Das Glasperlenspiel
der Welt, deren geschichtliche Aufgabe die Erhaltung und Pflege des Geistes und des Friedens sei, so nebeneinander und einander beinahe fremd weiterlebten.
Die Römische Kirche habe die Erschütterungen und Krisen der letzten großen Kriegsepoche trotz schwerer Verluste
überstanden und sich durch sie erneuert und gereinigt, während die damaligen weltlichen Pflegestätten der Wissenschaft und Bildung mit in den Untergang der Kultur hineingeraten seien; erst auf ihren Trümmern seien der Orden und der kastalische Gedanke entstanden. Schon darum und schon ihres so
ehrwürdigen Alters wegen sei der Kirche ein Vorrang
einzuräumen, sie sei die ältere, vornehmere, in mehr und in größeren Stürmen bewährte Macht. Vorerst handle es sich darum, das Bewußtsein von der Verwandtschaft beider Mächte und ihrem Aufeinanderangewiesensein in allen etwa
kommenden Krisen auch bei den Römischen zu wecken und zu pflegen.
(Hier dachte Knecht: »Oh, also nach Rom wollen sie mich schicken und womöglich für immer!« und setzte sich, der Warnung des Alt-Musikmeisters eingedenk, innerlich alsbald in Bereitschaft zur Abwehr.) Meister Thomas fuhr fort: Ein wichtiger Schritt in dieser von kastalischer Seite schon seit langem angestrebten Entwicklung sei durch Knechts Mariafelser Mission geschehen. Diese Mission, an sich nur ein Versuch, eine höfliche Gebärde und zu nichts verpflichtend, sei ohne Nebenabsichten auf Einladung des dortigen Partners hin unternommen worden, andernfalls hätte man selbstverständlich nicht einen politisch ahnungslosen Glasperlenspieler, sondern etwa einen Jüngern Beamten aus dem Bereich von Herrn Dubois dafür verwendet. Es habe nun aber dieser Versuch, diese kleine harmlose Mission, ein überraschend gutes Resultat ergeben, es sei durch sie ein führender Geist des heutigen Katholizismus, Pater Jakobus, mit dem Geist Kastaliens etwas näher bekannt geworden und habe von diesem Geist, den er bisher durchaus
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ablehnte, einen günstigeren Begriff bekommen. Man sei Josef Knecht dankbar für die Rolle, die er dabei gespielt habe. Hier nämlich liege der Sinn und der Erfolg seiner Mission, und von diesem Punkt aus müsse nicht nur der ganze Versuch einer Annäherung, sondern besonders auch Knechts Sendung und Arbeit weiter betrachtet und betrieben werden. Man habe ihm einen Urlaub gewährt, der auch noch etwas verlängert werden könne, falls er dies wünsche, man habe sich mit ihm
ausgesprochen und ihn mit den meisten Mitgliedern der obersten Behörden bekannt gemacht, die Oberen hätten ihr Vertrauen zu Knecht ausgesprochen und hätten nun ihn, den
Glasperlenspielmeister, beauftragt, Knecht mit einem besonderen Geschäft und erweiterten Kompetenzen nach Mariafels zurückzusenden, wo er ja glücklicherweise eines freundlichen Empfanges sicher sei.
Er machte eine Pause, wie um seinem Zuhörer Zeit zu einer Frage zu lassen, aber dieser gab nur durch eine höfliche Gebärde der Ergebenheit zu verstehen, daß er aufmerke und seines Auftrags gewärtig sei.
»Der Auftrag, den ich dir zu übergeben habe«, sagte nun der Magister, »ist also dieser: wir planen, für früher oder später, die Einrichtung einer ständigen Vertretung unsres Ordens beim Vatikan, womöglich auf Gegenseitigkeit.
Wir sind, als die Jüngeren, Rom gegenüber zu einer zwar nicht servilen, aber sehr ehrfurchtsvollen Haltung bereit, wir wollen gerne den zweiten Rang einnehmen und ihm den ersten lassen. Vielleicht - ich weiß das so wenig, wie Herr Dubois es weiß - würde der Papst unser Anerbieten schon heute annehmen; was wir aber unbedingt zu vermeiden haben, ist eine
abschlägige Antwort von dort. Es gibt nun einen uns bekannten und erreichbaren Mann, dessen Stimme in Rom das allergrößte Gewicht hat, den Pater Jakobus. Und dein Auftrag ist, du sollst ins Benediktinerstift zurückkehren, sollst wie bisher dort leben, Studien treiben, einen harmlosen Glasperlenspielkurs abhalten
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und sollst all dein Augenmerk und deine Sorgfalt daran wenden, den Pater Jakobus langsam für uns zu gewinnen und dafür, daß er dir seine Befürwortung unsres Vorhabens in Rom zusagt.
Diesmal ist das Endziel deiner Sendung also genau umgrenzt.
Wie lange du brauchen wirst, um es zu erreichen, ist nebensächlich; wir denken, es werde mindestens noch ein Jahr dauern, aber es können auch zwei, auch mehrere Jahre sein. Du kennst ja das benediktinische Tempo und hast gelernt, dich ihm anzupassen. Wir dürfen unter keinen Umständen den
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