Das Gold der Piraten
die brauchen eine feuchte Umgebung«, dozierte Nepomuk.
Der Frosch quakte, als wolle er zustimmen.
»Bestimmt hat er sich verlaufen«, mutmaßte Ben. Langsam ging er auf den Frosch zu und breitete die Arme aus. Dieses Mal würde ihm der kleine Hüpfer nicht entkommen. »Keine Angst, mein Kleiner, wir bringen dich zurück in die Freiheit«, sagte er.
Doch der Frosch war anderer Meinung. Er ließ sich nicht fangen. Nepomuk stellte sich ihm in den Weg, um ihn in Bens Hände zu treiben.
Da geschah das Unglück.
In seinem Jagdeifer übersah Nepomuk das Traumglas und stieß so heftig dagegen, dass es ins Wanken geriet und zu Boden fiel. Polternd rollte es vor den Augen der erschrockenen Kinder gegen die Wand. Der Deckel sprang auf und die wirbelnden Farben stiegen kräuselnd zur Decke empor, bis sie sich in Luft auflösten und verschwanden. Zurück blieb ein großes, leeres Kristallglas.
Nepomuk hätte sich am liebsten in eine Maus verwandelt und in seiner Umhängetasche versteckt. »Das wollte ich nicht«, sagte er kleinlaut.
Doch es war zu spät. Schon hörten die Kinder Schritte. Das musste der Besitzer des Ladens sein, Filomenus Feuertal! Rasch suchten sie nach einem Versteck und krochen in einen alten Wandschrank, der kaum genug Platz für alle drei bot. Sie mussten sich eng zusammenquetschen.
Als sie die Schranktür zugezogen hatten, stieß ein Mann in den Raum und blickte mit einer Mischung aus Entsetzen und Kummer auf das leere Glas. Ben, Lara und Nepomuk spähten mit klopfendem Herzen durch den Spalt.
Filomenus Feuertal konnte dreißig Jahre alt sein, ebenso gut aber auch sechzig. Schulterlanges, dunkelblondes Haar und ein gepflegter grauer Spitzbart umrahmten sein Gesicht. Seine Augen waren hell und wach wie die eines jungen Mannes. Er trug einen grünen Mantel, Pluderhosen mit Stiefeln und einen löchrigen Zylinderhut auf dem Kopf.
Traurig hob er das leere Glas auf und blickte hinein. »Oh nein, nun sieh dir das an, Leopold! Alle Träume verschwunden, weg, in Luft aufgelöst.« Er sprach mit dem Laubfrosch! Der kam auf ihn zugehüpft, als ob er ihn trösten wollte. »Es hat so viele Jahre gedauert, sie zu sammeln«, seufzte der Zauberer.
Der Frosch gab ein leises Quaken von sich.
Filomenus ließ den Kopf hängen. »So viele Jahre … und alles umsonst. Wie soll ich es jetzt noch schaffen, Leopold? Das Glas muss bis zum Rand voll sein, damit der Zauber klappt.«
Ben und Lara tauschten einen verwunderten Blick.
»Er redet mit dem Frosch«, flüsterte Ben.
»Vielleicht ein magischer Frosch«, sagte Nepomuk und biss sich sogleich auf die Zunge. Schließlich war er Wissenschaftler, und als solcher glaubte man nicht an Märchen.
»Oder der Kerl ist ein Verrückter«, sagte Lara. »Nur ein Verrückter würde behaupten, dass man Träume in einem Glas sammeln kann.«
Ben hatte da seine Zweifel. Schließlich wusste er, was er gesehen hatte, als sein Finger das Glas berührt hatte. Durch den Spalt der Schranktür konnte er beobachten, wie Filomenus mit schweren Schultern auf einem Schemel Platz nahm und traurig seufzte.
»Wer hat das nur angerichtet?«
Das Gefühl von Schuld wurde so unerträglich, dass Nepomuk sich nicht länger zurückhalten konnte. Er kroch aus dem Schrank, schob seine Brille die Nase hoch und sagte schüchtern: »Ich war das, Herr Zauberer.«
Ben und Lara blieb das Herz stehen. Filomenus blickte fassungslos auf. Nervös sortierte Nepomuk seine Hände.
»Ich … wir … wollten uns vor den Jungs verstecken, die uns verfolgt haben. Deshalb sind wir in Ihren Laden gekommen. Und dann haben wir das Glas gesehen und … es war ein Versehen … wir wollten nichts Böses …«, sagte er.
Filomenus sah fragend zu dem Frosch, dann wieder zu Nepomuk, dann zu dem Schrank, aus dem nun Ben und Lara hervorkrochen. Seine Augen wurden größer und größer. »Darf ich fragen, wer ihr seid und wie ihr hier reinkommt?«
Ben räusperte sich. »Mein Name ist Ben. Das sind Lara und ihr kleiner Bruder Nepomuk.«
»Habt ihr das Schild nicht gesehen, Kinder? Wisst ihr eigentlich, in welche Gefahr ihr euch gebracht habt?«
»Wir dachten nicht, dass es gefährlich ist. Schließlich gibt es so etwas wie einen Zauberladen doch nicht wirklich«, sagte Lara.
Filomenus hob die Brauen. »Ach ja? Ihr seid in einem Laden, den es gar nicht gibt? Und ich bin dann wohl auch nicht da.«
Lara errötete und schwieg.
Der Frosch quakte laut.
Filomenus nickte und erhob sich. »Vielleicht sollte ich mich vorstellen.
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