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Das Glücksprojekt

Das Glücksprojekt

Titel: Das Glücksprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Reinwarth
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Jacobs-Krönung-Spot aussehen und weniger wie unter Hempels Sofa. Und L. würde ein bisschen mehr wie …
    Ich habe es jedenfalls probiert, das Joggen. Das erste Problem tauchte noch in der Wohnung auf. Wenn man keine Sportskanone ist, so wie ich, hat man zwar eine Jogginghose, aber das ist nicht unbedingt ein Kleidungsstück, mit dem man auf die Straße gehen kann, ohne dass einen fremde Leute mit Almosen bewerfen. Das sind diese Art Hosen, die an den Knien so ausgebeult sind, dass man da Sachen drin aufbewahren könnte. Melonen zum Beispiel. Die Hosen, die der neue Freund erst zu sehen bekommt, wenn drei Jahre ins Land gegangen sind. Da denkt man sich dann: Wenn er es bis jetzt ausgehalten hat, dann verträgt er das. Eine Ironie, dass so was Jogginghose heißt. Die Jogginghosen, die ich tatsächlich auf der Straße rumlaufen sehe, sind hauteng, gehen bis zur Hälfte der Waden und bestehen aus so einem Nasa-Stretch-Teflon-Material, das Wasser nur rein, aber nicht mehr raus lässt. Oder umgekehrt.
    Mit meiner Kniebeulen-Jogginghose und meinen alten Turnschuhen bin ich also eines schönen Sonntags losgelaufen. Die komplette Straße runter, bis zur nächsten Kreuzung. Während dieser 20 Meter rutschte die Hose bei jedem Hüpfer ein kleines Stückchen weiter nach unten. Ich sage nur: Leierbündchen. Und zu joggen und gleichzeitig mit beiden Händen die Hose vom Rutschen abzuhalten, sieht wirklich, wirklich unelegant aus. Ich drehte also um und ging nach Hause. Im Schritttempo. Was genauso unangenehm war, denn jetzt, wo ich nicht mehr lief, war ich keine Joggerin mehr, sondern eine verschwitzte Frau mit Pferdeschwanz, die in ihrer alten Jogginghose spazieren ging. Hat nur noch die offene Flasche Bier gefehlt.
    Bei meinem nächsten Versuch war ich besser ausgerüstet. Damit hier nicht der Eindruck von Hudelei entsteht: Zwischen den Versuchen lagen drei Jahre.
    Ich hatte dieses Mal richtige Turnschuhe gekauft, in einem Laden, in dem meine Fußdaten gespeichert wurden. Und eine von diesen engen dreiviertellangen Jogginghosen hatte ich auch. Ich bereitete mich auf diesen Versuch außerdem vor, indem ich einen Ratgeber kaufte: Laufen lernen . Ich habe viele Ratgeber. Ich habe dann das Gefühl, ich müsste die gar nicht mehr lesen, sondern allein der Akt des Kaufens sei schon die halbe Miete.
    Ich blätterte meinen neuen Laufratgeber durch und da gab es eine Sache, auf die er wirklich Wert legte: unbedingt mit Pulsmesser laufen. Ohne Pulsmesser zu laufen, ist praktisch der Tod. Ein Pulsmesser besteht aus zwei Teilen. Teil eins ist eine hässliche kleine Digitaluhr, die man sich ums Handgelenk schnallt und die piepst, wenn man sich zu sehr anstrengt. Teil zwei ist ein Gummiband mit einem Nöppel, das man sich um den Brustkorb schnallt. Das hat mich sofort genervt. Da willst du Sport machen und das Gummiband sagt dir vorher: »Der Bleistifttest fiel auch schon einmal besser aus, mein Fräulein.«
    Ich hätte nicht gedacht, dass ich den Alarm auslösen würde, ich bin jetzt nicht gerade der Roadrunner – aber er ging doch los. Und zwar noch bevor ich aus der Tür war! Diese Pulsmesser sind auf so niedrigen Maximalpuls eingestellt, dass man direkt beim Schuhezubinden anfängt zu piepen. Damit will der Pulsmesser erreichen, dass ich gaaanz langsam laufe. Langsamer als langsam. So langsam, wie Sie es sich nur vorstellen können. Es war kein sportliches Erlebnis. Nur so viel: Ich wurde von Laub überholt. Und von einem Bobby-Car. Seit diesem Erlebnis liegt der Pulsmesser zusammen mit den Turnschuhen und der Laufhose in einer Tüte ganz oben ganz hinten im letzten Schrankfach. Da, wo die Jeans liegt, die mir das letzte Mal in den Achtzigerjahren gepasst hat.
    Was ich in Sachen Sport früher noch unternommen habe, war ein Besuch im Fitnessstudio. Meine Freundin Jana erklärte sich bereit mitzukommen, zu zweit, hieß es, mache das ja viel mehr Spaß. Jana und ich suchten ein Studio aus, das erst kurz zuvor aufgemacht hatte. Es hieß M.I.S.S. Fitness . Ich hatte im Vorbeigehen immer M.I.S.T. Fitness gelesen und dem Unternehmen einen trockenen Humor unterstellt. Ich wurde eines Besseren belehrt. Fitnessstudios sind nicht lustig. Jana und ich standen an der Rezeption, wo uns eine entnervend gut gelaunte Yogurette-Frau musterte und dann in ein Mikro auf ihrem Tresen sagte: »Mike, bitte zum Empfang, Mike, bitte zum Empfang.« Jana und ich sahen uns an. Ob sie den Rausschmeißer gerufen hatte? Mike war aber nur der Trainer, der uns das

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