Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das große Hörbe Buch

Das große Hörbe Buch

Titel: Das große Hörbe Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
Vom Netzwerk:
viel gefehlt und
    die Biester hätten ihn ratzeputz aufgefressen. Und Keil hatte alle Mühe gehabt ihnen wegzulaufen mit seinem Humpelbein.
    „Nein", dachte Hörbe. „Man soll sich nicht in Gefahr begeben, wenn es nicht sein muss!"
    Er schlug um den Ameisenhaufen zur Sicherheit einen großen Bogen - nicht ohne weiterhin Zweige zu knicken, Kreuze zu kratzen und Kieselsteine am Weg zu häufeln.
    Bald danach kam er an den Waldrand. Der Siebengiebelwald war zu Ende, Hörbe befand sich am Rand einer weiten Heidefläche. Und draußen, nur wenige Schritte von ihm entfernt, lag ein großer bemooster Stein in der Mittagssonne.

Dies war der richtige Ort, um zu rasten. Hörbe suchte sich einen schönen, moosgepolsterten Platz auf dem Steinblock. Dort machte er sich's bequem, ließ die Beine hinunterbaumeln und blinzelte in die Ferne.
    Die braune Heide lag still und friedlich zu seinen Füßen. Er tat ein paar tiefe Atemzüge. Die Luft war von einem warmen harzigen Duft erfüllt. Ein wenig schmeckte sie auch nach Torf und ein wenig nach Moor.
    Draußen am Rand der Fleide ließ sich ein Saum aus Riedgras und Schilf erkennen, mit spärlichen Birken und Nestern von Knieholz dazwischen.
    „Aha", dachte Hörbe. „Da scheinen die Rabenteiche nicht weit zu sein ..."
    Hinter den Rabenteichen, das wusste er, fingen die Worlitzer Wälder an. Die Worlitzer Wälder, in denen der Plampatsch hauste.

    Ob man sie sehen konnte, von hier aus?
    Wenn Hörbe die Augen zusammenkniff, ließen sich hinter dem Schilf ein paar ferne Wipfelspitzen erspähen, schwarz und gezackt.
    Die Worlitzer Wälder also.
    Hörbe sah sie zum ersten Mal heut. Von allen Hutzelmännern im Siebengiebelwald waren bloß Wurzeldittrich und Humpelkeil früher schon einmal hier in der Nähe gewesen und hatten hinübergeschaut zu den schwarzen Wipfeln. Weiter waren sie nicht gekommen, damals. Und weiter wollte auch Hörbe sich nicht heranwagen an die Worlitzer Wälder. Wozu auch? Wenn er sie sich von hier aus ansah, reichte das völlig aus.
    „Und außerdem ist es ungefährlich", dachte er. „Aber nun will ich mir mal mein Wanderb rot vornehmen."
    Damit zog er das Bündel unter dem Hut hervor, knüpfte es auf und begann zu vespern.
    Das Wandern hatte ihm Appetit gemacht. Sein eigenes Hutzelmannsbrot hatte Hörbe seit Langem nicht mehr so gut geschmeckt. Bedächtig verzehrte er Stück um Stück davon, bis er plötzlich merkte, dass ihm jemand auf den Rücken klopfte. Mit raschen Schlägen, aber ganz fein und zart.
    Zwei Ameisen hockten hinter ihm auf dem Steinblock im Moos. Aus großen Augen glotzten sie Hörbe an und machten ihm mit den Fühlern Zeichen.
    „Ja so!", meinte Hörbe. „Ihr seid wohl hungrig? Und nun soll euch der gute Hörbe von seinem Brot was abgeben, wie?"
    Die Ameisen fuchtelten mit den Fühlern, das hieß in der Ameisensprache: „Natürlich! Was hast du dir denn gedacht?!"
    „Schön", sagte Hörbe. „Ich hab da in meinem Bündel was, das euch schmecken wird ..."
    Er bröselte ihnen vom Streuselkuchen zwei Krümel hin.
    „Wie findet ihr das? Habt ihr so was schon mal gefressen - he?"
    Die Ameisen machten sich gierig über die Brösel her und fraßen sie auf.
    Dann klopften sie mit den Fühlern ein paarmal ins Moos - das sollte wohl „Schönen Dank!" bedeuten - und eilten davon.
    „Keine Ursache!", rief ihnen Hörbe nach. „Wenn's den Herrschaften nur geschmeckt hat!"

Es hatte den Herrschaften nur zu gut geschmeckt, wie sich bald zeigen sollte. Die Sonne stand hoch am Mittagshimmel. Hörbe war schläfrig geworden, er hatte sich satt und müde ins Moos gestreckt und war eingedöst. Da hörte er hinter sich etwas knistern und knacken. Verschlafen blickte er auf - und was sah er?
    Sechs oder sieben weitere Ameisen waren herbeigekommen und machten ihm mit den Fühlern Zeichen: „Siehst du uns, Hutzelmann? Kriegen wir auch was von deinem Streuselkuchen?"
    Hörbe dachte sich weiter nichts dabei. Er griff in das Wanderbündel und warf ihnen ein paar Brösel hin.
    „Da habt ihr - und wohl bekomm's!"
    Die Ameisen fraßen, die Ameisen fuchtelten: „Schönen
    Dank!", - und schon kamen die Nächsten herbeigelaufen. Es kamen zwanzig, es kamen dreißig, es kamen hunderte angewimmelt. Und alle fuchtelten mit den Fühlern und alle zwackelten voller Gier mit den Beißzangen.
    „Hutzelmann, Hutzelmann - gib uns auch was von deinem Kuchen!"
    Hörbe erschrak. Wer hätte mit einem solchen Andrang gerechnet? Die Ameisen rückten ihm auf den Leib, immer dichter

Weitere Kostenlose Bücher