochte es nun so oder so gedeutet werden, eine große Sache war es in jedem Fall, und vielleicht würde in seinem ganzen Leben sich Ähnliches nicht mehr zeigen, es war ihm ein Erlebnis und Weltwunder entgangen, eine ganze Weile schmollte er
deswegen mit dem Vater. Nun, dies Schmollen wurde
überwunden, denn der Alte entschädigte ihn durch vermehrte zärtliche Aufmerksamkeit und zog ihn mehr als je zu allen Verrichtungen seines Amtes heran, sichtlich gab er im Vorgefühl kommender Dinge sich gesteigerte Mühe, in Turu vollends einen möglichst vollkommenen und eingeweihten Nachfolger zu erziehen.
Sprach er auch nur selten mit ihm über jenen Sternregen, so nahm er ihn doch immer rückhaltloser in seine Geheimnisse,
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seine Praktiken, sein Wissen und Forschen mit auf, ließ sich von ihm auch bei Gängen, Versuchen, Naturbelauschungen
begleiten, die er bisher mit niemand geteilt hatte.
Der Winter kam und verging, ein feuchter und eher milder Winter. Keine Sterne stürzten mehr, keine großen und
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