Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
„ach Gott, Herr Pfarrer, die Kuh hat geredet.“ „Du bist verrückt“, antwortete der Pfarrer, ging aber doch selbst in den Stall und wollte nachsehen, was es da gäbe. Kaum aber hatte er den Fuß hineingesetzt, so rief Daumesdick aufs Neue „bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.“ Da erschrack der Pfarrer selbst, meinte, es wäre ein böser Geist in die Kuh gefahren und hieß sie töten. Sie ward geschlachtet, der Magen aber, worin Daumesdick steckte, auf den Mist geworfen. Daumesdick hatte große Mühe, sich hindurch zu arbeiten und hatte große Mühe damit, doch brachte ers so weit dass er Platz bekam, aber als er eben sein Haupt herausstrecken wollte, kam ein neues Unglück. Ein hungriger Wolf lief heran und verschlang den ganzen Magen mit einem Schluck. Daumesdick verlor den Mut nicht, „vielleicht,“ dachte er, „lässt der Wolf mit sich reden“, und rief ihm aus dem Wanste zu „lieber Wolf, ich weiß dir einen herrlichen Fraß.“ „Wo ist der zu holen?“, sprach der Wolf. „In dem und dem Haus, da musst du durch die Gosse hinein kriechen, und wirst Kuchen, Speck und Wurst finden, so viel du essen willst“, und beschrieb ihm genau seines Vaters Haus. Der Wolf ließ sich das nicht zwei mal sagen, drängte sich in der Nacht zur Gosse hinein und fraß in der Vorratskammer nach Herzenslust. Als er sich gesättigt hatte, wollte er wieder fort, aber er war so dick geworden, dass er denselben Weg nicht wieder hinaus konnte. Darauf hatte Daumesdick gerechnet und fing nun an, in dem Leib des Wolfs einen gewaltigen Lärm zu machen, tobte und schrie, was er konnte. „Willst du stille sein“, sprach der Wolf, „du weckst die Leute auf.“ „Ei was", antwortete der Kleine, „du hast dich satt gefressen, ich will mich auch lustig machen“, und fing von Neuem an, aus allen Kräften zu schreien. Davon erwachte endlich sein Vater und seine Mutter, liefen an die Kammer und schauten durch die Spalte hinein. Wie sie sahen, dass ein Wolf darin hauste, liefen sie davon, und der Mann holte die Axt, und die Frau die Sense. „Bleib dahinten“, sprach der Mann, als sie in die Kammer traten, „wenn ich ihm einen Schlag gegeben habe, und er davon noch nicht tot ist, so musst du auf ihn einhauen, und ihm den Leib zerschneiden.“ Da hörte Daumesdick die Stimme seines Vaters und rief „lieber Vater, ich bin hier, ich stecke im Leibe des Wolfs.“ Sprach der Vater voll Freuden „gottlob, unser liebes Kind hat sich wieder gefunden“, und hieß die Frau die Sense wegtun, damit Daumesdick nicht beschädigt würde. Danach holte er aus, und schlug dem Wolf einen Schlag auf den Kopf. dass er tot niederstürzte, dann suchten sie Messer und Schere, schnitten ihm den Leib auf und zogen den Kleinen wieder hervor. „Ach“, sprach der Vater, „was haben wir für Sorge um dich ausgestanden!“ „Ja, Vater, ich bin viel in der Welt herumgekommen; gottlob, dass ich wieder frische Luft schöpfe!“ „Wo bist du denn all gewesen?“ „Ach, Vater, ich war in einem Mauseloch, in einer Kuh Bauch und in eines Wolfes Wanst: nun bleib ich bei euch.“ „Und wir verkaufen dich um alle Reichtümer der Welt nicht wieder“, sprachen die Eltern, herzten und küssten ihren lieben Daumesdick. Sie gaben ihm zu essen und trinken, und ließen ihm neue Kleider machen, denn die seinigen waren ihm auf der Reise verdorben.
Die sechs Schwäne
Es jagte einmal ein König in einem großen Wald und jagte einem Wild so eifrig nach, dass ihm niemand von seinen Leuten folgen konnte. Als der Abend heran kam, hielt er still und blickte um sich, da sah er dass er sich verirrt hatte. Er suchte einen Ausgang, konnte aber keinen finden. Da sah er eine alte Frau mit wackelndem Kopfe, die auf ihn zu kam; das war aber eine Hexe. „Liebe Frau“, sprach er zu ihr, „könnt ihr mir nicht den Weg durch den Wald zeigen?“ „O ja, Herr König“, antwortete sie, „das kann ich wohl, aber es ist eine Bedingung dabei, wenn ihr die nicht erfüllt, so kommt ihr nimmermehr aus dem Wald und müsst darin Hungers sterben.“ „Was ist das für eine Bedingung?“, fragte der König. „Ich habe eine Tochter“, sagte die Alte, „die so schön ist wie ihr eine auf der Welt finden könnt, und wohl verdient eure Gemahlin zu werden, wollt ihr die zur Frau Königin machen, so zeige ich euch den Weg aus dem Walde.“ Der König in der Angst seines Herzens willigte ein, und die Alte führte ihn zu ihrem Häuschen, wo ihre Tochter beim
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