Das Halsband der Königin - 1 (German Edition)
die Gewohnheit der Frauen,welche in jener Zeit alle politischen Fragen verwickelten, aber häufig auch lösten, diese Erfahrung, so zu sagen durch den Weg des Blutes übertragen und durch ein persönliches Studium vervielfältigt, alle diese heut zu Tage so seltenen und auch damals schon seltenen Eigenschaften machten aus dem Prinzen einen Mann, der für die Diplomaten, seine Nebenbuhler, oder für seine Geliebten äußerst schwer zu durchdringen war.
Seine guten Manieren und seine große Höflichkeit waren ein Panzer, den nichts durchbrechen konnte.
Der Cardinal glaubte sich dieser von Ansprüchen aufgeblähten Provinzdame sehr überlegen, die ihm, da sie unter ihrem falschen Stolz ihre Habgier nicht hatte verbergen können, als eine leichte Eroberung erschien – von Dauer vielleicht wegen ihrer Schönheit, wegen ihres Geistes, wegen eines gewissen herausfordernden Wesens, das viel mehr die übersättigten als die unschuldigen Männer verführt. Schwerer zu durchdringen, als er selbst durchdringend war, täuschte sich der Cardinal diesmal vielleicht; so viel ist aber gewiß, daß ihm Jeanne, schön wie sie war, kein Mißtrauen einflößte.
Das war das Verderben dieses erhabenen Mannes. Er machte sich nicht nur minder stark, als er war, er machte sich zum Pygmäen; zwischen Maria Theresia und Jeanne war der Unterschied zu groß, als daß ein Rohan von diesem Schlag sich die Mühe gegeben hätte, zu kämpfen.
Sobald der Kampf begonnen hatte, hütete sich Jeanne, welche ihre scheinbar geringere Kraft fühlte, wohl, ihre wirkliche Überlegenheit sehen zu lassen; sie spielte beständig die gefallsüchtige Provinzialin, sie spielte das einfältige Weib, um sich einen auf seine Stärke vertrauenden und darum in seinen Angriffen schwachen Gegner zu erhalten.
Der Cardinal, der bei ihr alle Bewegungen erlauert hatte, die sie nicht zu bewältigen im Stande gewesen war, hielt sie für berauscht von der Gegenwart, die er ihr geschaffen; sie war es in der That, denn die Gegenwart stand nicht nur über ihren Hoffnungen, sondern sogar über ihren Anmaßungen.
Nur vergaß er, daß er unter dem Ehrgeiz und dem Stolz einer Frau wie Jeanne war.
Was bei ihr bald den Rausch vertrieb, war die Reihenfolge neuer Wünsche und Begierden, welche unmittelbar an die Stelle der alten traten.
»Auf!« sagte der Cardinal, während er der Gräfin ein Glas Cyperwein in einen kleinen Crystallkelch mit goldenen Sternen goß, »auf, da Sie Ihren Vertrag mit mir unterzeichnet haben, schmollen Sie nicht mehr, Gräfin.«
»Ihnen schmollen, oh! nein.«
»Sie werden mich also zuweilen ohne zu großes Widerstreben hier empfangen?«
»Nie werde ich so undankbar sein, zu vergessen, daß Sie hier in Ihrem Hause sind, Monseigneur.«
»In meinem Hause, Tollheit!«
»Nein, nein, in Ihrem Hause, sehr in Ihrem Hause.«
»Ah! wenn Sie mir entgegen sind ... nehmen Sie sich in Acht!«
»Nun! was wird geschehen?« – »Ich werde Ihnen andere Bedingungen auferlegen.« – »Ah! nehmen Sie sich ebenfalls in Acht!« – »Wovor?« –»Vor Allem.«– »Sprechen Sie.« – »Ich bin in meinem Hause.« – »Und ...«
»Und wenn ich Ihre Bedingungen unvernünftig finde, so rufe ich meine Leute.«
Der Cardinal lachte.
»Nun! Sie sehen?« sagte sie.
»Ich sehe gar nichts,« erwiderte der Cardinal.
»Doch, Sie sehen wohl, daß Sie meiner spotteten.«
»Wie so?«
»Sie lachen!«
»Das ist der Augenblick, wie mir scheint.«
»Ja, es ist der Augenblick, denn Sie wissen wohl, daß, wenn ich meine Leute riefe, diese nicht kämen.«
»Oh! doch, der Teufel soll mich holen.«
»Pfui! Monseigneur.«
»Was habe ich denn gethan?«
»Sie haben geflucht, Monseigneur.«
»Ich bin nicht mehr Cardinal hier, Gräfin; ich bin bei Ihnen, das heißt im Glück.«
Und er lachte abermals.
»Ah! das ist entschieden ein vortrefflicher Mensch,« dachte die Gräfin.
»Ei! sagen Sie,« sprach plötzlich der Cardinal, als ob ein Gedanke, der sehr weit von seinem Geiste entfernt gewesen, zufällig in diesen zurückgekehrt wäre, »was erzählten Sie mir doch neulich von jenen zwei wohlthätigen Damen, von den zwei Deutschen?«
»Von den zwei Damen mit dem Porträt?« erwiderte Jeanne, welche, da sie die Königin gesehen, die Parade erlangte und sich zum Gegenstoß bereit hielt.
»Ja, von den Damen mit dem Porträt.«
»Monseigneur,« antwortete Jeanne, den Cardinal anschauend, »Sie kennen sie ebenso gut und sogar besser als ich, darauf wette ich.«
»Ich? Oh! Gräfin,
Weitere Kostenlose Bücher