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Das Halsband der Königin

Das Halsband der Königin

Titel: Das Halsband der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Vorsprachen zu wenden gedachte.
    Plötzlich aufhorchend, unterbrach sie ihre Rechnereien.
    »Frau Clothilde«, wandte sie sich an eine alte Dienerin, die vor dem erloschenen Kamin sich die Hände rieb, »es läutet.«
    »I wo, Madam«, war die Antwort. Diener armer Leute sind wenig diensteifrig.
    »Es läutet, gehen Sie nachsehen«, beharrte die Dame.
    Widerwillig schlurfte die Alte hinaus.
    Jeanne raffte hastig die Briefschaften zusammen und ließ sie in einer Schublade verschwinden.
    »Wohnt hier die Gräfi n de La Motte?« hörte sie draußen eine vornehm klingende weibliche Stimme fragen.
    »Die Frau Gräfi n de La Motte-Valois, ja«, bestätigte Frau Clothilde, »sie ist zu leidend, um auszugehen.«
    »Sie können heraufkommen, Madame, wir sind hier richtig«, ließ sich dieselbe Stimme vernehmen.
    Rasch setzte sich Jeanne in einen Lehnstuhl, um den Besucherinnen den Ehrenplatz auf dem armseligen Sofa anzubieten.
    »Wen darf ich melden?« fragte Frau Clothilde.
    »Eine Dame der Versailler Wohlfahrtsstiftung«, antwortete eine andere Stimme. Wir haben sie bereits gehört, als sie dem Kutscher Weber ihre Befehle gab.
    Jeanne de La Motte-Valois
    Jeannes erste Sorge, als sie schicklicherweise aufblicken durfte, war die, ihre Besucherinnen mit fl inken Augen prüfend zu betrachten.
    Die Ältere mochte etwa dreißig, zweiunddreißig Jahre zählen. Sie war von beachtlicher Schönheit, wiewohl der hochmü-
    tige Ausdruck ihrer Züge sie um einen Teil ihres Liebreizes be-raubte. Im übrigen hatte sie den Pelzkragen hochgeschlagen und ihren Platz so gewählt, daß ihr Antlitz von der Lampe beschie-nen wurde.
    Die Jüngere, von bezaubernder Anmut und Schönheit, zeigte sich weniger scheu.
    »Madame«, eröffnete sie das Gespräch, – »ich sage Madame, denn ich glaube, Sie sind vermählt?«
    »Ich habe die Ehre, die Gattin des Grafen de La Motte zu sein, eines ausgezeichneten Edelmannes.«
    »Nun denn, Madame, man hat uns, Ihre Situation betreffend, Dinge mitgeteilt, die unsere Teilnahme erregten, und wir sind gekommen, Genaueres darüber und über Sie selbst zu erfahren.«
    »Meine Damen«, begann nach wohlgesetzter Pause die Angeredete, »Sie sehen hier das Bildnis Heinrichs III. Er war der Bruder meines Ahnherrn. Ich bin in der Tat, wie man Ihnen mitgeteilt haben dürfte, vom Blut der Valois.« Mit stolzer Bescheidenheit erwartete sie weitere Fragen.
    »Ist es wahr, daß Ihre Frau Mutter ursprünglich Concierge eines Hauses in Bar-sur-Seine war?« fragte die ältere Dame.
    Jeanne errötete, erwiderte aber sofort: »Das ist wahr, Madame.
    Meine Mutter, Marie Jossei, war überaus schön; mein Vater, ein direkter Abkomme der Valois, verliebte sich so sehr in sie, daß er sie heiratete. Aber – es ist beschämend, das sagen zu müssen, Madame – meine Mutter hat dem erlauchten Namen, den sie derweise gewann, keine Ehre gemacht, vielmehr hat sie meinen Vater ruiniert, bis er schließlich im Spital der Ärmsten der Armen, im Hôtel-Dieu hier zu Paris, verstarb.«
    Beide Damen stießen vor Überraschung einen leisen Schrei aus, während Jeanne gefaßt, mit gesenktem Blick, sitzen blieb. Die Ältere musterte sie eindringlich, und da sie aus Jeannes schlichter Haltung auf keinerlei Hochstapelei oder Unlauterkeit schlie-
    ßen konnte, fuhr sie fort:
    »Nach allem, was Sie uns da sagen, Madame, müssen Sie gro-
    ßes Unglück erlitten haben, zumal Ihr Herr Vater …«
    »Oh, wenn ich Ihnen mein Leben erzählen wollte, Madame, würden Sie wohl fi nden, daß der Tod meines Vaters nicht das grausamste Unglück war, das mich getroffen hat, daß ich vielmehr seinen Tod als eine Erlösung aus allem Leid unserer Familie betrachte, und ich sage dies als liebende, pietätvolle Tochter«, setzte sie hinzu, als sie das mißbilligende Stirnrunzeln der älteren Dame gewahrte.
    »Wäre es indiskret, Sie um weitere Einzelheiten zu bitten?«
    fragte mit leisem Schauder die Jüngere.
    Jeanne schlug die Augen nieder und fuhr nach einem Seufzer fort:
    »Meine Mutter, wie ich bereits sagte, hat meinen Vater ruiniert, indem sie ihn veranlaßte, seinen Landbesitz zu verkaufen und mit der Familie nach Paris überzusiedeln, um hier seine Rechte geltend zu machen. Meine ältere Schwester wurde am Vorabend unserer Übersiedlung vor der Tür ihres Paten, eines Pachtbauern, ausgesetzt. Die Reise und die erste Zeit unseres Aufenthalts in Paris verschlangen unsere letzten Barmittel. Mein Vater erschöpf-te sich in demütigenden Bittgängen, die alle

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