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Das Harvard-Konzept

Das Harvard-Konzept

Titel: Das Harvard-Konzept Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Fisher
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sachbezogenes Verhandeln – wurde bereits dargelegt. In diesem Kapitel geht es um das Verhandlungs-Judo und um das Ein-Text-Verfahren. Das Kapitel schließt mit einem Dialog zwischen einem Mieter und einem Vermieter, der illustrieren soll, wie man eine Partei zum Mitspielen bringt, die das gar nicht will; und zwar mithilfe einer Kombination aus sachbezogenem Verhandeln und Verhandlungs-Judo.
    Verhandlungs-Judo
    Sobald die Gegenseite eine feste Position einnimmt, sind Sie natürlich versucht, diese Position zu kritisieren und zurückzuweisen. Wenn die anderen Ihren Vorschlag bemäkeln, sind Sie versucht, diesen zu verteidigen und sich auf Ihre Position zurückzuziehen. Wenn Sie angegriffen werden, schreiten Sie zur Gegenattacke. Kurz gesagt: Wenn die anderen kräftig zuschlagen, werden Sie zu einer ebenso kräftigen Antwort neigen.
    Aber wenn Sie so reagieren, werden Sie schließlich selbst beim Feilschen um Positionen enden. Weisen Sie die Position der anderen zurück, dann schließen Sie sie darin ein. Verteidigen Sie Ihren eigenen Vorschlag, fesseln Sie sich selbst. Und wenn Sie sich selbst verteidigen, gerät die Verhandlung alsbald auf das Nebengleis persönlicher Angriffe. Sie finden sich plötzlich in einem Teufelskreis von Angriff und Verteidigung und werden eine Menge Zeit und Energie auf nutzlose Kämpfe und Raufereien verschwenden.
    Wenn aber Zurückschlagen fruchtlos ist, was hilft dann? Wie kann |156| man die Spirale aus Aktion und Reaktion vermeiden? Ganz einfach:
Schlagen Sie eben nicht zurück.
Wenn die anderen ihre Position bekräftigen, lassen Sie sie, weisen Sie nichts zurück. Wenn Ihre eigenen Vorstellungen von der Gegenseite angegriffen werden, verteidigen Sie sich nicht. Und wenn Sie persönlich angegriffen werden, gehen Sie nicht zur Gegenattacke über. Durchbrechen Sie den Teufelskreis, indem Sie sich weigern, auf die Aktion mit einer Reaktion zu antworten. Schlagen Sie nicht zurück, sondern gehen Sie einen Schritt zur Seite und lenken Sie den Angriff auf das Problem. Vermeiden Sie, genauso wie beim Judokampf, Ihre Kräfte unmittelbar gegen die Kraft der anderen zu setzen. Nutzen Sie Ihre Wendigkeit, springen Sie zur Seite und lassen Sie den Stoß der anderen ins Leere laufen. Halten Sie nicht gegen die Gewalt der anderen, kanalisieren Sie sie lieber zur Erkundung der Interessen, indem Sie Optionen zu beiderseitigem Nutzen entwickeln und unabhängige Kriterien suchen.
    Wie sieht dieses »Verhandlungs-Judo« in der Praxis aus? Wie entgehen Sie dem Angriff und lenken ihn auf das Problem um?
    Üblicherweise wird der »Angriff« der Gegenseite aus drei Manövern bestehen: Sie wird ihre eigene Position mit aller Macht vorbringen, sie wird Ihre Vorstellungen angreifen, und sie wird die Auseinandersetzung auf der persönlichen Ebene, also gegen Sie gerichtet, führen. Sehen wir einmal, wie einer, der sachbezogen verhandelt, mit jedem dieser Manöver fertig werden kann.
    Greifen Sie nicht die Position der anderen an, werfen Sie lieber einen Blick dahinter
    Wenn die Gegenseite ihre Position vorbringt, sollten Sie das weder zurückweisen noch akzeptieren. Nehmen Sie es als eine der möglichen Optionen. Sehen Sie hinter die Position auf die darunter verborgenen Interessen, fahnden Sie nach den Prinzipien, die dadurch sichtbar werden, und überlegen Sie, wie man sich diese zunutze machen könnte.
    |157| Nehmen wir an, Sie vertreten eine Gewerkschaft, die für höhere Löhne und für das Alter als einziges Kriterium bei Entlassungen kämpft. Die Firmen haben eine Lohnerhöhung von 4 Prozent angeboten, wollen aber das Recht beibehalten, einseitig über die Entlassungen entscheiden zu können. Nun bohren Sie nach, welche Interessen hinter dieser Position stehen. »Aus welchen Gründen wollen Sie die Tarife nur um 4 Prozent heben?« »Aufgrund welcher Notwendigkeiten glauben Sie, alleine über Entlassungen entscheiden zu müssen?«
    Tun Sie so,
als wäre jede Position, die die Gegenseite vertritt, ein aufrichtiger Versuch, die Grundbedürfnisse beider Seiten in Betracht zu ziehen; und fragen Sie nach, wie die Gegenseite sich dies vorstellt. Behandeln Sie die Position der Gegenseite als eine mögliche Option und untersuchen Sie sie daraufhin, wie weit sie den Interessen beider Seiten gerecht wird. »Wenn Sie die Löhne generell nur um 4 Prozent anheben wollen, wie sollen wir da die Qualität unserer Arbeitskraft bewahren, wenn in allen anderen Branchen erheblich mehr zugelegt wird?« »Wie können Sie

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