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Das Glasperlenspiel

Das Glasperlenspiel

Titel: Das Glasperlenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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Eindruck von Ungeduld und Gierigkeit machen, die Sache muß wie von selber spruchreif werden, nicht wahr? Ich hoffe dich mit dem Auftrag einverstanden und bitte um offene Aussprache jedes Einwandes, den du etwa zu machen hast. Wenn du es
    wünschest, stehen auch ein paar Tage Bedenkzeit zur
    Verfügung.«
    Knecht, den der Auftrag nach manchem vorangegangenen Gespräch nicht mehr überraschte, erklärte die Bedenkzeit für überflüssig, nahm den Auftrag gehorsam an, setzte aber hinzu:
    »Ihr wisset, daß Missionen dieser Art am besten gelingen, wenn der Beauftragte dabei nicht eigene innere Widerstände und Hemmungen zu bekämpfen hat. Ich habe gegen den Auftrag selbst keine Widerstände, ich begreife seine Wichtigkeit und hoffe ihm gerecht werden zu können. Eine gewisse Furcht und Bedrückung aber empfinde ich meiner Zukunft wegen; seid so gütig, Magister, und höret mein ganz persönliches, egoistisches Anliegen und Geständnis an. Ich bin Glasperlenspieler, wie Ihr wisset, infolge meiner Sendung zu den Patres habe ich nun zwei volle Jahre in meinen Studien versäumt, habe nichts
    hinzugelernt und meine Kunst vernachlässigt, nun kommt mindestens ein weiteres Jahr hinzu, wahrscheinlich mehr. Ich möchte in dieser Zeit nicht noch weiter zurückkommen. Darum bitte ich um öfteren kurzen Urlaub nach Waldzell und um ständigen Funkanschluß an die Vorträge und Spezialübungen eures Seminars für Fortgeschrittene.«
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    »Gern bewilligt«, rief der Meister und hatte schon etwas von Verabschiedung im Ton, da hob Knecht die Stimme and sagte auch das andere noch, nämlich, daß er befürchte, falls das Vorhaben mit Mariafels glücke, etwa nach Rom geschickt oder sonst weiter zu diplomatischen Diensten gebraucht zu werden.
    »Und diese Aussicht«, schloß er, »würde auf mich und meine Bemühungen im Kloster niederdrückend und hemmend wirken.
    Denn auf die Dauer in den diplomatischen Dienst abgeschoben zu werden, war mir äußerst unerwünscht.«
    Der Magister zog die Brauen zusammen und hob rügend den Finger. »Du sprichst von Abgeschobenwerden, das Wort ist wirklich schlecht gewählt, niemand hat je an Abschieben gedacht, eher an Auszeichnung, an Beförderung.
    Ich bin nicht befugt, dir über die Art, wie man dich späterhin verwenden wird, Auskunft zu geben oder Versprechungen zu machen. Doch kann ich deine Bedenken zur Not verstehen, und vermutlich werde ich dir behilflich sein können, falls du wirklich mit deiner Furcht recht behalten solltest. Und nun höre: du hast eine gewisse Gabe, dich angenehm und beliebt zu machen, ein Übelwollender könnte dich beinahe einen
    Charmeur heißen; vermutlich hat ja auch diese Gabe die Behörde zu deiner zweimaligen Absendung ins Kloster
    veranlaßt. Aber mache nicht allzuvielen Gebrauch von deiner Gabe, Josef, und suche nicht den Preis deiner Leistungen in die Höhe zu treiben. Wenn es dir mit dem Pater Jakobus glückt, so wird das der rechte Augenblick für dich sein, eine persönliche Bitte an die Behörde zu richten. Heute scheint es mir zu früh.
    Laß es mich wissen, wenn du reisebereit bist.«
    Schweigend nahm Josef die Worte entgegen, sich mehr an das hinter ihnen versteckte Wohlwollen als an die Rüge haltend, und reiste bald darauf nach Mariafels zurück.
    Dort empfand er die Sicherheit, welche ein genau umgrenzter Auftrag gibt, sehr wohltätig. Überdies war dieser Auftrag wichtig und ehrenvoll, und in einer Hinsicht traf er mit den
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    eigensten Wünschen des Beauftragten zusammen: soviel wie nur möglich sich an den Pater Jakobus anzuschließen und dessen volle Freundschaft zu erwerben.
    Daß seine neue Mission hier im Stift ernst genommen werde und er selbst im Range erhöht sei, bewies ihm überdies die etwas veränderte Haltung der Würdenträger des Klosters, namentlich des Abtes; sie war unvermindert freundlich, aber um einen spürbaren Grad respektvoller als vormals. Josef war nicht mehr der junge Gast ohne Rang, gegen den man seiner Herkunft wegen und aus Wohlwollen für seine Persönlichkeit artig ist, er wurde jetzt eher wie ein höherer kastalischer Beamter empfangen und behandelt, ein bevollmächtigter Gesandter etwa.
    Nicht mehr blind in diesen Dingen, zog er daraus seine Schlüsse.
    Bei Pater Jakobus allerdings konnte er keine Änderung des Verhaltens entdecken: die Freundschaftlichkeit und Freude, mit der ihn der Pater begrüßte und, ohne Knechts Bitte oder Mahnung abzuwarten, an die vereinbarte gemeinsame Arbeit erinnerte, rührte ihn

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