Das Halsband der Koenigin 1
Als starke Frau, wie sie war, hatte sie beschlossen, den Mann zu spielen, wie man zu sagen pflegt, und dem zu Folge alle Wonnen des Unvorhergesehenen zu schlürfen.
Aber eine Widerwärtigkeit harrte ihrer beim ersten Schritt, den sie auf diesem für lebhafte und lang im Zaume gehaltene Phantasien so verführerischen Wege machte.
Ein Bedienter wartete auf sie beim Hausmeister.
Dieser Bediente gehörte dem Herrn Prinzen von Rohan und brachte von Seiner Eminenz ein in folgenden Worten abgefaßtes Billet:
»Frau Gräfin,
Ohne Zweifel haben Sie nicht vergessen, daß wir Geschäfte mit einander abzumachen haben. Sie haben vielleicht ein kurzes Gedächtnis; ich vergesse nie, was mir gefallen.
Ich habe die Ehre, Sie da zu erwarten, wohin der Ueberbringer Sie führen wird, wen» es Ihnen genehm ist.«
Der Brief war mit dem Hirtenkreuz unterzeichnet.
Anfangs ärgerlich über diesen Querstrich, dachte Frau von La Mothe einen Augenblick nach und entschied sich dann mit jener Raschheit des Entschlusses, die sie characterisirte.
»Steigen Sie mit meinem Kutscher auf oder geben Sie ihm die Adresse,« sagte sie zu dem Bedienten.
Der Bediente stieg mit dem Kutscher auf den Bock, Frau von La Mothe stieg in den Wagen.
Zehn Minuten genügten, um die Gräfin zum Eingang des Faubourg Saint-Antoine in eine neuerdings geebnete Vertiefung zu führen, wo große Bäume, so alt wie die Vorstadt selbst, vor Aller Augen eines jener hübschen, unter Ludwig XV. mit dem äußern Geschmack des sechzehnten und dem unvergleichlichen Comfort des achtzehnten Jahrhunderts erbauten Häuser verbargen.
»Ho! ho! ein kleines Haus,« murmelte die Gräfin: »das ist sehr natürlich von Seiten eines vornehmen Prinzen, aber sehr demüthigend für den Namen Valois! ... Nun!«
Dieses Wort, aus dem die Resignation einen Seufzer oder die Ungeduld eine Ausrufung gemacht hat, enthüllte Alles, was an verzehrendem Ehrgeiz und toller Gierde in ihrem Geiste schlummerte.
Doch sie hatte nicht so bald die Schwelle des Hauses überschritten, als ihr Entschluß gefaßt war.
Man führte sie von Zimmer zu Zimmer, das heißt von Ueberraschung zu Ueberraschung, bis zu einem kleinen, äußerst geschmackvollen Speisesaal.
Hier fand sie den Cardinal allein und wartend.
Seine Eminenz durchblätterte Broschüren, welche ungemein einer Sammlung von jenen Pamphleten glichen, die es in jener Zeit zu Tausenden regnete, wenn der Wind von Holland oder von England kam.
Als der Cardinal sie erblickte, stand er auf.
»Ah! Sie hier? ich danke, Frau Gräfin,« rief er.
Und er trat auf sie zu, um ihr die Hand zu küssen.
Die Gräfin wich mit einer hochmüthigen und verletzten Miene zurück.
»Was haben Sie denn, Madame?« fragte der Cardinal.
»Monseigneur, nicht wahr, Sie sind nicht gewohnt, ein solches Gesicht bei den Frauen zu sehen, denen Eure Eminenz die Ehre erweist sie hieher zu rufen?«
»Oh! Frau Gräfin ...«
»Wir sind in Ihrem kleinen Hause, nicht wahr, Monseigneur?« sagte die Gräfin, mit einem verächtlichen Blicke umherschauend.
»Aber, Madame ...«
»Monseigneur, ich hoffte, Eure Eminenz würde die Gnade haben, sich zu erinnern, in welchem Stande ich geboren bin. Ich hoffte, Eure Eminenz würde die Gnade haben, sich zu erinnern, daß mir Gott, wenn er mich arm gemacht, doch wenigstens den Stolz meines Ranges gelassen hat.«
»Ah! ah! Gräfin, ich hielt Sie für eine Frau von Geist,« versetzte der Cardinal.
»Wie es scheint, Monseigneur, nennen Sie jede gleichgültige Frau, die zu Allem, selbst zur Schande lacht, eine Frau von Geist; diesen Frauen, ich bitte Eure Eminenz um Verzeihung, pflege ich einen andern Namen zu geben.«
»Nein, Gräfin, Sie täuschen sich, Frau von Geist nenne ich jede Frau, welche hört, wenn man zu ihr spricht, oder welche nicht spricht, ehe sie gehört hat.«
»Ich höre, reden Sie.«
»Ich habe mich mit Ihnen über ernste Dinge zu besprechen.«
»Und zu diesem Ende haben Sie mich in ein Speisezimmer kommen lassen?«
»Ja; wäre es Ihnen lieber gewesen, wenn ich Sie in einem Boudoir erwartet hätte, Gräfin?«
»Die Unterscheidung ist zart.«
»So glaube ich, Gräfin.«
»Es handelt sich also nur darum, mit Monseigneur zu Nacht zu speisen?«
»Nichts Anderes.«
»Eure Eminenz darf überzeugt sein, daß ich von dieser Ehre gebührender Maßen durchdrungen bin.«
»Sie spotten, Gräfin?«
»Nein, ich lache.«
»Sie lachen?«
»Ja, wäre es Ihnen lieber, wenn ich mich ärgerte? Ah! Monseigneur, Sie sind van einer
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