Das Hades Labyrinth (German Edition)
nicht, dass sich Adam für den wiedergeborenen Dracula hielt. Für ihn war Tepes ein Killer, nicht mehr und nicht weniger, wenn auch weitaus grausamer als die meisten.
„Sie hätten uns auch gleich töten können. Was meinst du, haben sie mit uns vor?“, fragte Lombardo.
Damit war die Sache klar. Er musste Lombardo sagen, was sie erwartete.
„Tepes glaubt, er habe das Grab des historischen Dracula gefunden und versucht nun, ihn durch ein uraltes Ritual zum Leben zu erwecken. Deswegen ist er hier“, erklärte Fischer.
„Du verarscht mich.“
„Nein, es ist tatsächlich so.“
„Der Typ ist total durchgeknallt. Oh Gott, was wird dieser Verrückte mit uns anstellen?“
„Die Sache ist ein bisschen komplizierter. Aus Tepes’ Sicht ist das, was er macht nicht unvernünftig, auch wenn es uns noch so abstrus vorkommt.“
„Ich verstehe kein Wort“, gab Lombardo zu.
Daniel erzählte ihm die ganze Geschichte, er ließ nichts aus. Als er schließlich endete, starrte ihn Lombardo an.
„Mann, das ist harter Stoff. Und du denkst, an der Sache ist was dran?“
Fischer grinste. „Glaubst du an Vampire?“
„Nein. Trotzdem, die Sache ist merkwürdig. Tepes leidet an der gleichen Krankheit, wie der echte Dracula. Er entstammt der gleichen Familie und seine Eltern wurden in Transsilvanien geboren. Dazu kommt die Blutschande, die, wenn man es recht bedenkt, so schon seit Jahrhunderten vollzogen wird. Der ‚Pfähler’ soll unter der Erde von Lichtenfels lebendig begraben worden sein und auf seine Wiedergeburt warten, die auch noch heute, exakt nach fünfhundert Jahren, hier stattfinden soll. Alles in allem macht mir das eine Scheißangst.“
„Ich wollte, dass du weißt, was auf uns zukommt.“
„Prima, ich fühle mich gleich besser.“ Lombardo ließ den Kopf auf die Brust sinken. „Hättest du es mir mal lieber nicht erzählt.“
29. Der Drache
04.56 Uhr
Wenig später wurden Lombardo und Fischer von mehreren Männern aus ihrem Gefängnis geholt und in die Haupthöhle gezerrt. Neben den vielen Fackeln brannten nun auch Aberhunderte von Kerzen in dem großen Raum und verstärkten die bizarre Atmosphäre.
Tepes hatte sämtliche Jünger um sich versammelt, die sich schweigend vor dem flachen Felsenthron aufgestellt hatten. Adam selbst stand vor dem Thron. Nackt und massig wirkte er wie die Silhouette eines fernen Berges. Als man Daniel zu ihm brachte, wandte sich er um.
„Sieh“, sagte er und deutete auf den Steinthron.
Erst jetzt erkannte Fischer, dass der Thron von einer künstlich bearbeiteten Steinplatte bedeckt wurde, in die ein Meister der Steinmetzkunst ein verschlungenes Muster eingearbeitet hatte, das einen ruhenden Drachen zeigte, dessen Schwanz auf seinem Kopf lag. Daniel erschauerte, als er die Abbildung mit Adams Tätowierungen verglich. Obwohl die Tätowierungen an seinem Körper kein Bild ergaben, waren sie doch in ihrer Ausführung der Steindarstellung derartig ähnlich, dass man fast annehmen musste, der gleiche Künstler habe beide Werke geschaffen.
Alle Zweifel verflogen. Fischer erkannte, wie sehr er sich getäuscht hatte. Stets hatte er die Ausführungen von Adams Vater und die Tagebuchschriften von Vlad III. als bloße Hirngespinste abgetan. Er glaubte zwar immer noch nicht an eine Wiedergeburt Draculas, aber hier in dieser Höhle stand er vor einem Grab, vor einer steinernen Gruft, die vielleicht den Leichnam des Pfählers über Jahrhunderte hinweg vor dem Verfall geschützt hatte. Adam Tepes war ein direkter Nachfahre des Bojaren der Walachei, daran gab es nun keinen Zweifel mehr. Was immer auch die nächsten Stunden geschah, Daniel stand einem Großenkel des historischen Draculas gegenüber. Alles war möglich. Alles war vorstellbar. Neben ihm zitterte Lombardo vor Angst. Seine Selbstkontrolle war dahin. Daniel sah, dass er weinte. Er selbst fürchtete sich ebenfalls, aber zugleich war sein Geist von einer Klarheit erfüllt, wie er sie selten erlebt hatte. Sein Schicksal, das Schicksal aller Anwesenden würde sich bald erfüllen. Leben oder Tod. Es war alles eins.
Adam gab einen Befehl. Zwei Männer verschwanden aus Daniels Blickfeld, kehrten aber kurz darauf zurück. Zwischen sich führten sie eine Frau, deren Füße zu schwach zum Gehen waren.
Sarah.
Sie hatten Sarah in ein einfaches weißes Leinenkleid gesteckt, unter dessen Saum ihre bloßen Füße sichtbar waren. Ihr Haar fiel offen und glatt auf über ihre Schultern. Auf ihrem Gesicht lag ein
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