Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
mich heim“, rief er ihnen zu, und lachte sie aus. Sie liefen herbei und stachen mit Stöcken in das Mausloch, aber das war vergebliche Mühe: Daumesdick kroch immer weiter zurück und da es bald ganz dunkel ward, so mussten sie mit Ärger und mit leerem Beutel wieder heim wandern.
Als Daumesdick merkte, dass sie fort waren, kroch er aus dem unterirdischen Gang wieder hervor. „Es ist auf dem Acker in der Finsternis so gefährlich gehen“, sprach er, „wie leicht bricht einer Hals und Bein!“ Zum Glück stieß er an ein leeres Schneckenhaus. „Gottlob“, sagte er, „da kann ich die Nacht sicher zubringen“ und setzte sich hinein. Nicht lang, als er eben einschlafen wollte, so hörte er zwei Männer vorüber gehen, davon sprach der eine „wie wirs nur anfangen, um dem reichen Pfarrer sein Geld und sein Silber zu holen?“ „Das könnt ich dir sagen“, rief Daumesdick dazwischen. „Was war das?“, sprach der eine Dieb erschrocken, „ich hörte jemand sprechen.“ Sie blieben stehen und horchten, da sprach Daumesdick wieder „nehmt mich mit, so will ich euch helfen.“ „Wo bist du denn?“ „Sucht nur auf der Erde und merkt, wo die Stimme herkommt“, antwortete er. Da fanden ihn endlich die Diebe und hoben ihn in die Höhe. „Du kleiner Wicht, was willst du uns helfen!“, sprachen sie. „Seht“, antwortete er, „ich krieche zwischen den Eisenstäben in die Kammer des Pfarrers und reiche euch heraus, was ihr haben wollt.“ „Wohlan,“ sagten sie, „wir wollen sehen was du kannst.“
Als sie bei dem Pfarrhaus kamen, kroch Daumesdick in die Kammer, schrie aber gleich aus Leibeskräften „wollt ihr alles haben, was hier ist?“ Die Diebe erschraken und sagten „so sprich doch leise, damit niemand aufwacht.“ Aber Daumesdick tat, als hätte er sie nicht verstanden und schrie von Neuem „was wollt ihr? Wollt ihr alles haben, was hier ist?“ Das hörte die Köchin, die in der Stube daran schlief, richtete sich im Bette auf und horchte. Die Diebe aber waren vor Schrecken ein Stück Wegs zurück gelaufen, endlich fassten sie wieder Mut und dachten „der kleine Kerl will uns necken.“ Sie kamen zurück und flüsterten ihm zu „nun mach Ernst und reich uns etwas heraus.“ Da schrie Daumesdick noch einmal so laut er konnte „ich will euch ja alles geben, reicht nur die Hände herein.“ Das hörte die horchende Magd ganz deutlich, sprang aus dem Bett und stolperte zur Tür herein. Die Diebe liefen fort und rannten, als wäre der wilde Jäger hinter ihnen: Die Magd aber, als sie nichts bemerken konnte, ging ein Licht anzuzünden. Wie sie damit herbei kam, machte sich Daumesdick, ohne dass er gesehen wurde, hinaus in die Scheune: Die Magd aber, nachdem sie alle Winkel durchgesucht und nichts gefunden hatte, legte sich endlich wieder zu Bett und glaubte, sie hätte mit offenen Augen und Ohren doch nur geträumt.
Daumesdick war in den Heuhälmchen herumgeklettert und hatte einen schönen Platz zum Schlafen gefunden: Da wollte er sich ausruhen, bis es Tag wäre, und dann zu seinen Eltern wieder heim gehen. Aber er musste andere Dinge erfahren! Ja, es gibt viel Trübsal und Not auf der Welt! Die Magd stieg, als der Tag graute, schon aus dem Bett, um das Vieh zu füttern. Ihr erster Gang war in die Scheune, wo sie einen Arm voll Heu packte, und gerade dasjenige, worin der arme Daumesdick lag und schlief. Er schlief aber so fest, dass er nichts gewahr ward, und nicht eher aufwachte, als bis er in dem Maul der Kuh war, die ihn mit dem Heu aufgerafft hatte. „Ach Gott“, rief er, „wie bin ich in die Walkmühle geraten!“, merkte aber bald, wo er war. Da hieß es aufpassen, dass er nicht zwischen die Zähne kam und zermalmt ward, und hernach musste er doch mit in den Magen hinab rutschen. „In dem Stübchen sind die Fenster vergessen“, sprach er, „und scheint keine Sonne hinein: ein Licht wird auch nicht gebracht.“
Überhaupt gefiel ihm das Quartier schlecht, und was das Schlimmste war, es kam immer mehr neues Heu zur Türe hinein, und der Platz ward immer enger. Da rief er endlich in der Angst, so laut er konnte, „bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.“ Die Magd melkte gerade die Kuh, und als sie sprechen hörte ohne jemand zu sehen, und es dieselbe Stimme war, die sie auch in der Nacht gehört hatte, erschrack sie so, dass sie von ihrem Stühlchen herabglitschte und die Milch verschüttete. Sie lief in der größten Hast zu ihrem Herrn, und rief
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