Mit der Liebe eines Highlanders
1. KAPITEL
Gegenwart, tief in den Wäldern von Maine
D er alte Zauberer saß in versonnenem Schweigen auf dem hohen Granitfelsen, ohne das Erwachen des Waldes um sich herum wahrzunehmen, den tosenden, aus dem Felsvorsprung dringenden Wasserfall und das schimmernde Wasser, das sich gut hundert Fuß unterhalb seines Sitzes in einem brodelnden Tümpel sammelte. Seufzend kratzte Daar sich mit dem Griff seines Stabes den Bart, während seine bekümmerten Gedanken um den einsamen Angler tief unter ihm kreisten. Er hatte dem jungen Mann vor sechs Jahren einen Bärendienst erwiesen. Ja, es war unbestritten allein seine Schuld, dass Morgan MacKeages Leben diese katastrophale Wendung genommen hatte.
Daar hatte ihn mit einem Zauber belegt, der Morgans Grundherrn und Bruder Greylen MacKeage ins einundzwanzigste Jahrhundert katapultiert hatte. Es war die bislang größte Panne, die ihm als Zauberer unterlaufen war. Gewiss, Greylen hatte die Zeitreise unbeschadet überstanden, doch traf dies ebenso auf ein halbes Dutzend seiner Feinde und zwei seiner Gefolgsleute sowie auf seinen jüngeren Bruder Morgan zu. Sogar ihre verstörten Kriegsrösser hatten es geschafft, von dem Zauber mitgesogen zu werden, der sie alle auf eine fantastische Reise in die Zukunft geführt hatte.
Daar gab seinem hohen Alter die Schuld an der Panne. Er war müde und gelegentlich ein wenig vergesslich, so dass es vorkommen konnte, dass seine Zaubereien missglückten.
Morgan MacKeage hätte seit achthundert Jahren tot sein sollen, nachdem er sich einiger Ehefrauen und etwa eines Dutzends Kinder hatte erfreuen können. Stattdessen aber war der Hochland-Krieger, der tief unter ihm angelte, nun zweiunddreißig, noch immer unvermählt und einsam. Fast erschien es Daar als Sünde, dass sein Unvermögen als Magier einen so edlen, starken und intelligenten Krieger dazu verdammt hatte, sich ziel- und zwecklos treiben zu lassen.
Daar ließ unter der Bürde seiner Schuld die Schultern hängen.
Ja, das Elend dieses jungen Mannes war allein ihm, Daar, zuzuschreiben, und es war höchste Zeit, dass er wieder alles einrenkte.
Eine Frau würde vielleicht hilfreich sein.
Andererseits würde eine Frau vielleicht die Kümmernisse des jungen Mannes noch vermehren.
Daar hatte feststellen müssen, dass die Frauen des einundzwanzigsten Jahrhunderts eine höchst eigenartige Spezies darstellten. Frech, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, waren sie auch noch eigenwillig und dickköpfig. Vor allem aber waren sie viel zu unabhängig. Sie wagten es, allein zu leben, sich ihren Unterhalt durch Arbeit zu verdienen, und sehr oft verfügten sie auch noch über eigenen Besitz und nahmen in Wirtschaft und Politik wichtige Positionen ein.
Wie sollte ein Mann, der in einer Zeit geboren worden war, als Frauen Eigentum des Mannes waren, mit dermaßen unabhängigen weiblichen Wesen umgehen? Wie sollte sich ein viriler Krieger aus dem zwölften Jahrhundert in seinem neuen Leben in dieser unerhörten Zeit zurechtfinden?
Die MacKeages lebten seit nunmehr sechs Jahren in dieser modernen Welt. Sechs Jahre der Anpassung, Weiterentwicklung und der schließlichen Akzeptanz, und noch immer stand Morgan MacKeage allein da. Morgans Bruder Greylen hatte mit Frau und Tochter sein Glück gefunden und erwartete Zwillinge. Callum umwarb eine Frau in der Stadt, und Ian traf sich an zwei Abenden in der Woche heimlich mit einer Witwe. Sogar ihr einziger überlebender Feind Michael MacBain hatte einen Sohn in die Welt gesetzt und führte ein normales Leben.
Nur Morgan hielt sich abseits. Er mied nicht nur weibliche Gesellschaft, sondern die Leidenschaften des Lebens selbst. Er jagte, angelte und durchstreifte unablässig die Wälder wie auf der Suche nach etwas, das den Schmerz in seinem Inneren stillen sollte.
»Gib Acht, Alter, damit du nicht hinunterfällst und zum Fischfraß wirst.«
Fast wäre Daar beim Klang von Morgans vertrauter Stimme wirklich gefallen. Er stand auf und sah den jungen Krieger mit finster gerunzelter Stirn an.
»Du bist ein Heide, Morgan MacKeage. Einen alten Priester so zu erschrecken, dass es ihn zehn Jahre seines Lebens kostet.«
Morgan zog eine Braue hoch. »Sollte ich wieder einem Priester begegnen, werde ich meine Sünde sicher beichten.«
Daar versuchte die Schultern zu straffen und die Brust herauszustrecken, gab aber seine Bemühungen auf, als er merkte, dass es wenig nützte. »Du stehst vor einem Priester.«
Morgan zog die andere Braue hoch. »Welche Kirche
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