Das Glück wartet in Virgin River
bleiben können. Aber sie schob ihnvon sich, und auch Streak wurde langsam unruhig. Daher ließ er sie los und lächelte sie an. „Siebenundzwanzig, das ist gut.“
„Reiß dich zusammen“, fuhr sie ihn an. „Daraus wird nichts!“
„Oh, ich hoffe, du irrst dich.“ Ein kleines Lachen in seiner Stimme konnte er nicht verbergen.
„Am Ende muss ich noch meinen Großvater bitten, dass er einen seiner Angestellten die Lieferungen hierher machen lässt.“
„Und dann wirst du nicht mehr nach den Pferden schauen?“
„Ein Opfer, das ich notfalls bringen würde.“
Doch sie hatte ihn nicht sogleich weggestoßen. Sie hatte es sich erst noch überlegt. Für kurze Zeit hatte sie sogar nachgegeben und definitiv seinen Kuss erwidert. Das hatte er gefühlt. Deshalb sagte er: „Das wäre eine Tragödie.“
„Tu das nie wieder“, warnte sie ihn. Sie holte die Bürste und drückte sie ihm in die Hand. „Das ist mein Ernst.“
„Wenn du willst“, erwiderte er und nickte.
„Ja, das will ich.“
„Bist du sicher?“
Sie schien genau zu überlegen, was sie antworten wollte. „Hör gut zu. Es gibt einiges, das uns verbindet. Da ist zum einen die Kultur, zum anderen sind das zwei Pferde. Wenn Streak ein normales Pferd wäre, würde Nathaniel nicht so einen Aufwand betreiben. Aber wenn du so weitermachst – mich einfach so packst und küsst –, können wir nicht einmal Freunde sein. Hast du das verstanden?“
Er neigte den Kopf zur Seite. „Können wir denn überhaupt irgendwie Freunde sein?“
„Wenn ich dir vertrauen kann.“
Ergeben hob er beide Hände. „Du kannst mir vertrauen. Und ich möchte, dass wir Freunde sind. Ich will, dass du wiederkommst und die Pferde aufmischst. Meiner Meinung nach hast du etwas Bedeutendes zu bieten. Ich möchte dir zusehen und von dir lernen.“
Ihr entfuhr ein leises Lachen, dann allerdings stemmte sie rasch die Hände in die Hüften. „Lernen? Von mir ? Du bist doch derjenige mit der ganzen Erfahrung.“
„Da bin ich mir gar nicht so sicher“, entgegnete er. „Also, es tut mir sehr leid. Es wird nicht wieder passieren. Und du kannst mir vertrauen. Komm so schnell wie möglich wieder vorbei.“
„Ich werde darüber nachdenken.“ Und damit verließ sie den Stall, kam aber gleich darauf noch einmal zurück. „Richte Nathaniel aus, dass ich für Blues Pension bezahlen werde, bis ich jemanden für sie gefunden habe. Sag ihm, er soll sie bloß nicht aus diesem Club Med rauswerfen. Ich bring ihm einen Scheck vorbei.“ Dann war sie wieder verschwunden.
Clay begann Streak zu striegeln, und kurz darauf hörte er, dass sie den Motor ihres Trucks anwarf und vom Gelände brauste.
„Nun“, meinte er zu dem Pferd, „jedenfalls kann ich dir nicht vorwerfen, dass ich wie ein Trottel dastehe.“
6. KAPITEL
J ack Sheridan arbeitete an zwei Bekanntmachungen, die eine Dorfversammlung ankündigten. Die eine wollte er an die Tür der Bar hängen, die andere an die Kirchentür. Ein paar Tage später sollte die Versammlung in der Kirche stattfinden. Er hatte die beiden Blätter vor sich auf dem Tresen liegen und beschriftete sie mit bunten Filzstiften. Mel saß ihm gegenüber, hatte das Kinn in die Hand gestützt und sah ihm zu.
„Es ist nicht nötig, so vorzugehen“, sagte sie.
„Ich weiß“, erwiderte er. „Aber als Autokrat mache ich mich nicht gut.“
Eine Hand auf den Tresen gestützt stand Preacher neben Jack und sah ihm zu, wie er die Schablonen ausmalte. „Bei den Marines war er immer ein teuflisch guter Autokrat“, bemerkte er.
„Das hier ist eine völlig andere Situation“, erwiderte Jack. „Hope hat alles dem Ort hinterlassen. Ich bin bloß der Verwalter und bin es ihr einfach schuldig, herauszufinden, was der Ort will und braucht.“
„Du wirst sechshundert verschiedene Meinungen zu hören bekommen“, wandte Mel ein. „Abgesehen davon, hat Hope selbst auch nie jemanden gefragt. Ich bezweifle, dass sie das von dir erwarten würde.“
„Ist mir egal“, meinte Jack und fuhr fort, die Buchstaben mit bunten Farben auszufüllen. „Es war ihr Geld. Jetzt gehört es dem Ort. Soll der etwa nicht mitreden dürfen, wenn es darum geht, wie es verwendet wird?“
„Nein“, riefen Mel und Preacher gleichzeitig. Überrascht sahen sie einander an.
„Du kennst doch das Sprichwort. Viele Köche verderben den Brei“, erklärte Mel. „Und im Übrigen steht nirgendwo in diesem Testament, dass sofort etwas zu unternehmen wäre oder das Geld überhaupt
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