Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)
Mann?«, rief Konstanty aus. »Er kann dir doch nichts bieten.«
»Ich liebe ihn, und er liebt mich, Ojciec «, antwortete seine Tochter mit fester Stimme. »Und er bringt mich zum Lachen.«
Erst als sie ihren Eltern erzählte, dass Piet auf dem Wawel wohnte und die Königin ihn und seine Schwester überaus schätzte, wurde die Meinung der beiden über ihn eine andere. Ojciec und Matka , so nannte er sie bald,dennder Kupferschmied und seine Frau wuchsen ihm rasch ans Herz.
»He, Spaßmacher, träumst du?«, riss ihn eine tiefe Stimme aus seinen Gedanken.
Ein gut gekleideter Mann in mittleren Jahren nickte ihm auffordernd zu. »Zeig uns noch ein Kunststück.«
»Verzeiht, edler Herr.« Piet legte eine Hand auf den Rücken und verbeugte sich. »Ich habe in der Tat geträumt. Von dem schönsten Weib der Stadt. Ach, was sage ich, von ganz Polenland!«
»Hört, hört«, rief jemand. »Sing uns ein Lied!«
Piet nickte.
»Von fernen Landen kam ich her, um euch hier zu beglücken. So spielt ich schon im Frankenland zu vieler Leut Entzücken«, begann er und bewegte sich dabei tänzelnd auf einige der Umstehenden zu. Er tat, als strauchelte er, um sich im letzten Augenblick zu fangen, während er rasch den Text des Liedes veränderte, das er früher öfter gesungen hatte. »In Polen ist’s besonders fein, hier wurd das schönste Mädchen mein, ich schwör bei Gott, es wird so sein.«
Hier legte er eine kurze Kunstpause ein.
»Na, was?«, wollte ein junger Mann wissen.
Piet verzog das Gesicht zu einem frechen Grinsen. »Ich will es stets beglücken!«
Die Menge lachte. Etliche der Zuschauerwollten sich nun davonmachen. Schnell nahm Piet die Mütze ab und hielt sie den Männern und Frauen entgegen.
»Ihr werdet doch einen ehrlichen Narren nicht um die Früchte seiner Arbeit bringen wollen«, rief er mit weinerlicher Stimme.
Einige fassten nach ihren Geldbeuteln, griffen hinein und warfen ihm schmunzelnd ein paar Münzen in die Mütze, die zusammen mit den Schellen lustig um die Wette klingelten. Als auch der letzte Zuschauer gegangen war, stimmte Piet ein kesses Lied an. Seine Stimmung war bestens, denn an diesem Tag hatte sich sein Einsatz wahrlich gelohnt. Mit einem prall gefüllten Leinensäckchen am Gürtel machte sich der Narr pfeifend auf den Weg nach Hause.
5
Hamburg, Mitte Mai 1399
A ls der Zweispänner, flankiert von zwei stattlichen Reitern, eine gute Woche später kurz nach Morgengrauen vor dem Gebäude hielt, lagen die Kaufmannshäuser noch in Nebel gehüllt. Cristin hatte die Kutsche bereits durch das Küchenfenster nahen sehen und trat vor die Tür. Einen Moment lang musste sie an die Ausfahrt mit Jadwiga durch die winterlichen Wälder Polens in einer ähnlichen, von zwei prächtigen Rappen gezogenen Kalesche denken. Damals hatte die Königin sie nach ihrem ersten Treffen im Spital gemeinsam mit Baldo, Piet und Janek auf den Wawel eingeladen. Janek, der Junge, der bei einem Überfall der Deutschritter auf sein Heimatdorf das Gemetzel an den Dorfbewohnern und seiner Mutter hatte mit ansehen müssen und der als Folge des Schocks nur noch stockend sprach.
Cristin und ihre Begleiter fanden den Waisen völlig verstört in einem Verschlag und nahmen ihn kurzerhand mit. Sie kümmerten sich um Janek und schlossen ihn schnell ins Herz. Ihn nicht in ihre Heimat mitnehmen zu können, war ihr zu jener Zeit unendlich schwergefallen. Doch das Leben, das sie damals geführt hatte, war für einen Zehnjährigen viel zu gefährlich. Dank Jadwigas Vermittlung lebte Janek seitdem bei dem königlichen Hufschmied, und ein Leben im Waisenhaus blieb ihm erspart.
Cristin freute sich, ihn bald wiederzusehen. Sie kehrte mit ihren Gedanken zu der Königin und der Kutschfahrt zurück. Während der junge Jury, einer der Kutscher der Majestät, das Gefährt durch die winterliche Landschaft gelenkt hatte, sprachen die Königin und sie über Freiheit. Jadwiga ließ Cristin in ihr Herz schauen, bis diese sich ihrerseits der polnischen Herrscherin anvertraute und ihr alles erzählte, was sie schon solange beschwerte. »Wenn ich dir helfen kann, will ich das gerne tun«, lautete Jadwigas Versprechen.
Cristin blinzelte sich in die Gegenwart zurück. Während der Kutscher, diesmal ein Mann jenseits der vierzig, vom Bock der Kalesche kletterte und die steifen Glieder reckte, stieg einer der beiden jüngeren Reiter aus dem Sattel und schritt auf sie zu. Er nahm seine schwarze Pelzmütze ab und klemmte sie unter den Arm.
»Seid Ihr
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